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Runen

Runen

Titel: Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Snæland Jònsson
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Rechtsanwalt in Reykjavík, sandte.
    Den gelben Abschnitt mit der Paketnummer rollte sie eine Zeitlang unschlüssig zwischen den Fingern hin und her. Dann faltete sie ihn zusammen und steckte ihn kurzerhand tief in ihren Büstenhalter. Dann kaufte sie sich ein Handy mit Prepaidkarte und rief Kári an, um ihm die Nummer weiterzugeben, und berichtete ihm auch von der Postsendung.
    Als Nächstes musste sie nach München und von da zurück nach Island, nach Hause. Sie beschloss, umgehend mit Susan Houston Kontakt aufzunehmen, um zu erfahren, ob sie sich weiterhin im Sommerhaus in Strub aufhielt. Melkorka hatte Susans Handynummer auf dem USB-Stick gespeichert, den sie immer bei sich trug. Sie öffnete den Rucksack und schaltete den Laptop ein, den Jack Powell bei der Suche im Adlerhorst verwendet hatte. Das Gerät funktionierte, obwohl das Gehäuse Schaden genommen hatte. Der USB-Stick wurde erkannt, und sie fand die Nummer.
    Nach längerem Klingeln ging Susan endlich ans Telefon. Sie schien von vielen Leuten umgeben zu sein; zumindest |254| klangen die Hintergrundgeräusche wie unverständliches Gemurmel.
    »Wo bist du?«, fragte Melkorka.
    Susan schien von Melkorkas Anruf völlig überrascht: »Melkorka? Bist du das wirklich?«
    »Ja. Wo steckst du gerade?«
    »Ich bin gerade einkaufen.«
    »Hast du Alan gesehen?«
    »Er liegt im Krankenhaus. Was ist euch denn passiert?«
    »Alan lebt also?«
    »Ja, ja. Jack sagt, dass er viel Blut verloren hat, aber schon wieder auf den Beinen ist und noch vor heute Abend entlassen werden will.«
    »Hast du den Leihwagen?«
    »Ja.«
    »Dann komm und hol mich ab«, bat Melkorka und erklärte Susan, wohin sie kommen sollte.
    Einige Minuten später setzte sie sich nahe des Busbahnhofes in ein kleines Café. Sie bestellte ein Sandwich und schwarzen Kaffee und versuchte, so unauffällig wie möglich zu wirken, während sie auf ihre Freundin wartete. Sie hatte keinen Appetit, zwang sich aber dennoch, etwas zu essen.
    Angst und Schrecken lähmten sie. Sie ignorierte die heftigen Schmerzen, die nach dem Absturz im Kehlstein noch immer in ihrem Körper tobten. Ihre Gedanken drehten sich allein darum, wie sie Darri aus den Klauen dieser skrupellosen Menschenräuber befreien konnte. Sie würde alles tun, könnte sie dafür nur ihr Kind wieder in den Armen halten.
    |255| 55
    Susan Houston fuhr den Ford-Geländewagen, den Alan Sexton am Flughafen München gemietet hatte, auf den Gehweg vor dem Busbahnhof.
    Melkorka setzte sich neben ihre Freundin, ließ den Rucksack zwischen ihre Füße auf den Wagenboden fallen, schnallte sich an, legte den Kopf zurück und atmete auf.
    »Du siehst echt schlimm aus«, bemerkte Susan und fuhr los. »Fast so, als wärst du unter einen Zug geraten.«
    Melkorka schloss die Augen. Sie brauchte jetzt erst mal eins: Ruhe.
    »Ich brauche jetzt vor allem ein heißes Bad und will die nächsten Stunden keinen Finger rühren«, stöhnte sie nach längerem Schweigen.
    »Das überrascht mich nicht.«
    Irgendetwas in Susans Stimme brachte Melkorka dazu, die Augen wieder zu öffnen. Sie sah die junge Amerikanerin an. Susan konzentrierte sich auf den Verkehr und hielt den Blick starr geradeaus gerichtet.
    »Gib mir den Rucksack«, hörte Melkorka eine junge Männerstimme hinter sich.
    Melkorka wandte den Kopf und sah direkt in die Öffnung eines Pistolenlaufs.
    »Was …?«
    »Ganz ruhig bleiben«, sagte das schmächtige Bürschchen |256| in der Mitte der Rückbank. Es war schwarz gekleidet, trug eine dunkle Haube über dem Kopf und richtete eine massive Pistole auf Melkorka.
    »Er hat auf mich im Wagen gewartet, als ich aus dem Einkaufszentrum kam«, sagte Susan. »Ich musste ihm gehorchen.«
    Melkorka seufzte schwer auf, nahm den schwarzen Rucksack mit beiden Händen hoch und reichte ihn nach hinten, wo ihn der junge Kerl entgegennahm.
    »Besten Dank«, sagte er.
    Bei jeder Straßenkreuzung gab er Susan Anweisung, wie sie zu fahren hatte, bis sie die Ortschaft verlassen hatten und in ein dichtes Waldgebiet kamen.
    »Wohin bringst du uns?«, fragte Melkorka.
    »Alles zu seiner Zeit.«
    Der holprige Waldweg endete schließlich vor einer alten Holzhütte, die von allen Seiten von Bäumen umgeben war. Sie schien verlassen zu sein.
    Aber das war sie nicht. Als Melkorka und Susan mit der Pistole im Rücken eintraten, empfing sie ein zweiter Maskierter. Er führte sie in einen kleinen, fensterlosen Raum, schaltete die Deckenlampe ein und schloss die Tür ab.
    Melkorka rutschte an der

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