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Rumgurken: Reisen ohne Plan, aber mit Ziel (German Edition)

Rumgurken: Reisen ohne Plan, aber mit Ziel (German Edition)

Titel: Rumgurken: Reisen ohne Plan, aber mit Ziel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tex Rubinowitz
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breitestem Sächsisch schreit: «Nuguggemol, do gäht Peaches.» Er meint eine ameisenkleine Frau, die lustige kanadische Sängerin, die eben an mir vorbeiläuft, da können die Jugendlichen aber was erzählen heute Abend in ihren Hostels.
    Ich fahre ins NBI, die «Neue Berliner Initiative» in Prenzlauer Berg, dort findet in äußerst unregelmäßigen Abständen die Bunnyshow statt, eine Art Flüsterveranstaltung meiner Freundin Ulrike Sterblich alias Supatopcheckerbunny, nicht weil dort geflüstert wird, sondern weil man von den Shows nur über okkulte Kanäle erfährt. Heutiges Motto ist «Schlaf». Die Show dauert sechs Stunden, in ihrem Verlauf schläft die Sachbuchautorin Kathrin Passig tatsächlich auf offener Bühne ein, das Hilfscheckerbunny macht sich wie üblich so seine Gedanken, die beiden Go-go-Boys der Bunnyshow sind natürlich auch da, Porno Iglesias und Kirk Erbs, sie zeigen ein paar Dias von Schlafenden, hinterhältig eigentlich, aber der Saal johlt, vielleicht auch, weil beide Boys in knappen, flaschengrünen Frottéstramplern gekommen sind. Der aus Lüdenscheid stammende Barde Jens Friebe («Ein Name wie eine Autowerkstatt» – Joachim Lottmann) singt einen Song mit Klapphornversen, in der Tradition von Schobert & Black, und dann ist da noch Fil.
    Fil, eigentlich Philip Tägert, er zeichnet seit 23 Jahren für die scheußliche Programmzeitung Zitty einen ganzseitigen Bilderbogen über die beiden Subproletarier Dieter Kolenda und Andreas Stullkowski , genannt Didi und Stulle, aus dem Märkischen Viertel, und das ist der einzige Grund, diese Zeitung zu kaufen. Fils zweite Stärke ist seine Bühnenperformance. Ich wage mal zu behaupten, wer in Berlin war und Fil nicht gesehen hat, war nicht in Berlin. In der Bunnyshow probiert er neues Material aus, um es später auf größeren Bühnen wochenlang zu spielen, heute erzählt er, von einer umgehängten Holzgitarre unterstützt – er ist eine perfekte Schnittmenge aus Jonathan Richman und Helge Schneider –, über seine Jugend in Berlin Anfang der achtziger Jahre, als er mit Blixa Bargeld und Farin Unruh eine Heroin genommen und sie mit Industrialonade runtergespült habe, während im Osten die Mauer aufging, im Nachtbus sei er regelmäßig eingeschlafen und in der Invalidensiedlung aufgewacht, er hätte sich gewundert, warum die Invaliden im Wald wohnen müssen, und dann hebt er zu einer wüsten Suada an über das arme Ampelmännchen, «du faschistischer Clown, du rechte Sau mit Hut, du Gender-Ausblender», er beschwert sich, den löchrigen Strohhut lüpfend und auf seine Glatze deutend, über Gott, den alten Scherzkeks, aber so ein Ereignis nacherzählen zu wollen muss naturgemäß immer scheitern, in der Erinnerung ist so etwas am besten aufgehoben.
    Nach der Bunnyshow sind alle glücklich, weise und erschöpft. Das sei «wie umgedrehte Psychiatrie», meint Iglesias, der eigentlich Kopernikus Reiher heißt, ich komme nicht dazu, zu fragen, was er meint, weil ein etwa siebzigjähriger DJ gerade Billy Oceans Motownstampfer «Love really hurts without you» spielt, die Gäste stürmen den Tanzboden, in dessen Mitte wirbelt wie ein Kragenbär der sympathische Schriftsteller Tilman Rammstedt («Der Kaiser von China»), dem 2008 in Klagenfurt erstmalig der Hattrick gelang, beim Bachmannkampf gleich drei Preise einzuheimsen. Um fünf ist die Sause aus, der Saaldiener macht das Licht an, alle müssen raus, an die feindliche frische Luft, draußen spielt sich eine unschöne Szene ab, als einer der euphorischen Gäste einen kleinen, offenbar türkischstämmigen jungen Passanten, der ein übergroßes T-Shirt mit der Ziffer 81 trägt, fragt, ob das für «Heil Adolf» stünde, was den Angesprochenen konsterniert, er ist den Tränen nahe: «Alter, isch hab jeden Respekt vor dir verloren», und mit so einem Ende muss man dann ins Bett. Auch dit is Berlin, nur scheinbar eine friedliche Koexistenz der verschiedenen Kulturen.
    Ich schlafe im Bauch der Barbara II, einer Motoryacht aus dem Jahr 1927, weiß genieteter Stahlrumpf, Deck aus Lärchenholz mit Mahagoni-Aufbauten, eines der schönsten Schiffe im Historischen Hafen auf der Fischerinsel, es gehört dem Freizeitkapitän Honzbert Hiller, Geschäftsführer des Wirtschaftsverbands Wassersport, der eine Frisur hat wie Stan Laurel. Eine Nacht auf der Barbara ersetzt eine Woche im Hotel Adlon, sag ich mal. Auf der anderen Seite, auf der Mühlendammschleuse stehen etwas voneinander entfernt zwei Reiher. Bei Einbruch

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