Runenschwert
das wir zu erreichen hofften, ehe es zu heiß wurde.
Vor uns lag die Ebene in Farben, die zwischen Fuchsrot und verwittertem Ocker spielten, durch die sich die Straße wie ein weißes Band zog. Dann, so plötzlich, dass einem fast die Augen schmerzten, Farbflecke aus staubig-grünen Olivenhainen und Gemüsegärten. Im Schatten der Berge gab es Palmen, dazwischen Häuser aus weißen Lehmziegeln. Am blauen Himmel ballten sich Wolken zusammen, und in den verkümmerten Bäumen am Straßenrand sangen kleine rote Vögel.
» Seht ihr etwas?«
Schielauge beschattete die Augen mit der Hand, spähte in die Ferne und schüttelte schließlich den Kopf. Sein Gesicht hatte die Farbe von altem Leder, und seine ehemals rote Tunika war zu einem verwaschenen Rosa verblichen. Natürlich waren wir alle von der Sonne gegerbt und sahen so ähnlich aus wie er. Das Haar, das mir ums Gesicht wehte, war nicht mehr rot, sondern strohgelb.
Schielauge und Gardi trabten voraus, sie hatten ihre schweren Kettenhemden abgelegt und nur ihre Roben und Turbane anbehalten. Wir folgten ihnen im Tempo der Kamele, und bald kam aus den Bergen Wind auf und trieb uns Wolken aus Staub und feinem Sand entgegen. Ich stemmte mich gegen den Wind und zog meine Robe, die jetzt rostrot vom Staub war, enger um Kopf und Schultern. Der Wind wurde stärker und wirbelte selbst kleine Steinchen auf, die durch die Hose hindurch in meine Beine stachen. Die Kamele hielten missmutig den Kopf gesenkt, doch wir kämpften uns weiter vorwärts.
Die grünen Felder um die Stadt waren bald unter einer Staubwolke verschwunden; dahinter nur Felsen und eine endlose Ebene aus Steinen, Gestrüpp und ausgetrockneten Flussläufen.
» Da braut sich ein gewaltiger Sturm zusammen«, sagte Bruder Johannes, wobei er gegen den Wind anschreien musste. » Wir müssen uns eine Unterkunft suchen.«
Schielauge und Gardi saßen schon da und warteten auf uns, fest eingewickelt gegen den stechenden Sand. Vorsichtig gingen wir in das Dorf Aindara, wo uns nur das Geräusch eines hin und her schlagenden Fensterladens begrüßte.
Der Mittelpunkt des Dorfes war ein viereckiger Platz aus gestampfter Erde vor einer trostlos aussehenden Moschee aus Lehmziegeln, deren Torflügel in dem hufeisenförmigen Eingang weit offen standen. Der Eingang war von Holz eingefasst, das man bemalt hatte, um Marmor vorzutäuschen, und von hier gelangte man in einen Innenhof mit einem Boden aus gestampfter Erde und glatt wie Stein.
In der Dorfmitte stand ein Brunnen, daneben etwas erhöht ein steinerner Wassertrog, wo die Frauen einst Wasser geschöpft und ihre Kleider gewaschen hatten. Auf dem Wasser im Trog lag eine Staubschicht, also mussten die Dorfbewohner schon lange weg sein, denn für Muselmänner muss das Wasser immer fließen, stehendes Wasser ist für sie unrein. Um den Platz drängten sich noch weitere Gebäude, düster und leer, über eine Gartenmauer winkte eine grüne Ranke mit blauen und weißen Blüten.
Die Moschee war das größte Gebäude hier, also gingen wir hinein und nahmen auch die Kamele mit. Der Raum hatte Säulen und war groß wie ein Stall. Hoch oben in den Wänden waren Bogenfenster, einige der Läden schlugen im Wind und ließen den Staub herein, der sich auf den gepflasterten Boden und auf die kurze Treppe legte, die an der Wand hochführte und dort im Nichts endete.
Ich war viel zu erleichtert, dass ich dem Sturm entkommen war, um mir weiter Gedanken über diese Treppe zu machen, oder über die große Nische, flankiert von zwei steinernen Säulen, die wie eine Tür aussah, aber auch nirgendwo hinführte.
Schnell banden wir die Kamele an, nahmen ihnen die Lasten ab und fütterten sie. Wir schlugen ein Lager auf und postierten Wachen vor der Tür, die in den Innenhof führte, offenbar der einzige Ein- und Ausgang.
Die Türen waren aus dickem Holz und mit schweren Beschlägen versehen. Erst zu dritt schafften wir es, sie zu schließen, denn sie waren anscheinend noch nie geschlossen gewesen, und die Scharniere quietschten wie abgestochene Schweine; aber danach war uns wohler, denn die kleine Tür, die sich in dem einen Torflügel befand, ließ sich leichter bewachen als das große, offene Tor.
Finn und Gardi durchsuchten das Gebäude und fanden Laternen, in denen noch Öl war, und Kvasir brachte mithilfe einer Handvoll des Gestrüpps, das die Kamele fraßen, ein Feuer zustande. Schielauge und Botolf stellten fest, dass die Treppe, die nach nirgendwo führte, ebenfall nur bemaltes Holz
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