Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
Vom Netzwerk:
fand fünfzig Goldstücke darin, einen »Vorschuss auf das Gehalt«, wie eine kleine Notiz von Banh besagte.
    Er hätte sicher nach einem Diener läuten können, um heißes Wasser und neue Kleider zu verlangen, aber er
wagte es nicht. Ohne die schmutzige Kleidung oder auch nur die Stiefel auszuziehen, ließ er sich auf die Satinsteppdecke fallen und sank in einen traumlosen Schlaf.
     
    Am folgenden Morgen wurde eine von Marikani unterzeichnete Mitteilung an alle Würdenträger des Hofs herausgegeben. Darin wurde Arekhs Ernennung zum Geheimen Rat bekannt gegeben und darauf hingewiesen, dass er für Vatermord und Meuchelmorde in den Fürstentümern von Reynes verurteilt worden war.
    Am Nachmittag rief sie der Hohepriester zur ersten Anhörung in den Tempel des Um-Akr.
    Der Tempel lag etwas abseits vom Westflügel des Palasts neben dem großen Kuppelbau zu Ehren des Arrethas. Die Kuppel erhob sich angeblich genau über dem Ort, an dem Arrethas die Prinzessin abgesetzt hatte, die Harabec gegründet hatte - die Prinzessin, die natürlich mit seinem Kind schwanger gewesen war.
    Der Kuppeltempel des Arrethas war einer der größten der Königreiche - nur der von Reynes übertraf ihn noch an Größe und Reichtum. Die Säulenhalle, die Um-Akr, dem Hüter der Gerechtigkeit, geweiht war, wirkte dagegen klein. Um-Akrs Priester, ein hochgewachsener, bärtiger Mann, der sie am Eingang mit vielen Verbeugungen empfing, hatte zu diesem Anlass seinen Platz dem Hohepriester überlassen.
    Sie durchquerten den Gebetsraum, um in den dahinterliegenden Gerichtsgraben zu gelangen. Um-Akr war der Hüter der Gerechtigkeit; daher wurden seine Priester häufig in die großen Städte gerufen, um über zivilrechtliche Fälle zu urteilen, wenn die Bürger beschlossen, das göttliche Urteil anzurufen. Die Priester des Um-Akr maßten sich auch das Recht an, über Häresieanklagen und alle
sonstigen Anschuldigungen zu richten, die religiöse Angelegenheiten betrafen.
    Hier, im Palast von Harabec, wurde der Gerichtsgraben sicher nur selten genutzt. Soweit Arekh wusste, hatte es hier seit Jahrhunderten keine Häresieanklage mehr gegeben.
    So würde Halios’ Anklage trotz ihrer Unangebrachtheit und Lächerlichkeit in die Geschichte des Landes eingehen. Halios zweifelte die Identität einer Erbin des Arrethas an - einer Töchter der Götter. Schlimmer noch: Er warf ihr vor, eine Dämonin der Abgründe zu sein, eine Inkarnation des absoluten Bösen, der sterneverschlingenden Dunkelheit. Ja - kein anderer als der Hohepriester des Landes konnte sich mit dieser Sache befassen, und der Blick des Gottes musste angerufen werden, um ein Urteil zu fällen.
    Er glaubt nicht daran , dachte Arekh, als er zusah, wie der dünne Mann mit den harten Zügen die Stufen am Ende des Gerichtsgrabens emporstieg, um seinen Richtersitz einzunehmen. Er glaubte nicht daran, und wie hätte er auch daran glauben können? Es musste allen bekannt sein, wie ehrgeizig Marikanis Cousin war, und sein Plan war offensichtlich.
    Aber Halios hatte geschickt gespielt. Man scherzte nicht mit Dämonen und dem Blut des Arrethas. Er würde seinen Prozess bekommen.
    Der Graben war wie ein Amphitheater beschaffen: Hölzerne Bänke waren für mögliche Zuschauer vorgesehen, aber an diesem Tag gab es keine. Bis auf den Hohepriester, seine beiden Assistenten und den Priester des Um-Akr, der sich diskret ans Ende des Raums gesetzt hatte, um die Sitzung zu verfolgen, waren nur vier Menschen anwesend: Marikani, Lionor, Arekh und Halios.
    Halios baute sich zur Rechten im Graben auf, auf dem
Stern aus weißem Stein, der in den Boden eingelassen war, um den Platz des Anklägers zu markieren. Marikani stellte sich zur Linken auf den Stern aus schwarzem Stein.
    Der Hohepriester eröffnete das Verfahren und forderte dann Halios auf, sich zu erklären. Dieser wiederholte, was er bei Marikanis Ankunft gesagt hatte: Er hatte durch das Nachrichtennetz von Harabec Gewissheit erlangt, dass Marikani in den Bergen von einem Offizier der Armee des Emirs getötet worden war, noch vor dem Pass, nachdem sie von der kiranyischen Galeere entkommen war. Die Hexenmeister in seiner Begleitung hatten danach einen Dämon der Abgründe beschworen und ihm durch Magie das Aussehen Marikanis verliehen. Halios verkündete, dass er Zeugenaussagen mehrerer Soldaten erhalten hätte, die alle das Ritual mit angesehen hätten, ebenso wie die des Offiziers, der Marikani geköpft hätte.
    Bei diesen Worten betastete Marikani betont ihren

Weitere Kostenlose Bücher