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Ruinen der Macht

Ruinen der Macht

Titel: Ruinen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Vardeman
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steuern.«
    »Könnte sein, dass Sie, wenn Sie Durst haben, irgendwann nach Mitternacht ins Borzoi gehen.«
    »Irgendwann«, sagte Austin nachdenklich. »Ich bin die meiste Zeit ziemlich beschäftigt.«
    »Morgen Nacht könnte eine gute Zeit dafür sein«, bemerkte Borodin. »Für ein Gläschen vor dem Schlafengehen. Mehr nicht.«
    »Mehr nicht«, bestätigte Austin. »Es sei denn, ich treffe einen alten Bekannten, mit dem ich Erinnerungen austauschen kann.«
    »Das läge im Bereich des Möglichen«, murmelte Borodin unbehaglich. Er vergrub die Nase wieder in den Seiten des Handbuchs, dann kehrte er Austin den Rücken zu. Hätte er es in meterhohen roten Lettern auf die Zimmerwand geschrieben, der Sergeant hätte das Ende ihrer Unterhaltung nicht deutlicher machen können.
    Austin verließ jetzt den ungesprächigen Borodin und wanderte durch die anderen Räume, ohne weitere Mitglieder der 1KL zu finden. Dann kehrte er zu seinem Wagen zurück und fuhr wieder nach Cingulum. Diesmal fuhr er langsamer, um nachdenken zu können. Über ihm, am dunklen Himmel, zogen drei der vier Monde Mirachs ihre Bahn.
    Taverne Borzoi, Cingulum, Mirach Präfektur IV, Republik der Sphäre
    2. Mai 3133
    Das Borzoi war eine als russische Jagdhütte ausstaffierte Kneipe, komplett bestückt mit ausgestopften Tierköpfen an den Wänden und langen Eichentischen, deren Platten von Bierflecken bedeckt waren. Eine nähere Begutachtung ergab allerdings, dass die Flecken ebenso dauerhaft in eine Plastikoberfläche eingelassen waren wie das Eichenholzmuster, und die Trophäen an den Wänden waren genauso künstlich wie das russische Motiv der ganzen Dekoration. Ein Bär von einem Kerl - mit buschigem Vollbart - arbeitete hinter der langen Theke. Seine Augen waren ständig in Bewegung, wie Radarschüsseln auf der Suche nach Feinden. Er behielt die Hände unter dem Tresen, was Austin ein wenig beunruhigte. Er fragte sich unwillkürlich, was der Barmann in der Hand hielt.
    »Guten Abend«, sprach er den Mann an, der zur Erwiderung nur nickte. Die Hände hielt der Barmann weiter verborgen. »Stürmische Nacht, heute Nacht.«
    Ein Schockstab war eine Sache, aber eine großkalibrige Pistole eine ganz andere, falls der Hüne auf einen Kampf aus war. Vor jemandem, der ihn schocken wollte, konnte Austin davonlaufen, doch die Erfahrung lehrte ihn, dass bei einem mit einer Schusswaffe bewaffneten Gegner ausweichen sinnvoller war als weglaufen. Und hier in dieser künstlich auf gemütlich getrimmten Taverne hatte Austin ein ausgesprochen unbehagliches Gefühl. Er fühlte sich vielleicht nicht gerade von Feinden umzingelt, aber doch umringt von misstrauischen Fremden, die ihm in keinster Weise freundlich gesinnt waren.
    Allerdings war er möglicherweise auch einfach nur so übernervös, dass in seinen Augen jeder andere verdächtig schien. Er versuchte, ruhiger zu werden, aber es fiel ihm schwer.
    »Hab um diese Jahreszeit schon schlimmere Unwetter erlebt«, erklärte der Barmann. Austin entschied, dass er wenig Chancen auf eine angeregte Konversation hatte, verließ die Theke wieder und setzte sich am hinteren Ende des langen Schankraums an einen leeren Tisch. Barmann und Kellnerin ignorierten ihn.
    Das störte Austin nicht weiter. Er war nicht gekommen, um zu trinken. Er folgte nur Dmitri Borodins Hinweis. Er zog den Mantel aus und hängte ihn über die Stuhllehne.
    Dann lehnte er sich zurück. Seine Gedanken wanderten. Er lächelte, als er sich an die guten Zeiten mit Dale erinnerte, daran, wie er als Rekrut zum ersten Mal vor Manfred in Reih und Glied gestanden und vor lauter Hast vergessen hatte, die Hose zu schließen. Er erinnerte sich an das Entsetzen und die unglaubliche Erregung, die er in der Kanzel des BergbauMechs gefühlt hatte, während er auf dem Testgelände gegen den AgroMech kämpfte. Warum ihm ausgerechnet diese Erinnerungsfragmente in den Sinn kamen, konnte er sich nicht recht erklären. Extreme Angst und ebenso extreme Befriedigung.
    Er hätte in der Mechfabrik ums Leben kommen können. Aber er hatte getan, wofür er jahrelang trainiert hatte. Und er hatte dabei in einem Mech gesessen, auch wenn dieser nicht für den Kampfeinsatz umgerüstet war. Austin hatte sich auf eine ganz besondere Art und Weise komplett gefühlt, an den Steuerknüppeln eines echten Mechs.
    Als sich der Spaziergang durch seine Erinnerungen derart seltsam verzweigte, wurde er unruhig. Austin zwang sich, nicht auf die Uhr zu sehen, aber er war sicher, dass er sich jetzt

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