Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)
mich verletzten, und auf einmal war ich mir sicher, daß ich gleich sterben würde. Ich war noch bei vollem Bewußtsein, und die Erkenntnis, daß ich gerade in einem puertoricanischen Dschungel wegen elf Dollar fünfzig zu Tode getrampelt wurde, erfüllte mich mit so viel Schrecken, daß ich zu schreien begann wie ein Tier. Als ich schließlich dachte, ich würde in Ohnmacht fallen, spürte ich, daß ich in einen Wagen geschoben wurde.
8
WÄHREND DER FAHRT war ich halb bewußtlos, und als der Wagen schließlich anhielt, schaute ich heraus und sah eine wütende Menschenmenge auf dem Bürgersteig toben. Ich wußte, daß ich keine weiteren Schläge mehr aushalten würde. Als sie versuchten, mich herauszuzerren, krallte ich mich verzweifelt an der Rückenlehne des Sitzes fest, bis mir einer der Cops mit seinem Knüppel auf den Arm schlug.
Zu meiner Überraschung machte die Menge keine Anstalten, uns anzugreifen. Wir wurden Stufen hinaufgeschoben, vorbei an einer Gruppe mürrischer Cops, die an der Tür standen, und dann in einen kleinen fensterlosen Raum geführt, wo wir uns auf eine Bank setzen sollten. Dann ließen sie uns allein und die Tür schloß sich.
»Oh mein Gott«, sagte Yeamon. »Unglaublich. Wir müssen irgend jemanden anrufen.«
»Wir sind auf dem Weg nach La Princesa«, stöhnte Sala. »Jetzt haben uns die Dreckskerle – das ist das Ende.«
»Wir haben ein Recht zu telefonieren«, sagte ich. »Ich werde Lotterman anrufen.«
Yeamon schnaubte. »Der wird für mich keinen Finger krümmen. Zum Teufel, der will mich hinter Gittern sehen.«
»Er hat keine Wahl«, entgegnete ich. »Er kann es sich nicht leisten, Sala und mich im Stich zu lassen.«
Yeamon war verunsichert. »Jedenfalls … sonst fällt mir niemand ein, den wir anrufen könnten.«
Sala stöhnte wieder und rieb sich den Kopf. »Meine Fresse, wir können froh sein, wenn wir hier lebend rauskommen.«
»Es hätte schlimmer sein können«, sagte Yeamon und befühlte vorsichtig seine Zähne. »Als es losging, dachte ich, wir wären geliefert.«
Sala schüttelte den Kopf. »Wie brutal diese Leute sind«, murmelte er. »Ich bin diesem einen Bullen da ausgewichen, und dann schlug mich jemand von hinten mit einer Kokosnuß – hätte mir fast das Genick gebrochen.«
Die Tür ging auf und der Oberbulle kam freundlich lächelnd herein, als wäre nichts passiert. »Alles klar?« sagte er und musterte uns neugierig.
»Wir würden gern telefonieren«, sagte Yeamon.
Der Cop schüttelte den Kopf. »Die Namen«, sagte er und zog ein kleines Notizbuch hervor.
»Wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte Yeamon. »Ich glaube, wir haben das Recht zu telefonieren.«
Der Cop machte eine drohende Geste mit seiner Faust. »Ich sagte NEIN!« brüllte er. »Die Namen!«
Wir nannten unsere Namen.
»Wo sind Sie abgestiegen?« fragte er.
»Verdammt, wir leben hier!« zischte Sala. »Ich arbeite für die DAILY NEWS und lebe seit über einem Jahr auf diesem stinkenden Felsen!« Er zitterte vor Wut, und der Cop sah erschrocken aus. »Meine Anschrift lautet 409, Calle Tetuán«, fuhr Sala fort, »und ich will sofort einen Anwalt.«
Der Cop überlegte. »Sie arbeiten für die DAILY NEWS?«
»Da haben Sie verdammt noch mal Recht«, antwortete Sala.
Der Bulle blickte auf uns herab und lächelte diabolisch. »Harte Männer«, sagte er. »Ihr Yankee-Journalisten seid wirklich harte Männer«.
Daraufhin sagte niemand etwas. Dann bat Yeamon noch einmal, telefonieren zu dürfen. »Sehen Sie«, sagte er. »Keiner hier legt es darauf an, den harten Mann zu markieren. Sie haben uns nur gerade die Seele aus dem Leib geprügelt, und jetzt wollen wir einen Anwalt – ist das zu viel verlangt?«
Der Cop lächelte wieder. »Okay, ihr harten Männer.«
»Was zum Teufel soll dieses Harte-Männer-Getue?« rief Sala. »Wo ist jetzt das Telefon?«
Er befand sich noch in der Hocke, knapp über der Bank, und war gerade im Begriff aufzustehen, als der Cop auf ihn zuging und ihm einen heftigen Nackenschlag versetzte. Sala ging in die Knie, und der Cop trat ihm in die Rippen. Als hätten sie nur auf ein Zeichen gewartet, stürmten drei weitere Cops in die Zelle. Zwei von ihnen packten Yeamon und drehten ihm die Arme auf den Rükken, der andere stand mit seinem Stock direkt über mir und stieß mich von der Bank. Es war klar, daß er mich schlagen wollte, und ich verharrte bewegungslos, um ihm keinen Vorwand zu liefern. Nach einem endlos langen Moment brüllte der Oberbulle:
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