Rune der Knechtschaft
mich im Laufe der Monde eine seltsame Mattigkeit. Die gleiche Losgelöstheit, die ich immer noch empfinde, wenn ich an den Mord an meinen Eltern denke. Ich wurde immer arroganter, immer unvorsichtiger - mir war alles gleichgültig. Eines Tages tötete ich in einer Taverne - ich hatte aber keinen Alkohol getrunken, ich trinke kaum noch etwas - einen Soldaten, einfach so, infolge eines lächerlichen Streits. Ich floh danach nicht einmal. Die Richter fragten nicht, wer ich war oder was ich in der Vergangenheit getan hatte … Sie verurteilten mich zur Galeerenstrafe.«
Langes Schweigen folgte, und Arekh bemerkte, dass das Regenwasser nun am Gebäude entlangströmte. Während seiner Erzählung hatte er es nicht gehört.
»So«, sagte er schließlich. »Das ist alles.«
Draußen hatte sich eine Katze unter den Umhang einer Statue geflüchtet. Ein Windstoß jagte sie wieder ins Freie, und sie flüchtete mit einem unheimlichen, herzzerreißenden Miauen.
»Große Götter«, wiederholte Marikani mit fast unhörbarer Stimme nach einer Ewigkeit.
Dann schwieg sie minutenlang; jede Sekunde, die verging, lastete wie ein Stein auf Arekh.
»Wir haben keinen Vertrag mit den Fürstentümern«, sagte sie schließlich. »Sie können Euch hier nicht festnehmen.«
»Nein.«
»Ich rate Euch dennoch, nicht nach Reynes zurückzukehren. Seid Ihr rechtskräftig verurteilt worden?«
»Ja«, sagte Arekh leise und dachte an die Ereignisse auf dem Basar in der Tränenstadt. »Ich kann nicht zurückkehren. Nicht, dass ich die Absicht hätte … Aber die Fürstentümer sind mir verschlossen, ebenso alle Länder, mit denen der Rat einen Justizvertrag abgeschlossen hat.«
»War Viennes auf dem Laufenden?«
»Ich glaube nicht. Als ich noch in der Hauptstadt … operiert habe, hatte ich genügend Geld und Beziehungen, um Ermittlungen über meinen Namen zu blockieren. Und außerdem wollten meine Arbeitgeber es gar nicht wissen. Ich war wirkungsvoll - das genügte ihnen.«
Erneut herrschte Schweigen im Zimmer. Was Marikani gesagt hatte, regelte noch nichts, das wusste Arekh. Sie sprach, um ihre Verlegenheit zu überspielen und ihren Verstand zu zwingen, sich auf die praktischen Aspekte des Problems zu konzentrieren. Eine Art Realitätsflucht. Aber das konnte sie nicht lange tun - früher oder später musste sie auf das Herz des Themas zu sprechen kommen. Ihm ins Gesicht sehen.
Der Regen wurde immer stärker, und Marikani hob endlich den Blick zu Arekh.
Sie musterten einander einen Moment lang schweigend, während die Tropfen eine düstere Melodie auf den Boden klopften.
»Nun gut«, flüsterte sie. »Ich glaube, dass ich erst einmal genug Geschichten gehört habe. Schade, dass diese hier Euch nicht von Hathot eingegeben wurde …«
Arekh nickte. »Schade, in der Tat. Aber es ist keine bloße Geschichte. Und Euer Cousin wird nicht lange brauchen, das alles herauszufinden, wenn er Nachforschungen über mich anstellt. Eigentlich bin ich sicher, dass er das bereits getan hat. Er kennt meinen Namen; es wird ihm nicht schwergefallen sein herauszufinden, woher ich komme, oder sich im Justizregister in Reynes zu informieren, und dann … Könnt Ihr Euch vorstellen, wie Ihr im Um-Akr-Tempel steht, Aya Marikani, und Euch auf mich als Zeugen beruft, um Eure Unschuld zu beschwören? Halios wird den rechten Augenblick abwarten, um mich als Vatermörder - ja, als Mörder meiner ganzen Familie - zu enttarnen … die Verkörperung des absoluten Bösen«, fügte er mit einem kleinen Auflachen hinzu. »Das könnte Euch jegliche Chance rauben. Es könnte gar der Beweis für Eure Schuld sein. Wer würde sich schon mit einem Vatermörder abgeben, wenn nicht ein Gespenst aus den Abgründen? Das Böse zieht das Böse an.«
»Der Schatten zieht den Schatten an«, sagte Marikani leise.
»Was?«
Marikani musterte Arekh einen Moment lang zögernd; dann wandte sie den Blick ab.
»Ich habe daran gedacht abzureisen«, fuhr Arekh schließlich fort, »den Hof zu verlassen, um zu vermeiden,
als Zeuge auftreten zu müssen. Aber der Schaden wäre in jedem Fall angerichtet: Halios würde sagen, dass Ihr versucht, Euch bedeckt zu halten, meine wahre Natur zu verbergen. Und wenn ich morgen sterben würde, würde er behaupten, Ihr hättet mich ermordet.« Er schüttelte den Kopf. »Ich sehe keine Lösung.« Er lauschte dem Geräusch des Wassers auf den Steinen. »Es tut mir sehr leid.«
Marikani dachte noch immer nach. »Das Beste«, sagte sie dann, »wäre es, ihm den
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