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Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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seines Mundes zuckte. »Wer schwebt dir dabei vor?«
    »Mr. Goddard. Wir sollten morgen früh als erstes mit ihm reden. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe eine Menge Respekt vor dem Mann. Wir könnten gemeinsam hingehen. Was denkst du?«
    »Warum nicht? Was haben wir schon zu verlieren?«
    »Der Unterricht fängt um halb neun an«, sagte ich. »Sagen wir, daß wir um acht losfahren?«
    »In Ordnung.«
    Dann schloß ich seine Tür, denn die Dinge, die als nächstes kamen, verlangten das. Verschlossene Geheimnisse, verschlossene Leben. Ich setzte mich auf das andere Ende seines Bettes und sah ihn für einen Moment an.
    »Zu dem, was ich heute nachmittag erfahren habe«, sagte ich. »Du hast dich nie so sehr für unsere Abstammung interessiert wie ich, oder?«
    Er schüttelte den Kopf. »Aber das hast du ja für mich wettgemacht.«
    »Nun, es ist an der Zeit, daß du dich auch dafür interessierst«, sagte ich und fing dann an, jene lange, lange Geschichte zu erzählen. Wie all die Dinge, die ich Aaron bislang noch nicht erzählt hatte, wie die Visionen und die Sache mit der Streitaxt zusammenpaßten.
    Und obwohl ich das erst viel später erfuhr, geschah das ungefähr zur gleichen Zeit, als Hürdenspringer wieder zum Einsatz kam. Er ließ White Trash Joe ein Geburtstagsgeschenk für sich besorgen. Sagte er jedenfalls.
    Es dauerte nicht lange. Sobald das Bargeld erschien, zogen Joes Transaktionen sich nie allzu lange hin. Er steckte die über hundert Dollar ein. Und hoffte, daß dem Vater des fetten Jungen die Armbrust gefallen werde.
    Als ich älter wurde, lernte ich, daß nur wenige Dinge nach Plan verlaufen. Die wohlgefügten Pläne von Mäusen und Menschen und all das.
    Irgendwie versagte mein Wecker am Mittwochmorgen, und ich schlummerte weiter. Aaron unterbrach Guten Morgen, Amerika, um nach mir zu sehen, und weckte mich. So waren wir nur ungefähr fünf Minuten hinter der Zeit. Doch es wartete weit mehr Ärger auf uns.
    Ich hatte Probleme mit dem heißen Wasser, nachdem ich mich mit Seife und Shampoo eingeschäumt hatte. Theoretisch sollten kalte Duschen nur sehr kurz dauern, doch das funktioniert nicht, wenn man sich nur stellenweise abzuduschen traut. Die Titanic war in wärmerem Wasser untergegangen.
    Mein bewährter Föhn gab mit einem Knall, auf den stinkender Qualm folgte, den Geist auf.
    Dad hatte an diesem Morgen Schwierigkeiten, seinen Lieferwagen zu starten, der uns die Ausfahrt versperrte.
    Weder Aaron noch ich sagten etwas, doch ich wußte, daß wir den gleichen Gedanken hatten. Es war, als würde etwas da draußen uns Steine in den Weg werfen.
    Um Viertel nach acht fuhren wir endlich los. Der Weg zur Schule dauerte weitere zehn Minuten. Das Gebäude, in dem Mr. Goddard Unterricht erteilte, war voller Lärm und Tumult, als wir es betraten. Die Schüler warfen krachend die Türen der Schließfächer zu, brüllten, lehnten sich an die Wand, taten alles, um gegen die unausweichliche erste Stunde dieses Tages aufzubegehren. Wir stiegen die Treppe hoch zum ersten Stock.
    Aaron und ich gingen den Gang entlang zum Ende des Gebäudes, wo Mr. Goddards Klassenzimmer lag. Als die Klingel ertönte, war der Gang leer außer einigen Bummlern, Aaron und mir und Mr. Goddard, der gerade Wasser aus dem Hahn vor seiner Tür am Ende der Halle trank.
    »Na, da haben wir ja noch ’ne ganze Menge Zeit«, sagte Aaron, und jedes bißchen Sarkasmus, das ich in seiner Stimme hörte, war ernst gemeint.
    Mr. Goddard erhob sich vom Becken, sah uns und versteinerte. Warf uns einen schiefen Blick zu. Winkte, als er entschied, daß wir Freunde und keine Feinde seien. Und wartete auf uns. Er trug Jeans und einen Pullover mit einem Muster springender Rentiere. Sein Bart hatte sich seit dem Spiel beträchtlich entwickelt.
    »Hallo, Chris. Bringst du deinen schulschwänzenden Bruder persönlich zurück?« Er sagte das leichthin; Mr. Goddard war nie besonders streng gewesen, was Anwesenheit betraf. Er trat gegen einen Zigarettenstummel auf dem Boden und ließ ihn über den Boden zur Treppe flitzen. Die Treppenflucht war ein gewundener, grauer Hals, der nach unten führte.
    »Wir müssen mit Ihnen reden«, sagte ich.
    Sein Gesicht verfinsterte sich, als er sah, wie ernst es uns war. Er blickte in sein Klassenzimmer. Einige Schüler reckten die Hälse, um uns besser sehen zu können. »So wichtig?«
    »Ja, das ist es.«
    Mr. Goddard rieb sich nachdenklich den Bart. »Gebt mir eine Minute, damit ich diesen Typen sagen kann, daß

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