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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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konnte er sprechen, ohne zu lügen, und sogar jemanden verteidigen, der es verdiente.
    Um-Akr galt bei manchen Völkern auch als Gott der zweiten Chance. Wurde Arekh heute eine geschenkt?
     
    Die Sitzung dauerte noch mehrere Stunden, während derer Lionor und Arekh mit Fragen gequält wurden und Marikani Halios beschuldigte, sich alles aus den Fingern gesogen zu haben. Sie forderte, die Echtheit der Briefe und Zeugenaussagen zu überprüfen. Schließlich unterbrach der Hohepriester die Sitzung - und zur Verzweiflung Marikanis, die gerne alles rasch geregelt sehen wollte, wurde die nächste Sitzung erst fünf Wochen später angesetzt. Der Hohepriester wollte die Echtheit der Beweismittel überprüfen lassen, den Lauf der Sterne und die Vorzeichen betrachten, spezielle Gegenstände aus dem Großen Tempel von Reynes kommen lassen - sakrale Objekte, die, wie es hieß, erlaubten, die Natur der Seelen zu lesen, so dass er Marikanis Seele würde sehen können.
    Kurz und gut, Arekh kam zu dem Schluss, dass der Hohepriester dafür sorgte, dass er nicht sofort eine Entscheidung fällen musste. Er hörte - finster, aber kaum erstaunt -, wie Lionor den Hohepriester darum bat, von der Wahrheitszeremonie, die für den folgenden Tag geplant war, ausgenommen zu werden. Die Zeugen mussten Wahrhaftigkeit geloben, indem sie ihre Hand in die der Statue von Um-Akr legten … Aber sie konnte, wie sie
erklärte, nicht anwesend sein, weil sie aufbrechen musste, um ihrer Familie im Süden von Harabec einen Besuch abzustatten.
    Sie würde natürlich vor der nächsten Gerichtssitzung zurück sein.
    Arekh wandte den Blick ab. Natürlich. Lionor konnte nicht die Hand des Gottes berühren und den Schwur ablegen, weil ihre Natur selbst Lüge war. Man konnte sich denken, was ein verhöhnter Gott mit jemandem tun würde, der in seinem Tempel bei der Berührung seiner Statue einen Meineid schwor.
    Lionor konnte dieses Risiko nicht eingehen.
    Der Hohepriester stimmte zu, und Arekh schluckte seinen Zorn hinunter.
    Als er zur Tür ging, sah er, dass noch jemand alles mit angesehen hatte - Harrakin, Halios’ Bruder, der junge Mann im purpurroten Wams, den er bemerkt hatte, als sie den Palast erreicht hatten. Harrakin lehnte am Ende des Grabens an der Wand und hatte das Gespräch mit angehört. Aber Lionor schien ihm völlig gleichgültig zu sein - Arekh war derjenige, den er mit einer gewissen Aufmerksamkeit musterte.
    Halios verließ den Raum und ignorierte Marikani betont. Harrakin dagegen wartete, bis sie auf ihn zutrat, und küsste ihr zum Gruß die Hand. »Cousine, Ihr seid noch immer genauso hinreißend und redegewandt wie immer«, verkündete er, als er sich wieder aufrichtete.
    Er schenkte ihr ein breites Lächeln, und Arekh erlebte die unangenehme Überraschung, Marikani in Reaktion darauf erröten zu sehen. Ohne ihre Hand loszulassen, fuhr Harrakin fort: »Wenn die Hexer des Emirs Euch verändert haben, haben sie gute Arbeit geleistet. Es kann nicht einfach gewesen sein, all Eure Vorzüge zu kopieren, und ich
hätte nicht gedacht, dass die Dämonen der Abgründe so viel Charme haben.«
    »Cousin, wie gewöhnlich ruiniert ihr den Effekt, indem Ihr es zu weit treibt«, sagte Marikani, ohne ihr Lächeln abzulegen. »Und trotz all Eurer Komplimente habt Ihr Halios’ Anklageschrift unterzeichnet.«
    »Nun, Ihr wisst ja, wie mein Bruder ist«, sagte Harrakin mit einem Schulterzucken. »Ihr wisst, dass meine familiäre Situation mir bestimmte Freiheiten verwehrt. Soll mich das daran hindern, mit Euch zu sprechen? Sind wir jetzt Feinde?«
    »Aber keineswegs, Cousin.«
    Sie verließen den Tempel; Arekh und Lionor gingen zwei Schritte hinter Marikani und Harrakin.
    »Eure Rückkehr ist nicht sehr glücklich verlaufen«, sagte Harrakin. »Ich habe im Roten Salon ein kleines Essen vorbereitet. Vashni wird anwesend sein, auch der Botschafter von Sleys, Herradon und seine Schwester und natürlich Banh. Kommt, wir können das Ende unserer Schwierigkeiten endlich feiern, wie es sich gehört … Fräulein Mar-Arajec«, fügte er an Lionor gewandt hinzu, »es wäre eine Ehre, wenn Ihr uns die Freude Eurer Anwesenheit machen könntet.«
    Sein Blick huschte über Arekh, aber er sagte nichts weiter, bevor er sich wieder umdrehte und Marikani am Arm nahm.
    »Cousine, erlaubt mir auch, Euch dorthin zu bringen«, sagte er mit plötzlich ernster Stimme. »Mein Bruder ist … Nun ja, sagen wir es so: Es könnte alles geschehen. Ihr braucht für ein paar Tage einen

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