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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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schützen, indem er mächtige Talismane an einer Halskette trug. Er war der Einzige. Sogar die, die lauthals seinen Kampf unterstützten, fürchteten sich nicht davor, Marikani auf den Korridoren zu begegnen; sie machten noch nicht einmal die Schutzgeste, mit der man Fîr anrief.
    »Ich verstehe nicht, worauf Halios hofft«, verkündete Vashni, die wunderschöne Frau, die Arekh gleich am ersten Tag bemerkt hatte, als sie Marikani zugerufen hatte, sie solle Halios mit einem Blitz erschlagen.
    Vashni saß halbnackt auf den bläulichen Mosaiken, während heiße Dampfschwaden aus dem warmen Becken neben ihr aufstiegen. Diener gossen regelmäßig Kellen kochenden Wassers hinein, um es wieder aufzuwärmen. Vashni warf gedankenverlorene Blicke zu ihnen hinüber,
sah ihnen aber nie in die Augen. Für sie hatten sie keine Konsistenz, waren nicht wirklich. Das war kein Standesdünkel - auch die Adligen hatten für sie keinen höheren Wirklichkeitsgrad, solange sie der Macht nicht nahestanden. Und der geringste Sekretär hatte - selbst, wenn er ein Bauernsohn war - das Recht auf ihre volle Aufmerksamkeit, wenn er eine Schlüsselposition in Marikanis Gefolge innehatte. Dann spielten seine Herkunft oder sein Vermögen keine Rolle …
    Oder seine Vergangenheit.
    Sie schenkte Arekh ein höchst verführerisches Lächeln. »Niemand glaubt seine Geschichte. Der Hohepriester ist gezwungen, diesen Prozess zu führen, das ist normal. Er würde sich ins Unrecht setzen, wenn er angesichts solch einer schwerwiegenden Anklage nicht ermitteln würde. Aber sie ist lächerlich, und das wissen alle. Marikani hat nichts von einem Gespenst an sich, dessen sind sich die Höflinge sehr wohl bewusst! Der Prozess wird allerdings Wochen dauern, wird das Leben des Hofes erschweren, wird eine Reihe wichtiger Entscheidungen aufhalten … Dann wird der Hohepriester Marikani im Amt bestätigen, und Halios wird sich noch unbedeutender als zuvor wiederfinden. Er wird nichts gewonnen haben, abgesehen davon, dass er den Spott einer ganzen Generation auf sich gezogen haben wird! Und Marikani wird die Prüfung bestehen, das weiß ebenfalls alle Welt. Sie ist stark. Stärker, als die meisten Könige Harabecs es in letzter Zeit gewesen sind.«
    Arekh dachte daran, wie Marikani außer sich vor dem Leichnam der kleinen Sklavin unterhalb der Stadtmauer der Tränenstadt gestanden hatte. Stark? Ja, das war sie. Aber er hatte an ihr bestimmte Züge und seltsame Schwächen wahrgenommen, die am Hof ohne Zweifel niemand kannte. Sie trug in diesem Palast eine Maske. Wie überhaupt
alle , dachte er. Alle Menschen trugen Masken und ließen sie nur in den schwersten Momenten fallen, die sie mehr als alle anderen auf die Probe stellten.
    Er hatte gesehen, was sich unter Marikanis Maske verbarg.
    »Ihr wisst das vielleicht nicht, weil Ihr aus Reynes stammt, Eheri Arekh«, fuhr Vashni in verschwörerischem Ton fort, »aber Marikanis Onkel, der letzte König, war vollkommen verrückt! Ich erinnere mich, ihn im Ballsaal des rosafarbenen Gebäudes gesehen zu haben, als ich noch ein kleines Mädchen war: Seine Augen waren blutunterlaufen, und er hatte fürchterliche Tobsuchtsanfälle. Seine Sekretäre führten die Regierung, so gut sie irgend konnten, die Armen. Und seine Söhne waren nicht besser. Das hat man davon, wenn man seine Schwester heiratet, dunkles Blut hin oder her!« Vashni senkte die Stimme. »Ich kann Euch sagen, dass in Sleys Ehen zwischen Mitgliedern derselben Familie von den Priestern verboten sind. Man sagt, dass sie verflucht seien. Aber hier ist das den Leuten gleichgültig, zumindest, wenn sie zur Königsdynastie von Harabec gehören.«
    »Sie wollen das Blut des Arrethas bewahren«, sagte Arekh, »das versteht sich von selbst.«
    »Vielleicht, aber wir können den Göttern danken, dass die Seuche einen ganzen Zweig der Familie hinweggerafft hat - möge Fîr mir verzeihen! Unsere kleine Marikani ist ein wahres Geschenk des Himmels oder wäre es zumindest, wenn dieser Dummkopf Halios sie nur regieren lassen würde …«
    Niemand außer Vashni konnte es sich erlauben, mit solcher Vertraulichkeit über die Mitglieder der Königsfamilie zu sprechen - die entzückende Hofdame hatte einen Sonderstatus, der nicht zuletzt ihrem gewaltigen Vermögen
geschuldet war. Ihr Vater, der zur Herrscherfamilie von Sleys gehörte, hatte eine Nichte des letzten Königs von Harabec geheiratet, und ein gutes Viertel des fruchtbaren Bodens in den Ebenen gehörte ihnen. Vashni ihrerseits

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