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Rumgurken: Reisen ohne Plan, aber mit Ziel (German Edition)

Rumgurken: Reisen ohne Plan, aber mit Ziel (German Edition)

Titel: Rumgurken: Reisen ohne Plan, aber mit Ziel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tex Rubinowitz
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Holocaust» und «Das Stendhal-Syndrom»? So etwas sehen lebende Talgdrüsen, Nerds, Stubenhocker weltweit – und Quentin Tarantino, aber in Italien kennt das niemand, dort meinen sie, «Für eine Handvoll Dollar» sei ein amerikanischer Film («Wenn der italienisch sein soll, warum heißt er denn nicht ‹Für einen Lastwagen voll Lire›?»).
    Eine Studie, bei der untersucht wurde, wie groß bei ausziehenden Söhnen der durchschnittliche Abstand des neuen Wohnorts vom Elternhaus ist, hat ergeben, dass der junge Mann sich im internationalen Schnitt 27 km entfernt. In Italien kommt man auf 120 Meter.
    Da liegt die Crux: Die Mütter klammern sich an ihre Kinder, weil sie sich aus Eitelkeit und Wehleidigkeit mit der Tatsache der Vergänglichkeit nicht abfinden wollen. Sie mästen sie mit Unselbständigkeit, und wie soll da aus so einer Nation eine kosmopolitische, entspannte werden, eine, die über ihre Grenzen zu blicken imstande ist, eine, die keine Angst hat vor dem, was da draußen, und vor dem, was in ihnen (noch) drinnen ist. Italien ist eine kleine Nation, ein kleines Land, das seine Angst einfach wegisst. Die Fettucinelösung, solange es Nudeln gibt, kann uns nichts passieren, und dann gehen sie durch ihre vergammelten Städte, und alle sind sie gleich gekleidet, sie bewegen sich gleich, das heißt, sie rollen den Fuß ab, weil sie glauben, das sei elegant, sie sind ganz bei sich, jeder Muskel bekommt die Aufmerksamkeit, die er verdient, sie latschen und trampeln nicht, ihre Schuhe sind aus weichen Materialien, sie schmeicheln dem Fuß, die Kleider loben den Körper, der sie trägt, glauben die Träger zumindest, in Wirklichkeit sieht alles nur peinlich aus. Alle Italiener tragen das Gleiche, natürlich weil sie Angst haben, aufzufallen. Im Elfersommer trugen alle Pseudoirokesen, also angedeutete Modepunkfrisuren, alle führten ein kleines lächerliches Täschchen spazieren, eine Art Zwergen-DJ-Tasche, und ein paar hatten immer noch die Kragen ihrer Fred-Perry-Polos aufgestellt. Auf die Bewohner keiner Nation passt das Pauschalurteil: Kennst du einen, kennst du alle besser als hier. Trotzdem fahre ich immer gerne nach Italien. Wenn man von vorneherein weiß, wie lachhaft sie sind, kann es ja nicht schlimmer werden, und sie sind ja nur lachhaft wie schlechte Gaukler, die nicht richtig jonglieren können, sondern die Keulen ratlos in den Händen halten, verrutscht grinsend, sie sind der «Pulce d’acqua» (Wasserfloh) aus dem gleichnamigen Lied Angelo Branduardis, na gut, das ist ja auch nicht nichts, aber auch nicht mehr. Für Individualismus, Heroismus, Boshaftigkeit und Dummheit sind sie viel zu gehemmt und ungeschickt, also wenn man gerne lacht, ist Italien schon mal ein gutes Reiseland, und eine Nation, die in Gestalt ihres Nobelpreisträgers Eugenio Montale dem Wiedehopf huldigt («Upupa, ilare uccello calunniato» – Wiedehopf, geschmähter Vogel, heiterer Kobold, du … der du allen den Kopf verdrehst, ein Flugzeug überm Hühnerstall seine Runden dreht …), kann so schlimm ja nicht sein, auch wenn zu befürchten steht, dass sie in diesem Vogel etwas anderes sehen als wir, nämlich einen Fall für die Bratpfanne.
    Man kann sich, wenn man Italien nun gar nicht kennt, weil man vielleicht befürchtet, dass einen die wiedehopfeske Clownhaftigkeit der Bevölkerung depressiv macht, dem Land auch von den Rändern her nähern, Tessin oder Südtirol vielleicht. Ich versuche es diesmal von Sardinien, einem Gebilde wie eine ausgelatschte Sandalette oder wie der Abdruck dieser, die Griechen nannten es Sandalyon, daher der Name. Andere Griechen, die ulkigen Euböier, nannten das Sandalenland eine Zeitlang Ichnôussa (Ιχνουσσα), das kommt vom griechischen ichnos (menschlicher Fußabdruck), auch wenn man bei unvoreingenommener Betrachtung im Inselumriss beim besten Willen weder Sandale noch Fuß erkennen kann, es könnte genauso gut ein Kastenbrot sein oder Ghana. Das Einzige, was vom Fußbild übrig geblieben ist, ist ihr aus Maisschrot gebrautes Bier, es heißt Ichnusa, das Fußbier also, das man natürlich nicht trinken kann, Bier und Italien, das geht ja bekanntermaßen nicht (bei uns ist laut Max Goldt Wein das, was man trinkt, wenn das Bier alle ist, in Italien ist es andersrum), aber egal, man trinkt es trotzdem, und zwar einzig und allein wegen des wunderschönen schwarz-rot-weißen Etiketts und des schneidigen Schriftzugs mit dem roten I-Punkt und dem I-Schwung. Wie heißt der Reflex, wenn man

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