Runenschwert
schüttelte den Kopf und befestigte die Sehne an seinem Bogen. » Ich glaube, es sind nicht die Dorfbewohner«, meinte er. » Und sie sind auch nicht von hier. Es sind alles Männer, keine Frauen oder Kinder. Sie sehen arm aus wie Leibeigene, nur dass sie Waffen haben.«
Er hatte recht. Es war eine so jämmerliche, abgerissene Diebesbande, wie man sie sich kaum vorstellen konnte, die hier auf den Dorfplatz gestolpert kam. Sie trugen Wasserschläuche, und ihr Ziel war zweifellos der Brunnen. Ein kühler Wind blies den Sand der letzten Nacht über den Platz und häufte ihn an der Wand des Troges auf, dessen Wasser trüb war.
Als sie sahen, wie wir uns formierten – unser Schildwall reichte von einem Ende des Platzes zum anderen –, blieben sie stehen und liefen ratlos durcheinander. Ich hörte, wie sie » Varangii« riefen, woraus ich entnahm, dass einige von ihnen Griechen waren. Abtrünnige aus der Armee der Großen Stadt, dachte ich.
Sie schienen immer noch unentschlossen, und ich wartete darauf, dass ihr Anführer sich zu erkennen gab. Finn jedoch kaute schon wieder auf seinem römischen Nagel herum und verlangte, wir sollten sie jetzt angreifen, solange sie noch darüber nachdachten.
Dann erschien der Anführer, ein Grieche oder Jude, seinen öligen schwarzen Locken und dem Bart nach zu urteilen. Er schwang einen krummen Säbel, trug aber ein nordisches Kettenhemd – was man mühelos an den dicken Kettengliedern erkannte. Die der Sarazenen waren feiner, weil sie in der Hitze leichtere Kettenhemden vorzogen. Damit war der Fall für mich klar, denn an so ein Kettenhemd konnte der Schwarzbart nur auf eine Art und Weise gekommen sein.
» Jetzt«, sagte ich leise, und Finn gab brüllend das Kommando zum Schildwall, während das Rabenbanner sich in der kräftigen Morgenbrise entfaltete, die in diesem Moment aufkam und Sand und Kies aufwirbelte und zu neuen Mustern ordnete. Ich sah darin ein Gesicht mit einem Auge und fragte mich, ob das ein Omen sei.
Jetzt hätten sie flüchten sollen, aber der Anführer sah, was für ein kleiner Haufen wir im Vergleich zu seinem Heer waren, und das, verbunden mit der Tatsache, dass sie Wasser brauchten, machte ihn kühn. Er knurrte und schwang seinen kleinen gebogenen Sarazenensäbel, dann streckte er ihn vor und griff an. Seine Männer folgten mit Geheul. Bis sie uns erreicht hatten, war Schwarzbart natürlich eine oder zwei Reihen zurückgefallen.
Ich hatte keine Zeit gehabt, viel nachzudenken, als sie uns auch schon gegenüberstanden. Ein Speer stürmte auf mich zu, dahinter ein verzerrtes Gesicht mit wirrem Haar und Bart, wie ein tollwütiges Tier, das aus dem Dickicht bricht. Mit der flachen Klinge schlug ich die Speerspitze zur Seite, dann ging ich mit Überhandhieben vorwärts. Der ausgemergelte Mann zögerte, dann sprang er zurück. Seine Bewegungen schienen langsam, doch er verstand etwas vom Speerkampf.
Er war mal Soldat gewesen, dachte ich, als ich auf ihn zustürzte, den Speer mit meinem Schild ablenkte und, ehe er ihn wieder ergreifen konnte, fest auf sein Knie zielte. Er stolperte über den Fuß eines anderen, und meine Klinge drang in seinen Oberschenkel ein und verpasste ihm eine tiefe, blutende Wunde. Mit einem hohen, klagenden Schrei stürzte er hintenüber.
Er war erledigt, also ließ ich ihn liegen. Unser Schildwall war auseinandergebrochen, aber die Eingeschwor ene n kämpften noch immer in Zweier- und Dreiergruppen.
Auf meiner Linken waren einige der Zerlumpten in die Häuser gerannt und schossen mit ihren kleinen Bögen aus Türen und Fenstern. Ich sah Kvasir, wie er mit ein paar anderen ebenfalls durch eine Tür rannte. Ein Mann tauchte laut kreischend auf, aber ich blockierte ihm den Weg und versetzte ihm im nächsten Moment einen Hieb. Die wasserhelle Klinge blitzte im aufgewirbelten Staub auf, traf den Mann am Hals und drang nach oben, sodass sein Kiefer fortflog. Er versuchte noch zu schreien, ersoff aber an seinem Blut. Ich schob seine Leiche mit meinem kaputten Schuh zur Seite. Sie ist noch scharf, dachte ich, obwohl ich meine Klinge vernachlässigt hatte.
Ein Schrei ertönte, und ich wirbelte herum und wehrte im letzten Moment die Speerspitze mit meinem Schild ab. Ein weiterer Mann stürzte auf mich zu, aber Dorfköter spießte ihn auf, dann schleuderte er ihn wütend zur Seite und hatte Mühe, ihn vom Speer zu schütteln.
Jetzt lösten sie sich auf und rannten ziellos in alle Richtungen, aber die Eingeschworenen setzten ihnen nach. Pfeile
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