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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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sagte ich, und er ging zu ihnen. Aliabu bewegte abwehrend die Hände, als wolle er nicht darüber sprechen, aber er sah mein entschlossenes Gesicht. Er war hin- und hergerissen zwischen Furcht und der Gastfreundschaft der Beduinen, die ihm nicht erlaubte, einen Mann, den er in seinem Hov aufgenommen hatte, ohne Warnung in sein Unglück rennen zu lassen.
    Das Feuer warf lange, zuckende Schatten, und man konnte nur noch seine Augen sehen.
    » Ghul«, sagte er, und für einen Moment schienen die anderen Beduinen zu erstarren. Doch dann nahmen alle hektisch ihre Beschäftigungen wieder auf, als wollten sie durch ihre Arbeit die Furcht verdrängen. Aliabu sprach schnell, er spuckte die Worte förmlich aus, als ob sie ihm Schmerzen bereiteten und er sie so rasch wie möglich loswerden wollte.
    Das Gesicht des Hirtenjungen war ein blasses Oval in der Dunkelheit. » Er hat gehört, dass sie im Bergwerk ihre Gefährten gegessen haben, Händler. Er sagt, es passiert ab und zu, wenn es eine lange Dürrezeit gibt und der Hunger die Menschen dazu treibt. Er selbst hat schon die Überreste gegessen, die man im Kameldung findet, aber einen anderen Menschen hat er noch nie gegessen.«
    Als die anderen das hörten, machten sie Abwehrzeichen gegen das Böse und griffen nach ihren Amuletten, Bruder Johannes betete.
    Die Leichenfresser werden von uns Nordmännern halb gefürchtet, halb verachtet. Wir vermeiden es, mit ihnen etwas zu tun zu haben, auch wenn sie es taten, weil sie eingeschneit waren und der Hunger sie dazu trieb. Fast jeder kennt so eine Geschichte, gewöhnlich werden sie in der Halle am gemütlichen Feuer erzählt und die meisten davon waren nichts weiter als Ammenmärchen, um die Kinder das Fürchten zu lehren.
    Aber das hier war schlimmer, wie Kvasir und Sighvat feststellten. Wenn es in dem Bergwerk keine Verpflegung gab und alles, was im Dorf noch zu finden war, aufgegessen war und jetzt Gerüchte von Leichenfressern die Runde machten, dann mussten die, die das Bergwerk bewachten, wirklich in einer verzweifelten Lage sein.
    Wen aßen sie also?
    » Wir müssen uns beeilen, Bärentöter«, brummte Finn mit seiner tiefen, rauen Stimme, » ehe unsere Rudergefährten im Eintopf landen.«

KAPITEL 12
    Die Sarazenen sagen, ihr Gott Allah habe hundert Namen, von denen neunundneunzig in ihrem heiligen Buch stehen. Das einzige Lebewesen, so heißt es, das den hundertsten Namen Allahs kennt, ist das Kamel. Das mag die Erklärung dafür sein, warum sie auf uns herabsehen; ihr Gesichtsausdruck ähnelt jedenfalls dem eines Prinzen, dem man eine tote Ratte unter die Nase hält.
    Im Übrigen haben sie eigentlich keinen Grund, hochmütig zu sein. Zwar können sie das Gewicht von zwei Männern samt Kampfausrüstung tragen, und sie sind auch im Laufen ausdauernder als ein Pferd, aber ein Mensch kann mit seinen zwei Beinen schneller laufen als ein Kamel mit vieren.
    Ich möchte auch nicht noch einmal auf einem Kamel reiten, denn es schaukelt wie ein schlecht getrimmtes Schiff, auf das die Wellen seitlich auftreffen, und obwohl ich an Deck nie seekrank werde, drehte sich mir bei meinem einzigen Kamelritt der Magen um.
    Selbst das Aufsitzen ist schwieriger, als bei zwei Fuß hohen Wellen von einer Knarr auf eine andere umzusteigen. Sie werden schnell müde, wenn man sie zum Aufsteigen niederknien lässt, deshalb zieht man an einem Strick, der an ihren Nüstern angebracht ist, worauf sie Kopf und Hals senken. Dann steigt man mit einem Fuß in die Halsbeuge und lässt den Strick los, sodass sie Kopf und Hals samt dem Reiter hochheben.
    Wenn man geschickt ist, bleibt man auf dem Höcker sitzen, wenn nicht, fällt man herunter und muss wieder von vorn anfangen.
    Aliabu gab uns drei der vier Kamelhengste mit, da wir die Stuten nicht melken konnten. Zwar hatte es der eine oder andere versucht, sie waren ja alle einst Bauern gewesen, aber das war lange her und ein Kamel ist eben keine Ziege und auch keine Kuh. Schließlich hatte eins der Kamele Botolf angespuckt, und er war so wütend geworden, dass er ihm mit der Faust ein paar Zähne ausschlug, worauf Delim und seine Brüder die Kamele von uns fernhielten. Doch das betreffende Tier hatte es immer noch auf Botolf abgesehen und versuchte, ihn mit seinen übrig gebliebenen Zähnen zu beißen. Wenigstens eine kleine Erheiterung für uns in dieser Öde.
    Mit den drei Kamelhengsten konnten wir aber gut fertigwerden, und so zogen wir in der Kühle des frühen Morgens mit ihnen los in Richtung Aindara,

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