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Runen

Runen

Titel: Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Snæland Jònsson
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Wand herab zu Boden.
    »Wer sind diese Männer?«, fragte sie erschöpft.
    »Das weiß ich nicht«, kam es von Susan.
    »Wusste er, dass du mich abholen wolltest?«
    »Ja.«
    »Hast du es ihm gesagt?«
    »Nein.«
    »Wer dann?«
    »Ich verstehe das nicht«, antwortete Susan kopfschüttelnd. |257| »Sie müssen uns schon die ganze Zeit beobachtet haben.«
    »Hast du eine Stimme erkannt?«
    »Nein, keine.«
    Die Tür wurde aufgerissen. Das schmächtige Bürschchen stand mit Pistole im Türrahmen.
    »Wo sind die Dokumente?«
    »Was für Dokumente?«
    »Du weißt genau, welche Dokumente ich meine.«
    »Ich habe sie nicht.«
    »Sie waren heute Nacht aber im Rucksack«, sagte der Schmächtige.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Was hast du damit gemacht?«
    Melkorka zuckte die Schultern.
    Der Mann mit der Pistole trat zur Seite, um seinem Kompagnon Platz zu machen, der mit einem Stuhl in der einen Hand und einer Plastikschnur in der anderen den engen Raum betrat. Er knallte den Stuhl auf den Boden und stellte sich dahinter auf.
    »Setz dich!«, fauchte er.
    Melkorka blieb bewegungslos am Boden sitzen.
    »Denk nur nicht, dass ich davor zurückschrecke, auf dich zu schießen«, sagte der mit der Pistole. »Zuerst auf die Hände, dann auf die Füße, und immer so weiter, bis nur noch dein Kopf übrig ist.«
    »Du musst tun, was er sagt«, hörte sie Susan sagen.
    Widerwillig erhob sich Melkorka und nahm auf dem Stuhl Platz. Der Maskierte band ihre Arme fest an die Lehne.
    »Du hast genau zwei Möglichkeiten«, sagte der mit der |258| Waffe und hielt ihr den Pistolenlauf vor die Augen. »Die eine tut dir nicht weh, die andere schon. Beide führen am Ende zum selben Ergebnis. Uns ist es deshalb scheißegal, welche du wählst.«
    Melkorka starrte mit angstweiten Augen in den Pistolenlauf.
    »Sag ihnen, wo die Dokumente sind«, bat Susan.
    Melkorka schüttelte den Kopf: »Ich brauche sie als Lösegeld für mein Kind.«
    Der Schmächtige nickte dem anderen zu. Der verschwand, kam aber gleich darauf mit einer Spritze und einem Arzneifläschchen zurück.
    »Was ist das?«, fragte Melkorka entsetzt.
    Der Bewaffnete sah zu, wie der andere die Spritze mit einer klaren Flüssigkeit aufzog, und erklärte heiter:
    »Ein Zaubermittel, das bringt dich dazu, uns die Wahrheit zu sagen. Die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit.«
    |259| 56
    Melkorka glaubte ohne Halt in unendlich tiefem Treibsand zu versinken, der sich von allen Seiten dicht an ihren Körper schmiegte. Ihre Sinne waren wie von einem unbekannten Fluidum durchströmt. Verzweifelt strampelte sie und warf den Kopf hin und her und versuchte sich aus diesem seltsamen Sog zu befreien. Aber er blieb unfassbar wie Himmelsäther.
    »Nur ruhig, ganz ruhig«, hörte sie ein Flüstern von weit her.
    Sie wälzte sich auf die Seite und versuchte weiter, sich der unsichtbaren Fesseln zu entledigen.
    »Trink das.«
    Sie machte eine heftige Bewegung, worauf ihr ein Schwall warmer Flüssigkeit auf Gesicht und Brust spritzte.
    »Bleib ruhig. Alles wird gut«, wiederholte die Stimme, jetzt viel näher.
    Melkorka nahm sanfte Hände wahr, die auf ihr ruhten, während sie allmählich wieder zu sich kam und in die Wirklichkeit zurückfand.
    Ihr Kopf lag in Susans Schoß, die in dem kleinen fensterlosen Raum auf dem Boden kniete, wo die Maskierten ihr das Serum verabreicht hatten.
    Bruchstückhafte Erinnerungen an das Verhör zogen durch ihren Geist wie dunkle Hügel in undurchdringlichem |260| Nebel. Da waren beharrlich wiederholte Fragen. Sie hatte krampfhaft versucht, die Fragen zu beantworten, ohne die Wahrheit zu sagen. Ihr Gehirn wollte aber kein Geheimnis mehr bewahren.
    »Wo sind die Schweine?«, fragte sie schwach.
    »Weg«, kam es von Susan.
    Melkorka suchte nach Hinweisen, ob sie den beiden Männern am Ende verraten hatte, was sie mit den Dokumenten gemacht hatte. Aber sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern.
    Sie richtete sich auf. Unwillkürlich dachte sie an die Risse und Löcher im schwarzen Overall, als Susan ihr auf die Füße half. Melkorka musste sich an ihre Freundin klammern, um nicht wieder umzusinken.
    »Was habe ich denen verraten?«
    »Du konntest gar nicht anders, als ihnen die Wahrheit zu sagen. Aber du kannst nichts dafür. Es war das Mittel.«
    Melkorka stützte sich auf Susan, bis ihr nicht mehr schwindelte. Dann lehnte sie sich an die Wand und ließ tieftraurig den Kopf hängen.
    Sie hatte ihren kleinen Sohn verraten.
    »Ich konnte niemanden anrufen«,

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