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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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ist, um dann mit ihm zu verhandeln, mit wem werdet Ihr es dann
zu tun haben? Mit einem anmaßenden jungen König, der nur zu froh über seine neue Macht ist und der sich beim Volk wird beliebt machen wollen, indem er den eitlen Gockel spielt. Er wird Bedingungen stellen und dafür sorgen, dass die Sache sich hinzieht - einfach nur, um zu zeigen, dass er die Kraft hat, die Fürstentümer hinzuhalten.«
    »Arekh hat recht«, sagte Marikani mit Nachdruck. »Selbst, wenn ich die Prüfung noch nicht bestanden habe, regiere ich de facto seit fünf Jahren in Harabec, Ratsherr Viennes. Ihr wisst so gut wie ich, dass selbst die besten Ideen, die besten Bündnis- oder Handelspläne, zwischen den Schreibzimmern der Räte und Könige auf Irrwege geraten können, so dass es Jahre dauert, bis sie zur Vollendung gelangen … wenn sie das denn tun. Heute«, sagte sie und beugte sich mit ihrem schönsten Lächeln zu dem Ratsherrn hinüber, »gibt es hier nur Euch und mich. Keine Federfuchser, keine Zwischenträger. In einer Stunde können wir eine jahrzehntealte Angelegenheit regeln. Ihr könnt nach Reynes zurückkehren und derjenige sein, der allein mit unübertroffener Geschwindigkeit dafür gesorgt hat, dass Reynes die wichtigste Zwischenstation des Salzhandels wird.«
    Ein flüchtiger Ausdruck auf dem Gesicht des Ratsherrn zeigte, dass Marikani ihn richtig angepackt hatte.
    »Wir sind uns über die beiderseitigen Vorteile dieses möglichen Vertrags einig, Aya Marikani«, sagte er. »Das ist nicht das Problem. Nehmen wir einmal an, dass wir ihn unterzeichnen, dass Ihr dann aber innerhalb dieser Mauern getötet oder gefangen genommen werdet, bevor Ihr Harabec erreicht? Dann hätte ich nur ein wertloses Stück Papier in der Hand.«
    »Gerade deshalb liegt es, sobald dieser Vertrag unterzeichnet ist, in Eurem Interesse, dass Marikani lebend aus
der Stadt herauskommt«, erklärte Arekh. »Und aus genau dem Grunde sind wir hier. Damit unsere Interessen sich vereinigen.«
    Die weißen Vögel kamen wieder krächzend am Fenster vorbei. Eine Gruppe von Kindern lief auf der Straße entlang; ihre Stimmen und ihr Gelächter drangen fröhlich bis ins obere Stockwerk hinauf.
    Sie waren im Zimmer nur zu viert: der Ratsherr, Marikani, Lionor und Arekh. Niemand bis auf sie und den Herrn der Verbannten wusste, dass Marikani einen Fuß aufs Festland gesetzt hatte. Wenn diese Nachricht sich verbreitete, wäre das das Ende.
    »Immer noch so durchtrieben, was, Morales?«, sagte der Ratsherr, indem er sich Arekh zuwandte. Er klopfte Marikani liebevoll auf die Schulter. »Also arbeitet er jetzt für Euch. Gute Erwerbung!«
    Arekh sagte nichts, aber er spürte neben sich eine Art von Stille, die er gut kannte: Es hatte seinen Grund, dass Marikani und Lionor nichts sagten. Sie waren wieder einmal ganz Ohr.
    »Er hat mich nicht sehr viel gekostet«, sagte Marikani am Ende mit einem dünnen Lächeln.
    »Einige von uns haben sich schon gefragt, wo Ihr wohl abgeblieben seid, Morales«, sagte Viennes, ohne auf die Bemerkung einzugehen. »Ihr habt doch für diesen Kerl, diesen Senator, gearbeitet. Und dann - keine Nachricht mehr von Euch.«
    »Mein Vertrag mit Im-Ahr ist vor sechs Monaten ausgelaufen«, erklärte Arekh. »Seitdem … war ich auf Reisen.«
    »Gut, gut. Wie ich schon sagte, gute Erwerbung. Wenn es jemanden gibt, der Euch aus diesem Rattenloch herausholen kann, Aya Marikani, dann ist er es …«
    Der Ratsherr erhob sich und holte Zigarren aus einem
kleinen Schränkchen hervor. Er bot seinen Gästen welche an; als sie ablehnten, rauchte er ausgiebig allein, ohne etwas zu sagen, und sah bald den Tisch an, bald zum Fenster hinaus.
    »Wir werden die Landstraße in der Ebene verbreitern und in der Sumpfregion trockenlegen müssen. Wir werden Brücken bauen müssen. Wird Harabec einen Teil der Baukosten übernehmen?«
    »Ganz gewiss nicht!«, sagte Marikani lachend. »Kommt, Ratsherr, Ihr wisst sehr gut, dass die Wegzölle mehr als ausreichen werden, Eure Kassen wieder zu füllen.«
    Viennes beschränkte sich darauf zu nicken; dann stand er auf, klopfte an die Tür und gab einige Befehle. Schließlich erschien einer der Schreiber mit Papier und Feder, und sie begannen, den Vertrag aufzusetzen. Der Schreiber zuckte ein wenig zusammen und musterte Marikani verstohlen, als er begriff, mit wem er es zu tun hatte, aber er war wohlerzogen, sagte nichts dazu, sondern schrieb einfach weiter.
    Stunden vergingen. Viennes ließ eine Mahlzeit auftragen; er hielt

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