Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)
hämmerte mit Bierdosen auf leere Scotch-Kisten. Es war der gleiche Gesang, den ich schon am Flughafen gehört hatte: »Busha boomba, balla wa! Busha boomba, balla wa!« Überall auf der Straße tanzten die Leute fieberhaft, zuckten und kreischten im Rhythmus des Gesangs.
Von dem Spirituosenladen war nur noch das Gerippe
übrig, ein nackter Raum mit eingeschlagenen Scheiben an der Frontseite. Die Leute rannten immer noch rein und raus, schnappten sich herrenlose Flaschen und tranken sie so schnell wie möglich leer, ehe ein anderer sie ihnen aus der Hand reißen konnte. Leere Flaschen wurden gleichgültig auf die Straße geworfen, die mit Tausenden von Bierdosen übersät war und sich in ein Meer aus zerbrochenem Glas verwandelt hatte.
Wir blieben im Hintergrund. Ich hätte mir gern was von den gestohlenen Sachen geschnappt, aber ich hatte Angst vor der Polizei. Yeamon dagegen spazierte in den Laden und kam kurz darauf mit einer Magnum-Flasche Champagner wieder heraus. Er lächelte verlegen und verstaute sie schweigend in seiner Tasche. Schließlich wurde meine Gier nach Alkohol größer als die Angst vor dem Knast, und ich lief zum Rinnstein vor dem Laden, wo eine Kiste Scotch lag. Doch sie war leer, und ich sah mich nach einer anderen um. Im Wald tanzender Beine erspähte ich einige heil gebliebene Flaschen Whiskey. Ich rannte auf sie zu und stieß alle zur Seite, die mir im Weg standen. Der Lärm war ohrenbetäubend, und ich rechnete damit, daß jeden Moment eine Flasche auf meinem Kopf zerschmettert werden würde. Es gelang mir, drei Flaschen Old Crow zu erwischen; alles, was von einer Kiste übrig geblieben war. Die restlichen Flaschen waren zerbrochen, warmer Whiskey rann über die Straße. Ich hielt meine Beute gut fest und stürzte mich in die Menge, um zurück zu der Stelle zu kommen, wo ich Yeamon und Chenault zurückgelassen hatte.
Wir flüchteten uns in eine Seitenstraße, an einem blauen Jeep vorbei, auf dem »Poleece« stand und in dem ein dösender Gendarm mit Tropenhelm saß und sich träge zwischen den Beinen kratzte.
Wir hielten an dem Lokal, in dem wir am Abend zuvor gegessen hatten. Ich packte den Whiskey in meine Tasche und bestellte drei Drinks, während wir überlegten, was wir als nächstes tun würden. Im offiziellen Programmheft hieß es, daß im Baseballstadion in ein paar Stunden irgendein Festzug stattfand. Das klang harmlos, aber andererseits stand für die Stunde, in der der Mob den Spirituosenladen geplündert hatte, gar nichts im offiziellen Programm. Für diese Zeit war eine »Erholungspause« vorgesehen. Es gab noch eine weitere »Erholungspause« zwischen den Festivitäten im Baseballstadion und dem »Ganz-Oder-Gar-Nicht-Umzug«, der offiziell für Punkt acht Uhr angesetzt war.
Das verhieß nichts Gutes. Bei allen anderen Märschen waren feste Anfangs- und Schlußzeiten aufgelistet. Der »Vögel-und-Bienen-Umzug« am Donnerstag begann um acht und endete um zehn. Der »Leicht-Entflammbar-Umzug«, in den wir anscheinend gestern Nacht geraten waren, dauerte von acht bis Mitternacht. Über den »Ganz-Oder-Gar-Nicht-Umzug« aber hieß es im Programm nur, daß er um acht beginnen würde, und dahinter stand klein und in Klammern: »Höhepunkt des Karnevals«.
»Diese Sache da heute Nacht könnte ein bißchen außer Kontrolle geraten«, sagte ich und warf das Programmheft auf den Tisch. »Zumindest hoffe ich das.«
Chenault lachte und zwinkerte mir zu. »Wir müssen Fritz ein wenig betrunken machen, damit er auch ein bißchen Spaß hat.«
»Red keinen Scheiß«, murmelte Yeamon, in das Programmheft vertieft. »Wenn du dich heute Nacht schon wieder betrinkst, kann mir dein Arsch in Zukunft gestohlen bleiben.«
Sie lachte wieder. »Versuch mir ja nicht einzureden, daß ich betrunken war – ich weiß ganz genau, wer mich geschlagen hat.«
Er zuckte die Schultern. »Das kann nicht schaden – dann kriegst du wenigstens einen klaren Kopf.«
»Hat keinen Sinn, darüber zu streiten«, sagte ich. »Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als uns zu betrinken – schaut euch nur all den Whiskey an.« Ich tätschelte meine Tasche.
»Und hier«, sagte Chenault und deutete auf die Magnum-Flasche Champagner, die unter Yeamons Stuhl stand.
»Himmel, hilf uns«, murmelte Yeamon.
Wir tranken aus und spazierten zum Grand Hotel. Vom Balkon aus sahen wir Leute zum Baseballstadion ziehen.
Yeamon wollte zum Yacht Haven und ein Schiff finden, das bald Richtung Südamerika ablegen würde. Ich
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