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Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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kribbelte.
    Bislang nichts. »Rick?« Keine Antwort. Keine Kleiderfetzen. Kein Blut. »Rick?«
    »Chris.« Phils Stimme, flach und neutral. Er stand dort, wo wir hineingegangen waren.
    Ich arbeitete mich zurück und fand ihn beim größten Baum. Er wies auf den Boden davor. Dort lag die Bierdose, zur Hälfte aufgerissen wie eine durchschnittene Kehle, und ruhte in einer schaumigen Pfütze.
    »Der Druck?« fragte ich. »Er hat ziemlich fest geworfen.«
    »Vielleicht. Aber er hat sie vorher nicht geschüttelt oder so. Er hat sie nur geworfen, das ist alles.«
    Wir standen noch einen Augenblick so da, still, nachdenklich, von Sorge zerfressen. Dann äußerte ich eine ziemlich unwahrscheinliche Erklärung. Doch ich griff nach jedem Strohhalm, um all dies auf natürliche Weise erklären zu können. Und auch, wenn ich selbst nicht daran glaubte, mußte ich mir doch wenigstens den Anschein geben. »Phil … glaubst du, daß da irgendwo diese Arschlöcher aus Harden sind? Daß seine Freunde zurückgekommen sind in der Hoffnung, daß wir wieder hier auftauchen?«
    Phils Gesicht wurde käseweiß, und seine Augen weiteten sich. »Vielleicht, aber – sie kennen Twang nicht, und … wir waren damals mit deinem Auto hier …«
    »Aber an uns würden sie sich ohne Zweifel erinnern.«
    »Die haben keinen Streit mit Rick!«
    »Glaubst du, daß solche Typen sich um sowas kümmern?« Ich hob das Werkzeug auf meine Schulter und überblickte die ganze Umgebung. »Also was machen wir jetzt? Sollen wir weitersuchen oder zurückfahren, um es zu melden?«
    Phil schloß fest die Augen, als könnte er so alles verschwinden lassen, bevor er sie wieder öffnete. »Ich habe echt eine Scheißangst vor dem, was wir finden könnten, aber laß uns bleiben.« Und das taten wir. Wir schalteten die Scheinwerfer aus, um die Batterie zu schonen. Phil und ich stöberten noch eine halbe Stunde im Hain, weiteten unsere Suche dann auf die Lichtungen aus. Je länger wir blieben, desto weniger Sinn ergab meine Harden-Erklärung. Ich war der, den sie haben wollten, und sie hatten genügend Möglichkeiten gehabt, mich dort draußen zu erwischen.
    Wir gaben nach zwei Stunden auf. Auf dem Weg zurück in die Stadt sprachen Phil und ich kein Wort. Phil krallte sich ins Lenkrad und nagelte seinen Blick auf die Straße. Ich weiß nicht, wie es ihm erging, aber ich zitterte noch immer. Tränen würden später kommen. Im Augenblick war ich zu erstarrt. Ich nehme an, daß wir uns fragten, was wir der Polizei erzählen sollten, unseren Eltern, unseren Freunden. Und hauptsächlich fragten wir uns wohl, was wir uns selbst erzählen sollten.
    Doch ich hatte ein Geheimnis, das Phil nicht in seine Überlegungen einbeziehen mußte. Etwas war dort draußen, das mich heimsuchte. Ich spürte es. Und es vertrieb sich die Zeit damit, sich in meine Welt zu drängen, und ließ mir keine Möglichkeit, eine Erklärung zu suchen oder die zu warnen, die mir nahestanden.
    Und was es auch war, es war der kleinen Spielchen müde.

Zweiter Teil:
VORHÖLLE
     
14.
     
    Ricks Verschwinden fiel unter die Gerichtsbarkeit des Sheriffs, und Phil und ich mußten in jener Nacht noch viele Fragen beantworten. Um wieviel Uhr kamen wir in Pleasant Hills an? Welche Tätigkeiten übten wir dort aus? Um wieviel Uhr fand Ricks mutmaßliches Verschwinden statt? Warum hatten wir so lange damit gewartet, es zu melden?
    Der Beamte, der unsere Aussage aufnahm, war durch und durch ein Arschloch, der mehr an unseren Vergehen interessiert schien als an Ricks ›mutmaßlichem‹ Verschwinden. Ob wir uns darüber im klaren seien, daß Pleasant Hills noch immer Privateigentum war, und daß man uns vielleicht wegen Hausfriedensbruch anklagen könne? Und wenn wir dachten, wir hätten ihn gelinkt, weil wir nicht erwähnten, ein paar Bier getrunken zu haben, dann sollten wir besser noch einmal nachdenken.
    Der Beamte beugte sich vor und tippte mit seinem Stift grinsend auf ein Formblatt, das er ausgefüllt hatte. »Und es ist wohl offensichtlich, daß ihr Jungs noch nicht volljährig seid.«
    Ich kam näher, sehr viel näher, um ihm zu sagen, wo er sich seine Formblätter, seinen Stift, seine Hausfriedensbrüche und seine ganze beschissene Einstellung hinstecken könnte. Doch Phil nahm mein Handgelenk und hielt mich fest, bis der Anfall vorüber war. Ich hätte Rick keinen Gefallen damit getan, dem Gesetz ans Bein zu pinkeln.
    Sie schickten einen Wagen nach Tri-Lakes, um die Sache zu überprüfen, doch Phil und ich

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