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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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daran noch immer große Pein bereitete.
    Er sah meine verstümmelte Linke an, zwei Finger weniger, als sich gehörte, das Ergebnis eines Kampfes mit dem Mann – ach, ihr Götter, es war ein Knabe –, der Rurik getötet hatte, den Mann, den ich für meinen Vater hielt.
    » Auge um Auge, Zahn um Zahn, Finger um …«
    Er verstummte, als er mein Gesicht sah, und er tat gut daran, denn ich hatte große Lust, ihn zu töten bei dem Gedanken, wie er diesen Knaben und dessen Bruder auf unsere Spur gesetzt hatte, eine Niedertracht, die den Tod Ruriks und dessen zwei Neffen zur Folge gehabt hatte und den Verlust meiner beiden Finger. Jetzt erinnerte sich Martin offenbar daran, wie ich meine Finger verloren hatte, und er erbleichte und sagte kein Wort mehr, doch er war wachsam wie eine lauernde Wildkatze.
    » Pass gut auf ihn auf«, sagte ich zu Botolf. » Tu ihm nichts, aber bewache ihn.«
    Martin neigte lächelnd den Kopf, als nehme er ein wertvolles Geschenk entgegen. » Geschenk um Geschenk«, sagte er. » Beeile dich und rette deine Männer, Bärentöter. Ich bin geflohen, weil ich weiß, was mit ihnen passiert, wenn sie erst im Bergwerk sind …«
    Dann stand ich draußen, umgeben von Geschrei und Gejohle, und in mir stieg die Angst hoch wie der Morgennebel auf dem Fjord. Gleichzeitig gingen mir Martins Worte im Kopf herum, und Wut machte sich in mir breit. Ich hätte ihn am liebsten getötet, aber ich brauchte ihn als Köder. Starkad würde nach ihm suchen, und wir würden bereit sein für ihn.
    Im Moment benahmen sich die Männer, die ich kraft der Runenschlange um meinen Hals befehligen sollte, wie wilde Bestien. Niemand würde erfahren, dass es Schielauge war, der eine hamanidische Prinzessin halb zu Tode gebumst hatte, dass Kvasir sechzehn Männern und Frauen die Finger abgeschnitten hatte, um an ihre Ringe zu kommen, oder dass Finn mit blutigen Händen im Gedärm der Toten herumgewühlt hatte, um die Wertsachen zu finden, die sie verschluckt hatten.
    Stattdessen würde jeder hören, dass alle diese Gräueltaten von den Eingeschworenen des Orm Bärentöter ausgeführt worden waren, denn mein Name war ihr Name und ihr Name meiner.
    Erst gegen Abend konnte ich sie zusammentreiben, und jetzt wurde ihnen langsam bewusst, was sie getan hatten. Einigen tat es leid, andere taten sich selbst leid, und alle waren so erschöpft von dieser Orgie des Grauens, dass sie nur einen geringen Teil ihrer Beute mitnehmen konnten, nämlich das, was sie in die Stiefel und ihre Tuniken stopfen konnten. Sie waren wütend, weil jetzt andere kommen und stehlen würden, was sie erbeutet hatten.
    Ich marschierte mit ihnen dorthin zurück, wo gekämpft worden war, über das mit Leichen übersäte Schlachtfeld, wo Scharen von Milanen und Krähen aufstiegen und Fliegenschwärme sich niederließen. Der Boden war glitschig von Eingeweiden und Blut, überall klafften offene Wunden und leere Augenhöhlen sahen uns an, als flehten sie immer noch um Hilfe. Die Eingeschworenen hatten keine Verlust erlitten, bis auf einen Mann, Amund, der im Kampfgetümmel verschwunden war. Wir suchten seine Leiche, fanden sie aber nicht.
    Es schien, dass wir gewonnen hatten – jedenfalls behauptete Rotstiefel es, aber ganz sicher war es nicht. Der ungeordnete Ansturm der Nordmänner hatte die meisten scutatoi mitgerissen, trotz deren angeblicher Disziplin. Als die Dalaimanen ihr Hauen und Stechen beendet hatten und erschöpft, kotzend und keuchend auf den Knien lagen, hatten die feindlichen Reiter in ihren Schuppenpanzern sie mit ihren Keulen erledigt und alle, die fliehen wollten, niedergeritten. Erst als die Reiter in den schweren Rüstungen losgelassen wurden, die » lebendig Gebratenen«, wandte sich das Kriegsglück für Rotstiefel, und er beanspruchte den Sieg für sich. Aber er verließ das Schlachtfeld und nahm seine Armee trotzdem wieder mit nach Antiochien. Wir schleppten uns bis zum Orontes, wo die Luft schwer war vom Weinen und Klagen der Frauen und vom Rauch der Scheiterhaufen.
    Jarl Brands Männer leckten zornig ihre Wunden, aber wenigstens hatten sie es geschafft, ihre Toten und Verwundeten zu bergen. Skarpheddins Männer waren geflohen, und die, die zurückgekommen waren, mussten zurück auf das Schlachtfeld mit den Aasvögeln, verflucht von den Frauen, die ihre Männer suchten. Eine unentschiedene Schlacht ist schlimmer als eine verlorene, denn dann geht am nächsten Tag alles aufs Neue los.
    Wir kamen dreckig, blutig und mit sehr schweren Herzen in

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