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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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gesehen worden, auf neutralem Gebiet … Arekh? Ist alles in Ordnung?«
    Arekhs Schwindelgefühl war verschwunden, weggeschwemmt von einer eisigen Welle.
    Dummkopf. Womit hatte er gerechnet? Seine Kehle war zugeschnürt. Er verachtete sich für seine Reaktion.
    »Mir geht es gut«, flüsterte er, ohne die Wut in seiner Stimme bezähmen zu können. »Der Emir ist schlau, daran habe ich nie gezweifelt. Darf ich vielleicht erfahren, warum Ihr mir das erzählt?«
    Marikani starrte ihn verblüfft an. »Weil Ihr mein Ratgeber seid«, sagte sie leise. »Ich halte Euch auf dem Laufenden, wie sich die Dinge entwickeln, das ist alles!«
    »Und dafür bin ich Euch unendlich dankbar«, entgegnete er mit zorniger Ironie. »Ich bin auch unendlich dankbar dafür, dass Ihr überhaupt das Wort an mich richtet. Ihr tut dem Unberührbaren, der ich bin, zu viel Ehre an.«
    Das war lächerlich, unerklärlich und erbärmlich, und Arekh hätte am liebsten den Kopf in die Hände gestützt und über seine eigene Torheit geweint, aber er hatte nicht widerstehen können. Er war so zornig, und Marikani konnte es nicht verstehen …
    »Was ist in Euch gefahren?«, zischte Marikani mit
zusammengebissenen Zähnen und sah sich unauffällig um, um festzustellen, ob jemand den Vorfall beobachtet hatte. »Habt Ihr den Verstand verloren? Seid Ihr nicht in der Lage, Euch in solcher Gesellschaft korrekt zu verhalten?«
    »Weil es das ist, was Ihr von mir erwartet?«, knurrte Arekh. »Dass ich mich beruhige? Korrektheit? Ihr wollt, dass ich einem Eurer heuchlerischen, honigsüßen Höflinge ähnlich werde, dass ich freundlich dreinblicke und insgeheim Meuchelmorde und Intrigen in die Wege leite? Oh, dann seid doch alle verflucht!«, sagte er, während er aufstand und mit großen Schritten auf die Gärten zuging. Er stieg über Paare hinweg, die sich mit einer Leidenschaft umschlungen hielten, die dem Alkohol geschuldet oder natürlich sein mochte.
    Niemand warf ihm auch nur einen Blick zu - der Dampf, der Weihrauch und die Kerzen hatten alle zu benommen gemacht -, und er fand sich unter dem Nachthimmel wieder, nahe bei den dunklen Fenstern des Ostflügels des Palasts, während Musik, Stimmen und unterdrücktes Gelächter hinter den Stoffbahnen hervordrangen, die das Geschehen vor indiskreten Blicken von außen schützten.
    Die kühle Nachtluft ließ ihn wieder zur Besinnung kommen, und er verfluchte sich aufs Neue; seine Verzweiflung wuchs, als er sich seines unlogischen Verhaltens, seiner Torheit, seiner Unvernunft und seines Zorns bewusst wurde. Ihm tat alles weh, als habe er sich gegeißelt, und er litt viel mehr als damals, als Harrakins Meuchelmörder ihn verfolgt hatten - wenn er denn dafür verantwortlich gewesen war.
    Warum kommen sie nicht jetzt? , dachte er bitter und schlug so heftig auf einen Holzladen, der ein Fenster verdeckte, dass das Schloss aufsprang.
    Ein Diener, der gerade mit einem Tablett vorbeikam,
starrte ihn mit großen, entsetzten Augen an, bevor er weiter auf die Bäder zuhastete.
    Warum kommen sie nicht jetzt? Ich würde sie schon zu empfangen wissen!
    Er zögerte mehrere Minuten lang, kehrte dann um und hob eine der Stoffbahnen an, die zwischen den Säulen aufgespannt waren.
    Marikani saß mittlerweile nackt da, den Rücken gegen eine Verella-Statue gelehnt.
    Arekh erstarrte.
    Harrakin saß lächelnd neben ihr; er hielt zwei Gläser in der Hand.
    Arekh hatte den Eindruck, Fieber zu haben. Seine Stirn brannte, er zitterte aus unvernünftigen, wütenden Gefühlen heraus. Er entfernte sich, kehrte dann doch um und warf wieder einen Blick hinein. Marikani redete noch immer mit Harrakin, und Vashni kam hinzu - und dann hatte er nicht mehr den Mut, weiter hinzusehen, und ging eilig davon, zu seinen Gemächern, zu den Schreibzimmern, zu den Wäldchen, ganz gleich wohin, solange es dort nur dunkel und kühl war und niemand ihn sehen konnte.

KAPITEL 15
    Arekh stand am folgenden Morgen mit immer noch zornigem Herzen auf. Es ging ihm so schlecht, als hätte er getrunken - obwohl er seit seinem siebzehnten Geburtstag kaum einen Tropfen Alkohol angerührt hatte. Er wusste, dass er sich lächerlich verhielt, aber deshalb tat es nicht weniger weh … Warum? Es hatte keinen Zweck. Es war hoffnungslos.
    Er kleidete sich an und verließ seine Gemächer - nur, um sich fünfzehn auf dem Haupthof aufgebahrten Leichen gegenüberzufinden. Ein Priester erklärte ihm, was geschehen war: Es war im Nordosten zu einem Scharmützel zwischen den Soldaten

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