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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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früher Generalstaatsanwalt gewesen. So gewann das Blatt eine Menge wichtiger Verbündeter, als Nick Herausgeber der DAILY NEWS wurde.
    Diese Art von Verschlagenheit hatte ich Lotterman gar nicht zugetraut. Doch nach einiger Zeit wurde mir klar, daß er Segarra nur als Vorzeige-Figur benutzte, als aalglatte, gut geölte Galionsfigur, die die Leserschaft davon überzeugen sollte, daß die NEWS kein Sprachrohr der Yanquis war, sondern eine nationale Institution wie Rum und Sugarballs.
    Nach unserem ersten Gespräch wechselten Segarra und ich im Durchschnitt vielleicht dreißig Worte die Woche. Manchmal hinterließ er mir eine Nachricht auf meiner Schreibmaschine, aber er legte Wert darauf, so wenig wie möglich zu reden. Am Anfang paßte mir das ganz gut. Doch Sanderson gab mir auch zu verstehen, daß ich im gesellschaftlichen Abseits stand, solange Segarra mich ignorierte.
    Vorläufig hatte ich ohnehin keine gesellschaftlichen Ambitionen. Ich besaß nur die Lizenz zum Herumwandern. Als festangestellter Redakteur hatte ich zu allem, was ich brauchte, Zugang – zu den besten Empfängen, zur Villa des Gouverneurs und zu geheimen Buchten, wo Debütantinnen in der Nacht nackt badeten.
    Nach einiger Zeit aber machte mir Segarra dann doch zu schaffen. Ich wurde das Gefühl nicht los, von allen möglichen Dingen ausgeschlossen zu werden, und dahinter konnte nur er stecken. Wenn ich zu irgendwelchen Parties nicht eingeladen wurde – ganz gleich, ob sie mich interessierten oder nicht –, oder wenn ich einen Regierungsbeamten anrief und von dessen Sekretärin abgewimmelt wurde, dann fühlte ich mich wie ein Aussätziger.
Wäre ich selbst daran Schuld gewesen, hätte mich das nicht weiter gestört. Doch daß Segarra eine derartige Macht über mich ausübte und mich drückte, wo er nur ging, ärgerte mich immer mehr.
    Erst wollte ich das Ganze mit einem Lachen abtun. Ich wollte ihm das Leben so schwer wie möglich machen und ihn reizen und seine fiesesten Seiten aus ihm herauskitzeln. Aber dann ließ ich es sein, weil ich es gerade nicht riskieren wollte, notfalls packen und weiterziehen zu müssen. Außerdem war ich schon ein bißchen zu alt, um mir mächtige Leute zum Feind zu machen, ohne selbst irgendwas in der Hand zu haben. Ich hatte einiges von meinem Eifer verloren, der mich früher immer geleitet hatte – als ich einfach das machte, was ich eben tun wollte, und der sicheren Überzeugung war, mich den Konsequenzen jederzeit entziehen zu können. Jetzt war ich es leid abzuhauen, und ich war es leid, nichts in der Hand zu haben. Eines Abends, als ich alleine bei Al im Hof saß, dämmerte mir, daß sich ein Mann nicht immer nur mit Mumm und guten Tricks durchs Leben schlagen kann. Ich hatte das seit zehn Jahren so praktiziert, und mein Gefühl sagte mir, daß meine Reserven langsam aufgebraucht waren.
    Segarra und Sanderson waren gut befreundet, und das war seltsam: obwohl Segarra mich für einen Rüpel hielt, strengte sich Sanderson um so mehr an, mir gegenüber korrekt zu sein. Einige Wochen, nachdem wir uns getroffen hatten, mußte ich wegen einer Recherche bei Adelante anrufen, und ich war sicher, daß ich mit Sanderson genauso gut sprechen konnte wie mit jedem anderen.
    Er begrüßte mich wie einen alten Kumpel, und nachdem er mir alle nötigen Informationen gegeben hatte, lud er mich in sein Haus zum Dinner ein. Ich war so überrascht, daß ich die Einladung ohne zu überlegen annahm.
Sein Stimme hatte so geklungen, als ob es das Normalste von der Welt sei, bei ihm zu essen, und ich hatte bereits aufgelegt, ehe mir klar wurde, daß das kein bißchen normal war.
    Nach der Arbeit nahm ich ein Taxi und fuhr zu ihm. Als ich ankam, saß Sanderson mit einem Mann und einer Frau auf der Veranda, die beide gerade aus New York angekommen waren. Sie waren auf dem Weg nach Santa Lucia, wo ihre Yacht jetzt lag, die eine Crew aus Lissabon geholt hatte. Ein gemeinsamer Freund hatte ihnen beim Zwischenstopp in San Juan vorgeschlagen, bei Sanderson vorbeizuschauen, und damit hatten sie ihn sehr überrascht.
    »Ich lasse uns gerade Hummer besorgen«, sagte er. »Bis dahin bleibt uns nichts anderes übrig, als zu trinken.«
    Es wurde alles in allem ein ziemlich guter Abend. Das Paar aus New York erinnerte mich an längst verloren geglaubte Dinge. Wir plauderten über Yachten, und damit kannte ich mich wegen diverser Aushilfsjobs in Europa ganz gut aus; sie dagegen kannten sich aus, weil in ihren Kreisen jeder eine zu besitzen

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