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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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der Hohepriester die Bestandteile aus Reynes kommen lassen …
    Arekh ging noch immer im Kreis. Vashni war unter den Zuschauern. Sie hatte den gleichen Gesichtsausdruck wie Harrakin: besorgt, ohnmächtig …
    Ihr gefällt das auch nicht , stellte Arekh fest; aber auch Vashni konnte nichts tun. Man unterbrach nicht einfach ein geheiligtes Ritual, das Risiko war einfach zu groß. Wenn ein Priester einen der Blasphemie bezichtigte, konnte das den sofortigen Tod bedeuten.

    Arekh hielt die Augen fest auf das Zentrum des Grabens gerichtet.
    Der Kelch, der Hohepriester.
    Alles war in Ordnung. Nein, es gab keinen Grund einzugreifen, doch er fühlte sich immer schlechter …
    Die Hände des Um-Akr-Priesters zitterten.
    Sie zitterten. Der Mann hob Marikani langsam den Kelch entgegen, und ihm zitterten die Hände. Er stand mit dem Rücken zum Hohepriester, der nichts gesehen hatte. Marikani machte sich bereit, den Kelch zu ergreifen …
    Und da warf der Um-Akr-Priester einen unmerklichen Blick zu Halios hinüber.
    Es war nichts, eher eine unterdrückte Bewegung als eine echte. Arekh hatte sich vielleicht alles nur eingebildet. Er blieb stehen, zögerte. Man unterbrach nicht einfach ein Ritual, weil dem Priester die Hände zitterten oder wegen eines vielleicht nur eingebildeten Blicks.
    Hundert Res in Gold .
    Wieder krampfte ihm die Vorahnung den Magen zusammen.
    Marikani wollte den Kelch an die Lippen führen.
    »Halt!«
    Arekhs Schrei hallte im Gerichtsgraben wider. Die Höflinge drehten sich um; Ausrufe und Gemurmel stiegen auf.
    Marikani unterbrach ihre Bewegung und sah Arekh. Er las in ihren Augen Erstaunen, vielleicht sogar einen Hauch von Misstrauen, das auf ihren Streit vom Vorabend zurückzuführen sein mochte.
    Er drängte sich mit großen Schritten durch die Menge. Halios’ Augen waren vor Zorn geweitet.
    »Wie kann er es wagen?«, schrie er. »Wie kann er es wagen, diesen Augenblick zu unterbrechen?« Eine Pause, dann: »Das ist ein Winkelzug des Ungeheuers!«

    Der Hohepriester sah Arekh mit gerunzelter Stirn an. Arekh stieg die Stufen hinab und überlegte, was er sagen sollte.
    Aber wenn Halios Beweise erfand, konnte er das schließlich auch tun.
    »Ich kann meine Quellen nicht offenlegen, Hohepriester«, verkündete er mit fester Stimme, »aber ich habe gerade einen Beweis dafür erhalten, dass Verräterei am Werk ist.«
    Protestgeschrei erhob sich, und Arekh wurde erst jetzt das volle Ausmaß des Risikos, das er einging, bewusst. Wenn er sich täuschte … Er spielte mit seinem Leben oder wenigstens doch mit seinem Recht, in Harabec zu bleiben.
    Halios konnte die Situation in ihr Gegenteil verkehren; er musste einfach nur sagen …
    »Das ist ein abgekartetes Spiel! Ein abgekartetes Spiel zwischen dem Verbrecher und dem Gespenst! Dieser Mann weiß, dass die Kreatur den Exorzismus nicht überstehen könnte, deshalb tut er alles, um das Unausweichliche aufzuhalten. Sie ist schuldig, das hier ist der Beweis dafür! - Trinkt!«, rief Halios Marikani mit theatralischer Gebärde zu. »Trinkt, Geschöpf der Abgründe, dann werden wir sehen, wie es um Eure Unschuld bestellt ist!«
    Die Höflinge hielten den Atem an, und Marikani zögerte. Arekh wandte sich ihr zu und bat sie mit einem Blick um ihr Vertrauen. Er musste schnell handeln. Der Hohepriester war nahe daran, einen Befehl zu geben.
    Arekh packte den Um-Akr-Priester am Handgelenk und zwang ihn, sich umzudrehen. »Dieser Mann hier ist bezahlt worden, um den Trank im Kelch auszutauschen!«
    Noch ein Schuss ins Blaue. Aber das war die einzige Chance, den Hohepriester zögern zu lassen, und selbst,
wenn Arekh sich täuschte, würde er sicher genug Zeit gewinnen, um …
    Der Um-Akr-Priester war leichenblass.
    Seine Lippen waren bläulich und zitterten.
    Der Hohepriester musterte ihn schweigend. Dann hob er den Blick zu Halios. Dieser war bei weitem der bessere Schauspieler: Er war die empörte Unschuld selbst.
    Aber der Hohepriester war alles andere als ein Dummkopf, das begriff Arekh, als er sah, wie Ilisia Marikani den Kelch aus den Händen nahm. Der Mann hatte jahrelang am Hof von Harabec gelebt und überlebt . Das war ihm nicht ohne Einsicht in die menschliche Seele gelungen, und so reichte er nun mit einer Bewegung von gefährlicher Sanftheit den Kelch an den Priester weiter.
    »Trinkt«, befahl er gemessen.
    Mittlerweile herrschte völlige Stille im Raum. Arekh sah, dass Harrakin den Vorgang verblüfft mit offenem Mund beobachtete. Entweder war er ein noch

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