Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Run! - Es geht um dein Leben: Thriller (German Edition)

Run! - Es geht um dein Leben: Thriller (German Edition)

Titel: Run! - Es geht um dein Leben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Abbott
Vom Netzwerk:
desinfizierte sowohl die Wunde als auch die Zange. Als Pilgrim wieder auf dem Bett lag, legte Ben ein paar Handtücher unter seine Schulter und schob vorsichtig die schmale Zange in die Wunde.
    »Ich habe keine Ahnung von dem, was ich hier tue, es wird also verdammt wehtun«, sagte er.
    Pilgrim schrie kein einziges Mal. Irgendwann berührte die Zange den Rand eines Metallteils, und Ben zog langsam die Kugel heraus, während er und Pilgrim den Atem anhielten. Er ließ die Kugel auf den Nachttisch fallen und schluckte die Galle hinunter, die ihm in den Hals gestiegen war.
    »Okay«, murmelte Pilgrim. »Spülen. Kräftig. Und lange.«
    Ben half ihm wieder in die Badewanne und ließ mehrere Flaschen Wasser über die Wunde laufen. Dann goss er die Salzlösung in das Loch und spülte mit Peroxid. Pilgrim knirschte vor Schmerzen mit den Zähnen. Ben schmierte eine großzügige Portion Antibiotikasalbe auf einen Gazestreifen, legte ihn auf die Wunde und wickelte die selbstklebende, elastische Bandage, die knallblau war, fest um die Schulter.
    Dann schraubte er eine der beiden Weinflaschen auf, die er gekauft hatte, damit Pilgrim seine Schmerzen betäuben konnte, und Pilgrim kippte den billigen Chianti hinunter. Anschließend reinigte, desinfizierte und verband Ben den Durchschuss am Unterarm.
    Pilgrim stieß einen tiefen Seufzer aus. »Sie sind fertig, Doktor. Vielen Dank.«
    Ben ging zum Waschbecken. Nicht nur auf seinen Händen war Blut, auch auf den Strandhandtüchern, die er gekauft, und auf der Hose, die er angezogen hatte, nachdem er nach Hause gekommen war – damals, als sein Leben noch normal gewesen war. Seine Hände blieben ruhig. Er hielt sie unter das Wasser.
    »Ich werde jetzt noch etwas mehr von diesem hervorragenden Jahrgang in mich hineinschütten.« Pilgrim warf einen Blick auf das Etikett. »Ben, haben Sie auch was getrunken?«
    »Ich trinke nie, bevor ich operiere.« Ben fiel auf, dass Pilgrim bereits ein Drittel der Flasche getrunken hatte. Pilgrim machte die Augen zu und atmete durch den Schmerz.
    Als Ben Pilgrims zerrissene, blutverschmierte Kleidung einsammelte, spürte er etwas in den Taschen. In der vorderen Tasche seiner Hose steckte ein kleines schwarzes Notizbuch, das auf den Boden fiel, als Ben die Hose auf einen Stuhl legte.
    Er nahm das Notizbuch vom Boden und schlug es auf. Die Seiten des Notizbuches waren unliniert, und die Hälfte von ihnen war mit Zeichnungen in Tinte und Bleistift gefüllt.
    Auf die elfenbeinfarbenen Seiten waren verschiedene Motive gebannt worden: Ein Baby, das in den starken Armen seines Vaters liegt; ein kleines Mädchen, das in einem Rosengarten tanzt, während seine Händchen nach einem fliehenden Schmetterling greifen; ein Mädchen im Teenageralter, das im Schatten von Pinienbäumen mit einem Buch auf einer Parkbank sitzt und sich eine Strähne seines dunklen Haars aus dem Gesicht streicht. Alle Zeichnungen waren von Zärtlichkeit durchdrungen, und der konzentrierte Ausdruck auf dem Gesicht des Mädchens war bis ins letzte Detail wiedergegeben.
    »Das gehört mir«, sagte Pilgrim und schlug die Augen auf.
    Ben gab ihm das Skizzenbuch. Es war ihm peinlich, als wäre er in den Traum eines anderen eingedrungen. In der Gesäßtasche der Hose spürte er noch einen Gegenstand – dort hatte Pilgrim die Kreditkarte herausgezogen -, doch er nahm Pilgrims Blick auf seinem Rücken wahr und ließ die Hose auf den Boden fallen. »Ich hätte Sie gar nicht für den Künstlertypen gehalten. Die Zeichnungen sind wirklich gut.«
    »Ich bin kein Künstlertyp.« Pilgrim klappte das Skizzenbuch zu und behielt es in der Hand. »Aber es ist nicht schlecht, wenn man ein Auge für Details hat. Wenn man die Dinge so sieht, wie sie sind.«
    »Aha. Und wie sind die Dinge zurzeit?« Ben ging zu dem Erste-Hilfe-Kasten, drückte Pilgrim sechs Schmerztabletten in die Hand und sah zu, wie er sie mit einem Schluck aus der Weinflasche hinunterspülte.
    »Sie haben Fragen. Ich hasse Fragen.«
    »Ja, ich habe Fragen.«
    »Holen Sie sich ein Glas. Ich will nicht allein trinken.«
    Ben wollte keinen Wein, aber er holte sich trotzdem ein Glas. Wenn Pilgrim sich betrank, um die Schmerzen zu betäuben, würde das vielleicht seine Zunge lösen. Es war besser, ihm Gesellschaft zu leisten, ihn zum Reden zu bringen. Er fand einen sauberen Plastikbecher im Bad und goss sich zwei Fingerbreit Wein ein.
    »Das Leben ändert sich recht schnell, stimmt’s?«, sagte Pilgrim.
    »Ja.« Er dachte an den Moment, in dem

Weitere Kostenlose Bücher