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Runen

Runen

Titel: Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Snæland Jònsson
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Unterfangen herausgestellt, eben weil sie unter verschiedenen Namen operierte. Es galt aber als gesichert, dass Greta Richthoven in den letzten vier Jahren etwa anderthalb Millionen Euro von europäischen Banken abgehoben hatte.
    Guðjón nahm einen Schluck Wein. Dabei übertrug er die Summe im Kopf von Euro in isländische Kronen und spekulierte, woher all das Geld kommen mochte.
    Auf diese Schlüsselfrage hatten die Verfasser keine Antwort. Greta Richthoven hatte jedes Konto immer nur ein einziges Mal benutzt. Die Einzahlungen auf all ihren Konten landeten über komplizierte Umwege bei obskuren Briefkastenfirmen, die auf Inseln unter der karibischen Sonne registriert waren. Niemand schien davon aber Genauereswissen zu wollen. Die Spuren waren immer penibel verwischt worden.
    |293| Europol hatte keine lebenden Verwandten ausfindig machen können, die Näheres zu Greta hätten berichten können. Ihre Eltern, Reinhard und Elise Richthoven, waren vor mehr als einem Jahrzehnt bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Nach dem Geburtsregister war Greta ihr einziges Kind gewesen. Über den Lebenslauf der Eltern war wenig bekannt. Reinhard Richthoven war bis zum Mauerfall beim Bundesnachrichtendienst tätig gewesen. 1991 hatte er zum BIS Deutschland gewechselt. Zwischen Greta und diesem Unternehmen oder der Mutterfirma in den USA konnten keine Verbindungen nachgewiesen werden.
    BIS Deutschland?
    Guðjón gab den Namen kurzerhand in eine Suchmaschine ein und fand heraus, dass es eine Tochterfirma von BIS in Houston, Texas, war: Brownwater International Security.
    Eine Weile starrte er auf den Firmennamen. Dann stand er auf, ergriff sein Weinglas und nahm einen großen Schluck von dem kräftigen Wein. Er trat ans Fenster und blickte auf die menschenleere Straße vor dem Mehrfamilienhaus.
    Brownwater. Immer wieder Brownwater.
    John Dulles Forster jr., der Ermordete aus dem Gästehaus an der Snorrabraut, war im Auftrag von Brownwater nach Island gekommen. Auch diese arroganten Schnösel, die ihn in der amerikanischen Botschaft verhört hatten, kamen von da. Und Melkorka Steingrímsdóttir war sogar mit Vertretern dieses Unternehmens nach Deutschland gereist, als man ihren Sohn entführt hatte.
    Der Hauptkommissar schnupperte an seinem Weinglas. Blutrotes Abendlicht fiel auf ihn und warf einen riesigen |294| Schatten an die Wand. Wie ein Puzzlespiel bewegte er alle Fakten hin und her, ohne zu einem passenden Bild zu kommen. Woran sollte er festmachen, ob hier nur eine Reihe eigenwilliger Zufälle am Werk war oder ob sich die Fäden eines internationalen Spinnennetzes abzeichneten?
    |295| 65
    Gegen neun Uhr sollte die Postsendung aus Deutschland im Büro von Aðalsteinn Indriðason eintreffen. Aðalsteinn hatte auf Melkorkas Nachricht schnell reagiert. Wie immer war es ihm selbstverständlich, seine seit langer Zeit gewachsenen politischen Verbindungen und freundschaftlichen Beziehungen zu den Oberen bei Polizei und Zoll spielen zu lassen. Er rief direkt beim Polizeipräsidenten und beim obersten Zollchef Islands an. Deren Untergebene bekamen umgehend die Anweisung, die Sendung im Auge zu behalten.
    Es stellte sich als einfache Aufgabe heraus, den Weg der Sendung durch das internationale Postsystem zu verfolgen. Sie brauchte aber länger nach Island, als Melkorka angenommen hatte.
    Der Rechtsanwalt unterhielt sich gerade in seinem Büro mit Alan Sexton, als Melkorka und Kári mit Darri eintrafen.
    »Die Polizei hat die Postsendung auf dem Schirm, seit die Maschine heute Nachmittag in Island gelandet ist«, sagte Aðalsteinn. »Auf isländischem Boden konnte sie keiner klauen, das steht fest.«
    Ein uniformierter Polizeibeamter begleitete den Fahrer des Postautos in Aðalsteinns Kanzlei, wo dieser die Aushändigung der Sendung quittierte.
    »Besten Dank«, sagte er und reichte das Päckchen an |296| Melkorka weiter. Sie hatte es mit eigener Hand adressiert. Sie schauderte bei dem Gedanken, wie knapp sie am Kehlstein mit dem Leben davongekommen war.
    Nachdenklich musterte sie das Päckchen von allen Seiten.
    Alan Sexton sprang auf.
    »Was ist?«, fragte er scharf.
    »Jemand muss es geöffnet und mit einem anderen Klebeband wieder verschlossen haben«, erklärte Melkorka.
    »Das kann beim Zoll passiert sein«, warf Aðalsteinn ein.
    Der Amerikaner riss Melkorka das Päckchen aus den Händen und öffnete es mit zwei raschen Bewegungen.
    »Die Umschläge sind noch drin«, stellte er fest und ließ den Inhalt des dicksten

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