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Runen

Runen

Titel: Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Snæland Jònsson
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seufzte Susan. »Sie haben mir das Handy abgenommen.«
    »Ist die Tür verschlossen?«, fragte Melkorka.
    »Ja.«
    Melkorka versuchte, ihre Kräfte zusammenzunehmen.
    »Weißt du, wie spät es ist?«
    »Ungefähr acht.«
    »Abends?«
    »Ja. Du hast ein paar Stunden geschlafen.«
    Melkorka spürte den Zorn in sich wachsen.
    |261| Sie taumelte zur Tür und versuchte, sie zu öffnen. Vergeblich.
    »Gib mir den Stuhl«, bat sie.
    Susan reichte ihn schon zu ihr rüber, und sie hob ihn hoch und schlug ihn mit der ganzen Kraft ihrer Wut gegen die Tür. Schon beim ersten Hieb begann das Holz nachzugeben.
    Melkorka hörte erst auf, als der Stuhl zwar völlig zertrümmertwar, sie aber ein Loch in die Tür geschlagen hatte. Susan konnte hindurchfassen und sie von außen öffnen.
    Verschwitzt und keuchend stand Melkorka im Raum und hielt noch ein Stück von der Stuhllehne in der Hand.
    Susan kam schnell zurück: »Hier gibt’s kein Telefon.«
    Melkorka ging in den versifften Toilettenraum. Dort beugte sie sich über das Waschbecken und wusch sich mit zitternden Händen das Gesicht. Dann trank sie Wasser aus der hohlen Hand, um ihren brennenden Durst zu löschen.
    Als sie sich im Spiegel sah, erschrak sie. Ihr Gesicht war leichenblass. Ihr langes rotes Haarwar feuchtvom Schweiß, zerwühlt und wirr.
    »Ich habe meine Handtasche in der Stube draußen gefunden«, sagte Susan und reichte ihr eine Bürste und ein Taschentuch.
    »Hast du eine Ahnung, wer diese Unmenschen waren?«, fragte Melkorka.
    »Nein. Glaubst du, die haben im Auftrag dieser deutschen Mörderin gehandelt?«
    »Warum hätten sie das tun sollen?«, fragte Melkorka sich ebenso wie Susan. »Greta wusste genau, dass ich ihr die Dokumente als Lösegeld für Darri überlassen wollte.«
    »Aber wer kommt denn sonst in Frage?«
    |262| »Aus demselben Grund hatte sie auch keine Veranlassung, uns auf dem Kehlstein oben in einen Hinterhalt zu locken«, fügte Melkorka hinzu.
    »Aber wer dann?«
    Melkorka gab ihr seufzend die Bürste zurück.
    »Ich habe keinen Schimmer mehr, was eigentlich los ist«, seufzte sie müde. »Ich weiß nur das: Wenn diesen Verbrechern mein Paket in die Hände fällt, habe ich nichts mehr, um meinen Sohn zu retten.«
    »Du hast doch die Tagebücher noch, oder?«
    »Das schon. Die Ganoven von vorhin waren aber offenbar nur noch an den Geheimdokumenten zur Mission der SS-Leute interessiert.«
    »Moment mal«, sagte sie und sah Susan an. »Wann sind diese maskierten Ungeheuer eigentlich abgehauen?«
    »Zwischen drei und vier Uhr.«
    »Dann ist es nicht sicher, ob sie noch genug Zeit hatten, an das Expresspaket nach Island zu kommen, bevor es ins Flugzeug verladen wurde.«
    Susan zuckte die Schultern.
    »Haben sie vielleicht den Leihwagen dagelassen?«
    Susan blickte durch das kleine Fensterchen in der Tür der alten Hütte.
    »Tatsächlich, da steht er noch«, meinte sie. »Aber wir haben keine Schlüssel.«
    »Die könnten noch im Auto sein.«
    Ohne zu zögern, trat Melkorka in die Abenddämmerung hinaus, die das alte Holzhaus mittlerweile umgab. Schwere Wolken verdeckten die Sterne, der Mond war nirgends zu sehen. Sie öffnete die Tür des Geländewagens und suchte überall nach dem Schlüssel.
    |263| »Mist, sie sind nicht im Wagen«, berichtete sie, als sie wieder in die Hütte kam. »Hast du sie hier irgendwo gefunden?«
    »Nein«, kam es von Susan aus dem Toilettenraum. »Ich habe überall gesucht, außer in den Küchenschränken.«
    Melkorka öffnete Schubladen und Schränke, fand aber nichts. Die Maskierten hatten sie und die Handys mitgenommen.
    In einem der Unterschränke stieß sie allerdings auf den schwarzen Rucksack. Laptop und Georadar waren noch da. Eilig fuhr sie den Computer hoch, doch in keiner Ecke der Hütte fand sie eine auch nur annähernd ausreichende Verbindung.
    Susan war noch auf der Toilette, als Melkorka hörte, dass sich ihre Atmung plötzlich anders anhörte. Ihr wurde klar, dass ihre Freundin kurz vor einem Asthmaanfall stand. Sie sprang auf, eilte zu ihr und fand sie dort nach Luft ringend.
    »Wo ist dein Spray?«
    »In m-einer Jacken-tasche …«, keuchte Susan angestrengt.
    Melkorka eilte in den Vorraum, wo Susans helle Jacke an einem Haken hing. Sie suchte in beiden Taschen gleichzeitig. Dann zog sie langsam die Hände heraus.
    Ungläubig starrte sie auf den Schlüsselbund in ihrer Hand und wollte ihren Augen nicht trauen.
    Das Ford-Emblem ließ keinen Zweifel zu: die Schlüssel das Geländewagens.
    Die Schlüssel,

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