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Ruinen der Macht

Ruinen der Macht

Titel: Ruinen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Vardeman
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den Fuß vom Gas. Die Nadel des Tachometers zählte die davonschmelzenden km/h wie die Schichten einer Zwiebel, und als er nahe genug war, die einzelnen Posten am Kasernentor zu erkennen, war er bei einer annehmbaren Geschwindigkeit angekommen. Austin bremste und hielt den Wagen auf Höhe der neben der Fahrbahn wartenden Soldatin an.
    »Guten Abend, Sir«, begrüßte ihn die Frau. Sie beugte sich herab und schaute in den Wagen. »Sie sind allein?«
    »Ich hatte Ausgang«, log er. Austin hatte für diese Scharade seine Uniform aus dem Schrank geholt, die Uniform, von der er nicht geglaubt hatte, sie jemals wieder tragen zu können. Obwohl er kein Recht mehr hatte, das schwarz-silberne Tuch zu tragen, überraschte es ihn, wie gut er sich darin fühlte.
    »Welche Einheit?«, fragte die Soldatin mit leichtem Stirnrunzeln.
    Er wollte antworten: unter Captain Leclerc. Doch er beherrschte sich noch rechtzeitig. Selbst wenn Manfred nicht in ernsten Schwierigkeiten gesteckt hätte, wäre das keine akzeptable Antwort gewesen. Die Ersten Kosaken-Lanciers wurden aufgelöst und die Soldaten zu kleineren Einheiten versetzt, die über den ganzen Kontinent Musasalah verstreut waren. Aus den Gesprächen, die er von den einzelnen 1KL-Wachen aufgeschnappt hatte, die noch im Palast Dienst taten, wusste er, dass ein Teil der Kosaken-Lanciers sogar auf die andere Seite der Welt nach Ventrale geschickt wurden, um dort als Garnisonstruppen auf abgelegenen Forschungsstationen zu die-nen. Unter derartigen Bedingungen würden die 1KL innerhalb von Monaten jeden inneren Zusammenhalt verlieren.
    Aber Austin war sich ziemlich sicher, dass Tortorelli es genau darauf anlegte: Er wollte die Garde des Gouverneurs zerschlagen und ihn verwundbar machen. Ganz gleich, welche Männer aus der Truppe des Legaten er abstellte, um Sergio Ortega zu bewachen, sie würden nicht über die unbedingte Loyalität zum Gouverneur verfügen, die Manfred Leclerc der 1KL antrainiert hatte, und es sich wohl zweimal überlegen, ob sie bereit waren, sich im Ernstfall zwischen ihn und die Kugel eines Attentäters zu werfen.
    »Abgestellt zum Stab des Legaten. Verbindungsarbeit mit dem Büro Gouverneur Ortegas.« Austin fummelte in der Brusttasche und zog seinen Ausweis heraus. Die Plastikkarte enthielt keinerlei militärische Daten, aber sie trug im unteren Teil das offizielle Siegel und die Unterschrift seines Vaters.
    Die Wachsoldatin nahm den Ausweis entgegen und musterte sie unter dem grellen Schein der Postenhauslichter mit zusammengekniffenen Augen. Dann zog sie das maschinenlesbare Dokument durch den Schlitz eines Lesegerät. Austin hielt den Atem an. Doch sie verzichtete offenbar darauf, seine komplette Akte aufzurufen.
    »Gute Fahrt, Lieutenant«, sagte sie, als sie ihm den Ausweis zurückgab. »Sie kennen den Weg zu Colonel Armitages Büro?«
    »Zum Kommandeursbüro? Natürlich kenne ich den. Aber vorher muss ich noch kurz in die Kaserne.«
    Sie trat zurück, salutierte und winkte ihn durch. Dann erst erkannte er, dass er gerade eine letzte kleine Prüfung bestanden hatte. Zum Glück war er früher schon häufiger zusammen mit Manfred, Dale und den anderen Offizieren der 1KL zu Trainingsseminaren hier gewesen. Austin zwang sich, das Gaspedal nicht durchzutreten. Er rollte langsam in das Labyrinth enger Straßen und hielt Ausschau nach der richtigen Kreuzung. Als er sie gefunden hatte, bog er ab und hielt an.
    Austin sprang aus dem Wagen, vergewisserte sich, dass an seiner
    Uniform nichts auszusetzen war und betrat die Kaserne durch den Haupteingang. Zwei in der Eingangshalle herumlungernde Soldaten blickten auf - als sie jedoch die Uniform und Abzeichen der 1KL erkannten, wandten sie sich hastig ab. Das sagte Austin einiges über den Status seiner alten Einheit. Von dieser deutlichen Abgrenzung beleidigt stieg er die Treppen hoch zu den für die Kosaken-Lanciers reservierten Zimmern. Beziehungsweise zu dem, was von ihnen noch übrig war.
    Die ersten drei, die er untersuchte, waren leer, im vierten aber fand er eine sprudelnde Quelle von Informationen.
    Master Sergeant Dmitri Borodin ähnelte einer Spinne im Zentrum ihres Netzes. Jede noch so winzige Vibration verwandelte sich durch ihn in ein blühendes Gerücht. Er war genau der Mann, den Austin gesucht hatte.
    »Master Sergeant, weitermachen«, begrüßte ihn Ortega. Borodin zuckte überrascht von dem Hardwarehandbuch auf, das er angestrengt studiert hatte.
    »Lieutenant. Ich wusste gar nicht, dass Sie hier sind.

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