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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Er konnte sich nicht vorstellen, ihr zu enthüllen, dass Harrakin versucht hatte, ihn ermorden zu lassen. Das hätte wie ein Hilferuf geklungen, so als ob ein Kind seinen großen Bruder, der es verprügelte, verpetzte, um den Schutz seiner Eltern zu erflehen.
    Und vor allem konnte er ihr die Motive dafür nicht eingestehen. Er will sich meiner entledigen, weil er mich für Euren Geliebten hält. Nein. Er fühlte sich einfach außerstande, diese Worte auszusprechen. Die Stimme hätte ihm versagt.
    »Auch die Hexenhunde werden in Inyas-Tempeln gezüchtet«, fuhr er fort. »Ich stimme Euch zu, das ist kein Beweis. Aber Harrakin hat Spione im Emirat, nicht wahr? So konnte er vor allen anderen wissen, dass der Emir Truppen im Süden zusammenzieht.«
    »Ja. Eine der Favoritinnen des Emirs ist eine seiner ehemaligen Geliebten, glaube ich.« Marikani winkte ab. »Seine Methoden spielen keine Rolle, immerhin kommt etwas dabei heraus.«

    »Ja, das tut es. Auf dem Wege hätte er beispielsweise auch erfahren können, dass der Emir Eure Spur im Gebirge verloren hatte. Und hätte die Inyas-Hunde auf Euch hetzen können. Euer Tod wäre dem Emir zugeschrieben worden - oder dem Schnee.«
    Stille senkte sich über das kleine Zimmer. Draußen war der Himmel strahlend blau, und ein leichter Wind blies dann und wann durch die halboffene Fenstertür herein. Es war ein schöner Tag an einem der wohlhabendsten Orte der Welt mitten in üppiger Natur …
    Marikani fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Arekh spürte ihr Unbehagen und reagierte sofort. »Es sind nur Mutmaßungen«, zwang er sich zu sagen. »Ich habe die Bestätigung dafür erhalten, dass während unserer Reise durch die Berge häufig Kuriere zwischen Harrakin und dem Inyas-Tempel hin und her gegangen sind. Aber …«
    »… nichts ist sicher. Es sind nur Hypothesen. Ich verstehe. - Das Problem«, fuhr sie nach kurzem Schweigen fort, »besteht darin, dass Harrakin in beiden Fällen gewinnt. Das weiß er, darauf setzt er. Wenn er mich heiratet, wie die Hälfte des Hofes es wünscht, gelangt er durch mich an die Macht. Ich bin keine Tyrannin … Ich kenne seine Talente und würde ihm wichtige Aufgaben anvertrauen. Das stand zwischen uns schon immer fest.«
    Arekh wandte den Blick ab. Es war das erste Mal, dass Marikani so deutlich auf die Heiratspläne zwischen ihr und Harrakin anspielte.
    »Aber wenn er mich aus dem Weg schafft, wäre seine Situation vielleicht noch besser. Nach meinem Tod wird Halios den Thron besteigen. Harrakin ist beliebter und angesehener. Sein Bruder hätte ihm nichts entgegenzusetzen, wenn er einen Staatsstreich anzetteln oder sich seiner diskret entledigen würde. Dann würde Harrakin
allein über Harabec herrschen, ohne eine Ehefrau, die ihn gängeln könnte.« Marikani schüttelte mit einem bitteren Lächeln den Kopf. »Ich glaube, dass Harrakin zögert. Er mag mich gern, und der Gedanke an eine Heirat widerstrebt ihm nicht gerade - wenigstens solange er mich leibhaftig vor Augen hat. Aber ich war fern … Er muss sich gesagt haben, dass die Gelegenheit zu günstig war, mein Tod zu leicht erreicht werden konnte. Also hat er versucht, dem Schicksal etwas nachzuhelfen.«
    »Wenn ich denn recht habe«, wiederholte Arekh. »Ich habe keine Gewissheit.«
    »Ja.« Der Schmerz war ihren Augen deutlich anzusehen.
    »Es tut Euch weh«, sagte Arekh. »Ihr schätzt diesen Mann. Ihr habt … nun ja … Ihr beiden …« Er ließ den Satz in der Luft hängen, aber Marikani verstand dennoch.
    »Natürlich«, sagte sie. »Er ist der charmanteste Mann am ganzen Hof. Es ist fünf Jahre her, dass wir uns auf die Weise nähergekommen sind. Er versteht es, anziehend zu wirken. Unwiderstehlich.«
    Marikani schwieg einen Moment lang; Arekh spürte, wie Hass in ihm aufkeimte. »Ich kann ihn töten«, sagte er schlicht.
    Marikanis kleines Auflachen klang noch nicht einmal erstaunt. »Daran zweifle ich nicht. Aber nein … Ich werde ihn heiraten.«
    »Was? Er hat versucht, Euch ermorden zu lassen!«
    »Ja, vielleicht. Und das überrascht mich nicht einmal. Aber was spielt das schon für eine Rolle? Er ist der Gatte, den eine Königin von Harabec braucht. Unsere Heirat wird den Priestern gefallen: Zwei Nachkommen des Arrethas vereinen ihr dunkles Blut. Unsere Kinder werden doppelt von den Göttern gesegnet sein«, verkündete sie mit einer Ironie, die fast mit Händen zu greifen war. »Wir
sind sehr beliebt; man mag uns. Das Volk wird sich freuen, wir werden unsere

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