Runenschild
Schwertes schien schon fast mehr zu sein, als er bewältigen konnte, und er musste alle Mühe aufbringen um sich in die
Richtung zu drehen, aus der der König heranstürmte.
Doch Artus kam nicht. Er war stehen geblieben, unmittelbar dort, wo die Steilwand endete und der schmale Pfad
begann, und ein Ausdruck tiefster Fassungslosigkeit begann sich auf seinem Gesicht auszubreiten. Es war nicht
etwa so, als ob er gegen eine unsichtbare Wand geprallt
wäre, ein Hindernis, das es ihm unmöglich machte, weiterzugehen. Er stand einfach da, sah immer noch fassungslos und verwirrt aus, machte aber keine Anstalten, erneut
anzugreifen.
»Er … er kann es nicht«, flüsterte Lancelot. »Gwinneth!
Er kann uns nicht folgen.«
Artus hatte seine Worte gehört und blickte zu ihm herab.
Er sah verstört aus, ein bisschen wütend vielleicht auch,
aber mehr als alles andere überrascht, ja regelrecht schokkiert. Lancelot hielt seinem Blick einen Herzschlag lang
stand, dann schob er stöhnend das Schwert in die Scheide
und drehte sich zu Gwinneth um. Auch sie stand mit aufgerissenen Augen da und starrte abwechselnd ihn und Artus an, aber Lancelot bemerkte auch, dass der dunkle
Fleck über ihrer Schulter größer geworden war. Die Wunde, die Excalibur geschlagen hatte, blutete heftig und sie
zitterte am ganzen Leib. Vermutlich war es nur der
Schock, der sie den grausamen Schmerz nicht vollständig
spüren ließ. Ihnen blieb nicht viel Zeit.
»Weiter«, sagte er. »Schnell.«
Fast hatte er selbst nicht damit gerechnet, doch Gwinneth drehte sich gehorsam um und lief vor ihm den Felsenpfad hinab. In Wirklichkeit nach wenigen Minuten, wie
es Lancelot aber vorkam, nach einer schieren Ewigkeit,
erreichten sie den schmalen Spalt im Fels und betraten die
Höhle.
Gwinneth atmete erleichtert auf, machte noch zwei
Schritte und begann dann zu taumeln. Lancelot konnte
gerade noch hinzuspringen und sie auffangen, als sie zusammenzubrechen drohte.
»Gwinneth! Was ist mit dir?«
Sie versuchte den Kopf zu schütteln, aber selbst diese
Bewegung schien ihre Kräfte zu übersteigen. Lancelot
griff noch einmal und mit größerer Beherztheit zu, als
Gwinneth in seinen Armen erschlaffte. Seine rechte Hand
schmerzte so sehr, dass er am liebsten geschrien hätte,
doch er nahm Gwinneth trotzdem auf die Arme und taumelte weiter. Das unheimliche Glühen, das die Höhle
schon das letzte Mal erfüllt hatte, wies ihnen auch diesmal
den Weg, aber die Strecke erschien ihm hundertmal weiter
als damals. Jeder einzelne Schritt kostete ihn mehr Kraft,
als er eigentlich erübrigen konnte, und als sie endlich das
Ufer des unterirdischen Sees erreichten, da brach auch
Lancelot keuchend in die Knie.
Gwinneth schlug schwer auf dem Boden auf und ließ ein
leises, schmerzerfülltes Wimmern hören, doch Lancelots
Kraft reichte einfach nicht mehr. Er stürzte schwer auf die
Seite, rollte auf den Rücken und brauchte endlose Sekunden, bis er es auch nur schaffte, sich wieder aufzusetzen.
Gwinneth lag neben ihm, hatte die Knie an den Leib gezogen und die rechte Hand gegen die verletzte Schulter gepresst. Er empfand ein Mitleid, das so tief war, dass es ihn
körperlich schmerzte, aber es gab nichts, was er für sie tun
konnte, und das war vielleicht das Allerschlimmste.
Zudem wurde der Schmerz in seiner verbrannten rechten
Hand immer unerträglicher. Er vermutete nicht, er konnte spüren , dass Artus’ Schwerthieb, den er mit der Runenklinge abgefangen hatte, ihm mindestens zwei oder drei
Finger gebrochen hatte, wenn nicht alle. Zitternd hob er
den rechten Arm vors Gesicht und stellte ohne die mindeste Überraschung fest, dass Blut aus seinem Panzerhandschuh tropfte. Er richtete sich auf Hände und Knie hoch,
kroch mühsam die beiden letzten Schritte zum Ufer des
Sees und zerrte sich vor Schmerz wimmernd den Handschuh von der Rechten.
Der Bewusstlosigkeit näher als dem Wachsein, tauchte
er die Hand ins Wasser um sie zu kühlen.
Der Schmerz erlosch. Nicht die erwartete Kälte, sondern
im Gegenteil ein Gefühl angenehmer, weicher Wärme
begann sich in seiner Hand und dann im ganzen Arm breit
zu machen, und anstelle des grausamen Pochens, das mittlerweile seine gesamte rechte Körperhälfte erfüllt hatte,
durchströmte neue Kraft und wohltuende Schwere seine
Glieder.
Verblüfft zog Lancelot die Hand wieder aus dem Wasser. Die Brandwunden waren nicht verschwunden, aber sie
sahen schon längst nicht mehr so schlimm aus wie noch
vor einem
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