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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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dir?«
    »Ganz nett«, sagte ich. »Wir sind eine Meile weit rausgeschwommen und dann zurückgesprintet.«
    Er schaute mich seltsam an, drehte sich um und ging zur Dunkelkammer.
    Den Rest des Tages war ich damit beschäftigt, Texte umzuschreiben. Als ich gehen wollte, rief mich Tyrell zu sich und meinte, er hätte morgen früh einen Termin für mich am Flughafen. Der Bürgermeister von Miami würde mit der Maschine um sieben Uhr dreißig ankommen, und ich sollte ihn abfangen und ein Interview mit ihm machen. Ich beschloß, mir Salas Wagen auszuleihen, anstatt mir ein Taxi zu nehmen.
    Am Flughafen sah ich die üblichen kleinen Männer mit den scharf geschnittenen Gesichtern; sie saßen am Fenster und warteten auf die Maschine aus Miami.
    Ich kaufte mir für vierzig Cents die TIMES und las etwas über einen Schneesturm in New York: »Merritt-Allee gesperrt … BMT stundenlang lahmgelegt … Schneepflüge auf den Straßen … Mann des Tages ein Schneepflug-Fahrer aus Staten Island … Bürgermeister Wagner empört sich … Zehntausende zu spät zur Arbeit …«
    Ich schaute nach draußen in den grün leuchtenden karibischen Morgen, der Sonne und faules Herumliegen versprach, und legte die TIMES beiseite.
    Die Maschine aus Miami war soeben gelandet – aber ohne den Bürgermeister. Nach einigem Herumfragen fand ich heraus, daß sein Besuch »aus gesundheitlichen Gründen« abgesagt worden war.
    Von einer Telefonzelle aus rief ich in der Redaktion an. Moberg war am Apparat. »Kein Bürgermeister«, sagte ich.
    »Was?« fuhr mich Moberg an.
    »Ist angeblich krank. Da gibt’s nicht viel zu berichten. Was soll ich tun?« fragte ich.
    »Komm lieber nicht in die Redaktion«, sagte er. »Hier ist immer noch der Teufel los – gestern Nacht haben sie zwei von unseren Streikbrechern den Arm gebrochen.« Er lachte. »Die werden uns alle umbringen. Warte bis zur Mittagspause – bis dahin hat sich alles beruhigt.«
    Ich ging zurück in den Coffee Shop, um zu frühstükken: Speck, Eier, Ananas und vier Tassen Kaffee. Ohne daß es mich groß gekümmert hätte, ob der Bürgermeister nun lebte oder nicht, schlenderte ich gestärkt und gut gelaunt zum Parkplatz. Ich werde Yeamon besuchen, dachte ich. Er hatte mir eine Wegbeschreibung zu seinem Strandhaus gegeben; allerdings hatte ich nicht mit den Sandpisten gerechnet, die aussahen, als wären sie im tiefsten philippinischen Dschungel herausgehackt worden.
    Ich fuhr die ganze Strecke im ersten oder zweiten Gang, links das Meer, rechts eine riesige Sumpflandschaft  – und über viele Meilen hinweg Kokospalmen, gottverlassene Holzhütten voll schweigender, starrender Eingeborener, Ausweichmanöver wegen Hühnern und Kühen, die im Weg standen, Landkrebse, über die ich
rollte, tiefe brackige Pfützen, durch die ich kroch, Furchen und Schlaglöcher, in die ich krachte. Zum ersten Mal seit meiner Abreise aus New York hatte ich das Gefühl, wirklich in der Karibik angekommen zu sein.
    Die schräg einfallende Vormittagssonne tauchte die Palmen in grünlich-goldenes Licht. Die weißen Dünen blendeten mich, und ich mußte mir blinzelnd meinen Weg durch den Acker bahnen. Aus den Sümpfen stieg grauer Nebel, und vor den Hütten standen Negerinnen, die Wäsche an einem Bretterzaun aufhängten. Plötzlich sah ich einen roten Biertransporter, der einen Bretterverschlag namens El Colmado de Jesús Lopo belieferte – einen winzigen Laden mit Strohdach, in einer Lichtung neben der Straße. Und endlich, nach einer dreiviertelstündigen, höllisch wilden Fahrt, kam ich in Sichtweite einer Ansammlung von Betonbunkern, die das Ende des Strandes markierten. Laut Yeamon mußte ich hier richtig sein. Ich bog ab und fuhr ungefähr zwanzig Meter an Palmen entlang, bis ich neben dem Haus zum Stehen kam.
    Ich blieb im Wagen sitzen und wartete, bis er auftauchen würde. Er mußte da sein, der Scooter parkte im Hof vor dem Haus. Als nach einigen Minuten immer noch nichts passierte, stieg ich aus und schaute mich um. Die Tür war offen, aber im Haus – niemand. Und eigentlich war es auch gar kein Haus, mehr eine Zelle. An der Wand stand ein Bett, über das ein Moskitonetz gebreitet war. Der ganze Wohnraum bestand aus einem vielleicht zwölf Quadratmeter großen Zimmer mit winzigen Fenstern. Und der Boden, nackter Beton. Es war dunkel und feucht hier, und bei geschlossener Tür wollte ich mir das hier gar nicht erst vorstellen.
    Ein kurzer Blick reichte, um das alles zu sehen; und da wurde mir

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