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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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höre ich zu«, gab ich zurück. » Ich habe nur nachgedacht, weiter nichts. Es klingt, als wären es diejenigen, die unsere Kameraden gefangen halten. Weiß man, wie viele es sind?«
    Bruder Johannes schüttelte den Kopf. » Es heißt Hunderte. Ich nehme an, das ist stark übertrieben, aber es müssen ziemlich viele sein. Denn heutzutage kommt doch keine Karawane ohne einen bewaffneten Schutztrupp aus Bagdad bis hierher.«
    Hunderte. Unsere Rudergefährten, irgendwo dort draußen in der Wüste mit den Leichenfressern, die grausamer waren als das Gespenst, das bei Vollmond umging. Im Geiste sah ich dieses grauenvolle Wesen, das wie ein Wolf aussah und an irgendetwas nagte, und mir lief ein Schauer über den Rücken.
    Bruder Johannes fragte, was ich jetzt vorhätte. » Stiefel kaufen«, log ich, doch in Wahrheit dachte ich an die Frau, und ob sie wohl in der Seitengasse auf mich wartete.
    » Dann komme ich mit«, sagte er.
    » Nein. Stiefel muss man allein kaufen, Priester. Geh lieber zu unseren Leuten und erzähl Finn und Kvasir, was du herausgefunden hast.«
    Er sah mich an, zuckte mit den Schultern und ging. In seiner Kutte, die bis auf seine Füße reichte, sah es aus, als gleite er dahin. Ich blickte ihm nach, bis er um die Ecke verschwunden war, dann ging ich langsam in die Seitengasse.
    Ich sah sofort, dass sie da war, denn das Ende der Gasse war mit einer gelben Laterne hell erleuchtet. Wenn ich mir etwas Zeit zum Nachdenken genommen hätte, wäre mir das eine Warnung gewesen, denn außer einer Treppe, die auf das erste von mehreren, verschachtelten Dächern führte, gab es nichts, was man hätte beleuchten müssen, und warum sollte eine Hure im hellen Laternenschein bumsen wollen?
    Ich hatte keine Erfahrung mit den Frauen der Muselmänner, also war ich vorsichtig. Ich wusste nur, dass es für sie eine Sünde war, ihren Schleier abzunehmen, obwohl die Frauen der Beduinen es sonderbarerweise ohne jedes Schamgefühl taten. Mit einer Bewegung ihrer Schultern schlüpfte sie aus ihrem Kleid und ich sah ihre Brüste – die schönsten Brüste, die ich je gesehen hatte. Sie leuchteten förmlich im gelben Licht der Gasse, sie waren von dunklen Beeren gekrönt und zitterten. Mit trockenem Mund ging ich auf sie zu, als ich den Schritt eines anderen hinter mir hörte.
    » Ha!«, rief Bruder Johannes. » Du kaufst also Stiefel, ja?« Hastig schob er sich vor mich und machte das Kreuzzeichen über der Frau. Er wollte noch etwas sagen, doch ich stieß ihn fluchend zur Seite. » Fort mit dir«, knurrte er sie an. » Apage Satanas!«
    Ich wollte ihm gehörig meine Meinung sagen, da traf ihn mit dumpfem Ton ein Pfeil, und er fiel vornüber. Sprachlos starrte ich auf das, was da plötzlich zwischen seinen Schulterblättern herausragte. Die Frau kreischte.
    Ich wusste, ich würde der Nächste sein, und machte einen Satz nach vorn, wobei ich die Laterne vom Haken riss, sodass sie polternd über den Boden rollte. Dann rannte ich in den Schatten der Treppe. Ein zweiter Pfeil schwirrte und wieder schrie die Frau auf, dann hörte ich sie fallen.
    Stille und Dunkelheit. Der Gestank nach rauchendem Fischtran von der Laterne. Die Frau gab ein gurgelndes Stöhnen von sich, aber Bruder Johannes lag reglos und still da. Mir rauschte das Blut in den Ohren, ich atmete schwer. Sosehr ich mich auch anstrengte, um mich herum konnte ich keinen Laut hören.
    Dann ertönte ein dumpfer Ton von weiter oben, von dem Dach, zu dem die Treppe hinaufführte.
    Ich sah einen Schatten. Eigentlich wollte ich zu Bruder Johannes zurückgehen, ich stellte mir vor, dass er noch lebte und womöglich verblutete oder mit einem Lungenschuss wie ein gefangener Fisch nach Luft schnappte. In diesem Fall könnte man noch helfen, wenn man sich beeilte. Aber der Mörder lauerte wohl immer noch irgendwo, und in meiner Verzweiflung tat ich etwas Unüberlegtes: Ich rannte die Treppe hinauf.
    Immerhin: Ich überraschte ihn, und der Pfeil, den er schon angelegt hatte, zischte so dicht an meinem Gesicht vorbei, dass ich die Federn spürte. Ich versetzte ihm einen Faustschlag, dass er laut nach Luft schnappte. Ich hörte, wie er den Bogen fallen ließ, aber plötzlich ging ich zu Boden und rollte unvermittelt über das flache Dach. Mein Ellbogen tat verflucht weh.
    Ein Schatten sprang auf und schwang sich auf ein weiteres Dach. Ich kletterte hinterher, wobei ich den Göttern dankte, dass er offenbar allein war. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich Bruder Johannes liegen

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