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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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schien.
    »Warum?«

    Der junge Mann zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht! Peran ist mit einer Botschaft gekommen, und Marikani ist zu Banh gegangen.«
    Peran war einer von Halios’ Vertrauten. Arekh spürte, wie sein Herz aussetzte.
    »Ich hoffe, dass der Krieg nicht ausgebrochen ist«, fuhr Behia fort. »Wisst Ihr, dass alle Ratsmitglieder zugleich Offiziere der Armee sind? Wir werden uns an der Front wiederfinden, wenn der Emir angreift. Unter Harrakins Befehl!«
    Das war Arekh gleichgültig. »Wohin ist sie gegangen?«
    Der Ratgeber wandte ihm den Rücken zu. »Es gibt nur einen Palast, und sie ist dessen Herrin - wenn sie vorbeikommt, bleibt das nicht unbemerkt. Ihr werdet sie schon finden.«
    Arekh eilte ins Freie und hielt den nächstbesten Diener auf, aber der wusste nichts. Es regnete noch immer. Im Inneren des Rosafarbenen Gebäudes zündete man bereits Kerzen an. Eine junge Frau kam die Stufen herab - Vanales, eine Gesellschafterin aus Vashnis Gefolge. Sie gehörte zu denen, die große Angst vor Arekh hatten, und als sie sah, wie er die Treppe hinauf auf sie zueilte, erstarrte sie und stieß ein kleines Quieken aus.
    »Wo ist Marikani?«, fragte Arekh. Vanales starrte ihn entsetzt an. »Ayashinata Marikani«, wiederholte er mit einem gereizten Seufzen. »Wo ist sie? Wo findet die Zeremonie zu Ehren Lâs statt?«
    »Am großen Bassin … Priester Irisho ist dort«, sagte das verängstigte Mädchen.
    Arekh war schon dabei, die Treppe wieder hinunterzusteigen, als Vanales ihm etwas nachrief: »Aber …«
    Er drehte sich um.
    »Ayashinata Marikani nimmt nicht daran teil. Der Hohepriester
hat sie zu einem Exorzismus bestellt. In den Um-Akr-Tempel.«
    Arekh überquerte aufs Neue den Hof und zwang sich, nicht zu rennen, um keine Neugierigen auf sich aufmerksam zu machen. Er mahnte sich zur Vernunft. Der Hohepriester wirkte loyal. Die Tatsache, dass Halios gerade jetzt versucht hatte, Arekh fernzuhalten, war vielleicht ein Zufall.
    Hundert Res in Gold.
    Ein schwarzer Schatten legte sich langsam über ihn, ohne dass er wusste, warum. Es hieß, dass Vorahnungen die schwarzen Vögel des Schicksals seien, die rings um einen mit den Flügeln schlugen. Arekh hatte den Eindruck, sie jetzt zu hören, wie sie gegen das Geräusch des Regens ankämpften, aber er brauchte diese Vögel gar nicht. Die Erfahrung und die Geschichte genügten ihm. Wie viele Prinzen, Erben, Königskinder waren unter dubiosen Umständen ums Leben gekommen, so dass ihr Name in Vergessenheit geriet, bevor auch nur zwei Mal Schnee auf ihr Grab gefallen war? Man beklagte sie nicht und weinte kaum um sie.
    So waren eben die Spielregeln.
    Arekh beschleunigte seine Schritte. Der Tempel lag vor ihm, ganz nah; seine Umrisse verschwammen im strömenden Regen. Ein Schatten der Wut des Morgens kehrte zurück - er war Marikani gleichgültig, was kümmerte es ihn also, wenn sie starb? -, aber bei diesem Gedanken schien es ihm, als ob die Raben noch heftiger als zuvor mit den Flügen schlugen, und er begann zu rennen …
    Das Tempeltor. Er öffnete es … Der Raum war voll. Kleine Grüppchen unterhielten sich leise.
    Sie ist tot , dachte er, und sie sprechen darüber . Aber nein - manche lachten, und der Ton der Gespräche war heiter, erwartungsvoll.

    Er durchquerte den Raum und zwang sich, langsam zu gehen. Er wollte keinen Skandal verursachen, doch die böse Vorahnung wuchs in seinem Bauch. Es war ihm, als ob Halios - ganz gleich, wo er war - jeden Augenblick sein Schwert ziehen und zustoßen könnte.
    Der Gerichtsgraben.
    Die Menge stand dicht gedrängt. Die Stufen des Amphitheaters waren voll, und Höflinge beobachteten aufrecht stehend irgendetwas, was in der Mitte geschah. Arekh ging langsam einmal um den Graben herum, hielt sich nahe an der Wand, wie eine Raubkatze, die ihre Beute umkreist. Zwischen den Köpfen der Zuschauer hindurch erspähte er den Hohepriester, der die Zeremonie in den dunkelgrünen Exorzismusroben leitete. Halios. Harrakin, der ernst mit gerunzelter Stirn neben ihm stand. Der Um-Akr-Priester hielt einen silbernen Kelch hoch, der mit Einlegearbeiten aus Jade verziert war. Zwei weitere Priester. Arekh kreiste weiter. All seine Sinne schrien ihm zu, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, aber nichts an dem, was er sah, gestattete es ihm einzugreifen. Es gab zahlreiche Arten von Exorzismen - bei manchen musste man ein Getränk zu sich nehmen, das die Götter gesegnet hatten und das aus besonderen Zutaten bestand. Ohne Zweifel hatte

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