Runen
und v. Ramstein geworden, geschweige denn aus all dem Gold, das sich den Dokumenten aus dem Adlerhorst nach an Bord des U-Bootes befunden hat? Das sind die Fragen, auf die wir eine klare Antwort haben wollen. Übrigens nicht nur wir, sondern noch einige andere auch.
«
Seit der Beerdigung ihres Großvaters war Melkorka nicht mehr nach Heimaey geflogen. Jetzt aber hatte sie hierherkommen müssen, um einige unerledigte Dinge im Nachlass ihres Großvaters zu regeln. Sie zog die triefnasse Regenbekleidung aus und machte sich einen Kaffee, um etwas belebende Wärme in den Körper zu bekommen. Dann setzte sie sich mit der Tasse ans Küchenfenster und sah eine Weile dem Regen zu, wie er auf die Straße prasselte.
Danach trug sie ihre Reisetasche die knarzende Holztreppe hinauf und öffnete die Tür zum Schlafzimmer ihres Großvaters. Mitten auf der Schwelle blieb sie wie angewurzelt stehen. Ihr bot sich ein Anblick der Verwüstung. Irgendjemand war wie ein isländischer Wintersturm durch Kleiderschrank, Kommode und Nachttisch gefegt. Die Schubladen waren auf dem Bett geleert worden. Anzug, Hosen, Hemden, Unterwäsche, Socken und Krawatten lagen in wildem Durcheinander auf dem Boden.
Melkorka setzte die Reisetasche ab und eilte über den Flur zum Bücherzimmer. Auf dem Weg bückte sie sich unwillkürlich, um einige Bücher aufzuheben, und legte sie auf den alten Sekretär, Höskuldurs ehemaligen Schreibtisch und Archiv. Der Einbrecher hatte auch hier alle Schubladen herausgerissen und ihren Inhalt auf dem Boden verstreut. |305| In den Bücherregalen an den Wänden war kaum mehr ein Buch. In wilden Haufen lagen sie auf dem Parkett.
Sie zog den Schreibtischstuhl heran, setzte sich und rief Kári an. Er riet ihr, sofort die Polizei einzuschalten.
»Ich verstehe das nicht«, meinte Melkorka. »Im ganzen Haus ist nichts besonders Wertvolles, weswegen sich ein Einbruch lohnte.«
»Vielleicht hat der Dieb ja auch nach etwas Besonderem gesucht?«, überlegte Kári. »Erinnerst du dich noch an die Zahlen, die dein Opa dir hinterlassen hat?«
»Was für Zahlen?«
»Na, der Zettel, den dir Aðalsteinn Indriðason gegeben hat.
Zur Lösung aus Læðingur.
«
»Ach so, der.«
»Der Geschichtsprofessor Njáll hat mir erzählt, dass der Ausdruck
Aus Læðingur lösen
aus der alten nordischen Mythologie stammt«, fuhr Kári fort. »
Læðingur
war wohl eine der drei Zauberfesseln, die Óðinn verwendete, um den mythologischen Wolf Fenrir zu binden. Der konnte sich trotzdem aus der Fessel befreien. Er zerriss sie einfach und lief davon. Dein Opa muss dir diesen Ausdruck und die Zahlen dazu absichtlich aufgeschrieben haben. Vielleicht wollte er dir einen Hinweis geben, dass du irgendein Geheimfach mit einem Code öffnen musst.«
»Wahrscheinlich«, stimmte Melkorka zu.
»Zum Beispiel einen Tresor mit Zahlenkombinationsschloss. Hat dein Opa so einen Tresor besessen?«
»Keine Ahnung.«
»Sieh überall gründlich nach, damit du sichergehst.«
»Ja, das ist wohl das Vernünftigste.«
|306| 67
Eine halbe Stunde später traf ein Polizeibeamter ein. Er fotografierte Arbeitszimmer und Schlafzimmer und untersuchte die Fenster und Türen im Erdgeschoss.
»Ich finde keine Spuren eines Einbruchs«, stellte er fest, nachdem er die Aufnahme des Tatorts abgeschlossen hatte. »Alle Fenster sind verschlossen, keine Scheibe ist zerbrochen. Dasselbe gilt für beide Eingangstüren.«
»Wie ist er denn dann hereingekommen?«, fragte Melkorka.
»Entweder hatte er einen Schlüssel zum Haus oder einen Dietrich, um durch die Hintertür zu gelangen. Es ist eigentlich ein Kinderspiel, das Schloss da hinten aufzukriegen.«
»Und was nun?«
»Wir brauchen von dir eine schriftliche Liste über alles, was aus dem Haus verschwunden ist«, antwortete der Beamte. »Dann sehen wir nach, was wir davon bei unserer Stammkundschaft wiederfinden, die für die meisten Einbrüche hier auf Heimaey verantwortlich sind.«
»Meinst du Drogenabhängige?«
»Ja. Es würde mich nicht wundern, wenn sich hier nicht einer von ihnen zu schaffen gemacht hätte.«
Melkorka fiel es schwer, gegen diesen Verdacht Argumente zu finden. Drogenabhängige waren dafür bekannt, dass sie in zeitweilig verlassene Wohnungen einbrachen, um |307| Elektrogeräte und andere Wertgegenstände zu stehlen. So beschafften sie sich das Geld für ihre Sucht. Das wusste Melkorka. Trotzdem schien das Durcheinander eher darauf hinzudeuten, als hätte der Eindringling gezielt nach etwas gesucht.
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