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Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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gibt etwas, das ganz oben auf der Liste steht, und es ist fast ein universelles Tabu, selbst dort, wo das Töten eine alltägliche Angelegenheit ist. Crighton hatte es als den Grund dafür erwähnt, warum eine Gruppe von Wikingern aus ihrer Heimat vertrieben wurde.
    Inzest ist so schon schlimm genug – noch schlimmer allerdings, wenn er erzwungen wird. Und am allerschlimmsten, wenn er von einem Kind erzwungen wird.
    Für ein paar Minuten waren selbst meine eigenen Geheimnisse vergessen, als ich in der Küche stand und zuhörte, wie Mom von dem Anruf erzählte, den sie am Morgen erhalten hatte.
    »Dad und ich werden gleich nach Effingham fahren«, sagte sie in einer zerbrechlichen Stimme, die kaum lauter war als ein Flüstern.
    Ihre Zähne kauten an der Unterlippe, wie ich es schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. »Paula hat mich auf der Arbeit angerufen …«
    Dad stand hinter ihr und massierte ihr mit einer Hand sanft die Schulter. Beide hatten sie den Blick gesenkt, als fänden sie es schwer, Aaron und mir in die Augen zu sehen. Es war ein Ausdruck voller Scham. Und Moms Gesicht war bleich vor Ekel, den sie zu unterdrücken suchte.
    »James hat heute morgen versucht, Robin zu vergewaltigen.«
    Ich bin mir sicher, für Aaron ebenso wie für mich selbst sprechen zu können, wenn ich sage, daß diese Nachricht uns wie ein Güterzug traf. Zweifelsohne konnten wir uns alle an James’ Verhalten ihr gegenüber am vorigen Tag erinnern – sein Beschäftigtsein mit ihrer aufblühenden Schönheit, sein Beharren, ihr körperlich nahe zu sein. Rückblickend war es einfach zu sagen, daß sich wohl eine problematische Situation entwickelt hatte.
    Aber nur Aaron und ich wußten, was ihn wirklich dazu getrieben hatte.
    »Sind sie sicher?« fragte ich und wußte, wie dumm sich das anhören mußte.
    Mom nickte. »Vicky hat sie heute morgen dabei überrascht. Es geschah, noch bevor Robin aufgestanden war.«
    Einmal mehr dieser freudige Drang, mich zu übergeben. Es war nicht schwer, mir vorzustellen, wie James mit einem lüsternen Lächeln ihr Zimmer betrat, mit den Augenbrauen zuckte und seine gewaltige Stirn furchte. Wie er sich neben Robin setzte und sie vielleicht mit einer Berührung weckte, mit dem schrecklichsten aller Küsse. Wie leicht konnte ich ihn sagen hören: »Du wirst zu schnell erwachsen, Kleines … jawoll, Sir … und ich bin stolz darauf, mächtig stolz … also, wie wär’s, das ein bißchen mit deinem guten, alten Dad zu teilen?« Und wie er die ganze Zeit über lächelte …
    »Paula hat mich während der Arbeit angerufen«, wiederholte Mom. »Sie sagte, Vicky hätte mit den Kindern das Haus verlassen und sei zu Großmutter Iris gegangen. Vicky meint, daß er sie dort als letztes suchen würde. Als erstes würde er bei Paula vorbeisehen. Und deshalb ist Paula jetzt auch dort. Sie hat die Kinder bei einer Freundin untergebracht und …«
    Mom schüttelte nur den Kopf.
    Sie sah aus, als würde sie sich am meisten wünschen (abgesehen davon, diesen Morgen ungeschehen zu machen), jedes Blutkörperchen zu verleugnen, das sie mit Onkel James verband.
    »Sie haben mich angerufen, weil ich schon mit solchen Fällen umgegangen bin. Sie glauben, ich könnte mit ihr reden und sie …«
    Ihre Lippe sah mittlerweile schon etwas lädiert aus, doch sie hörte auf, mit ihren Zähnen daran zu nagen. Die professionelle Haltung kam wieder zu ihrem Recht – entglitt ihr aber für einen Moment. »Ich könnte ihn umbringen, ich könnte ihn wirklich umbringen.«
    »Wieso fährst du mit, Dad?« fragte Aaron. »Ein Mann ist vermutlich das letzte, was Robin sehen will.«
    Dad nickte. »Das hat sie auch gesagt.«
    Er drückte Moms Schultern.
    »Ich werde ihr nicht vor die Augen kommen. Aber sie sind jetzt alle im Haus meiner Mutter. Und wenn James auftaucht … dann stelle ich sicher, daß der Hurensohn nicht weiter als bis zur Einfahrt kommt.«
    Ich betete, daß es nicht dazu kommen würde. Eine körperliche Auseinandersetzung war das letzte, was er gebrauchen konnte.
    Sie gingen ihre Mäntel und Brieftaschen holen. Aaron und ich schlurften zu den Stühlen am Küchentisch und setzten uns, unfähig, irgend etwas anderes zu tun. Mom und Dad hatten noch nicht einmal bemerkt, daß Aaron Stunden vor Dienstschluß zu Hause war, oder wie blutunterlaufen seine Augen waren. Eine Krise nach der anderen.
    Ich fragte mich, ob Robin einen merkwürdig fauligen Geruch bei James festgestellt hatte, bevor …
    »Jetzt ist es soweit«, sagte

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