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Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Baseballschläger. Ich wich zurück und verlagerte den Großteil meines Gewichtes auf mein linkes Bein, weil das rechte Knie zu unsicher war. Ich versuchte, außerhalb seiner Reichweite zu bleiben, bewegte mich zum Kamin und griff mir blitzschnell die Schaufel. Aaron holte aus, sprang über den Tisch und schlug zu, als ich gerade die Schaufel hochbrachte. Schaufel und Schürhaken klirrten gegeneinander, und eine Wolke feiner Asche rieselte auf den Teppich.
    Er holte wieder aus. Wieder und wieder. Ich gab mir Mühe, die Schläge zu parieren. Wir bewegten uns wie zwei lächerliche Gladiatoren mit behelfsmäßigen Waffen. Aaron hatte noch genug Energie. Ich dagegen fühlte mich wie ein aufgezogenes Spielzeug, das immer langsamer wurde. Aaron holte weit und beidhändig aus, und ich hatte nur eine Hand, um die Schaufel zu halten. Jeder Treffer schickte einen elektrischen Stich durch meinen Arm. Muskeln und Sehnen spannten sich unmenschlich. Schweiß floß, und ich fing an zu keuchen. Viel länger würde ich es nicht mehr aushalten.
    Aarons nächster Hieb riß ihn zu weit nach vorn und brachte sein Gleichgewicht etwas ins Wanken. Ich holte mit der Schaufel aus und traf seinen Unterarm. Er brüllte vor Überraschung und Schmerz, sprang zurück und schüttelte seinen Arm.
    Er hielt inne, um mich anzusehen – wir waren zwei Feinde, die einander nach fast tausend Jahren wieder ins Auge sahen. Ein Teil von mir wollte vernünftig mit ihm reden, sich mit ihm hinsetzen und ein Bier trinken, während wir es ausdiskutierten. Aber ich hatte es hier nicht mehr mit Aaron zu tun, daran mußte ich mich immer wieder erinnern. Reden würde ihn nicht davon abhalten, mir diesen Schürhaken durch den Schädel zu jagen.
    Und als er dann sprach, war es eine um so größere Überraschung.
    »Du glaubst, Bobby sei schlimm zugerichtet gewesen?« Ein böses Lächeln zog sich über seine Lippen, und ein Schauer lief mir über den Rücken. Ungefähr an der gleichen Stelle, wo Bobbys Lungen gehangen hatten. »Dann warte mal ab, was ich mit dir mache.«
    Als der Schürhaken sich wieder erhob, bewegte ich mich schneller, als ich es je für möglich gehalten hätte, und trat ihm in den Bauch. Mit einem einzigen lauten Keuchen ging er nieder und war völlig wehrlos. Doch ich konnte mich nicht dazu bringen, ihm etwas anzutun, nicht meinem eigenen Bruder. So verrückt sich das anhören mag, meine Hauptsorge war, ihn vor Verletzungen zu bewahren.
    Also lief ich die Treppe hoch und durch die Küche, das Eßzimmer, den Flur. Ich ließ das Licht aus, um mich besser zu verstecken. Ich kam in Aarons Zimmer an, weil es der am weitesten entfernte Punkt war, den ich erreichen konnte, und verbarg mich in der Spalte zwischen seinem Bett und der Wand. Sehr bald schon würde er wieder auf den Beinen sein und nach mir suchen, doch jetzt brauchte ich etwas Zeit, um wieder zu Atem zu kommen und mich ein wenig zu erholen.
    Die Welt bestand nur aus Schmerz – sowohl in meinem Arm als auch in meinem Bein pochte es heftig. Meine rechte Hand ließ die Schaufel los, um das andere Handgelenk zu befühlen. Es war furchtbar angeschwollen und wölbte sich unter dem Ärmel meines Pullovers wie eine Billardkugel. Ich wollte noch nicht einmal daran denken, es zu bewegen; im Innern knirschte es wie zerbrochenes Glas. Wenn das kein Bruch war, wollte ich nicht wissen, wie sich einer anfühlte.
    Denk nach, Chris, oder du bist tot.
    Ich zog die Streitaxt in meinem Kofferraum in Erwägung. Wenn die von Olaf stammte, wie ich gedacht hatte, dann hätte er Aaron danach geschickt. Um wirklich ganze Arbeit zu leisten. Er hätte unbemerkt ans Auto gehen und wieder hereinkommen können, und ich hätte nicht den Hauch einer Chance gehabt. Und doch war es nicht soweit gekommen. Weiß Olaf vielleicht nicht …? Ein trübes Licht der Hoffnung wurde entzündet. Vielleicht war dieses altertümliche Relikt für mich bestimmt – von wem, darüber konnte ich mir jetzt keine Gedanken machen –, als eine allerletzte Möglichkeit.
    Aber ich kann sie doch nicht gegen Aaron verwenden! Dieses Ding war nur zu einem Zweck gedacht: zum Töten. Und wenn ich, der ich auf der Seite des Guten stand, ihn damit töten würde, hätte Olaf trotzdem gewonnen. Bruder tötet Bruder. Ich spürte, wie meine Zähne knirschten und meine Augen sich mit Tränen füllten wegen all der Last, die auf meinen Schultern wog, die Last ganzer Welten.
    Und so lag ich wenigstens für einen Moment still und ruhig auf dem Boden und fragte

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