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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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unserem Zeltlager an. Die Schwerverletzten kotzten inzwischen Rotz und blutigen Schaum in ihre Bärte. Einige der » Kanickel«-Speerwerfer glaubten, sie hätten hier einen perfekten Unterschlupf gefunden, und es war eine fast willkommene Abwechslung, sie fortzujagen wie ihre Namensvettern. Finn blies auf seine wunden Fingerknöchel und brüllte etwas hinter ihnen her, dann warf er sich auf den Boden, zu erschöpft, um ein Feuer anzuzünden. Botolf stieß den Mönch zu Boden, den er an sich gekettet hatte, und setzte sich schweigend und mürrisch daneben.
    Kaum hatten wir eine Stunde dagesessen und versucht, mit unserem Schmerz, unserer Verzweiflung und den Schwärmen von Fliegen fertigzuwerden, als Gisur auftauchte und uns von Odins neuester Schikane berichtete.
    » Der Ziegenjunge ist weg, und Radoslaw auch«, sagte er. » Dieser Harek, Skarpheddins Skalde, hat es uns eben erzählt. Die Seidr-Weiber haben sie irgendwo hingebracht, sie nennen es den sumerischen Palast, nördlich der Stadt.«

KAPITEL 10
    Am Himmel wurde es heller, und wir standen an der schmalen Mündung zwischen den Klippen, wo Wind und Wetter die Felsen zu hohen schmalen Säulen gespalten hatten, die sich in den dunklen Himmel erhoben. Zwar war ich von meinen Gefährten umgeben, aber ich fühlte mich so allein, wie ein Mensch nur sein konnte in dieser steinernen Bucht, wo der Sand im Mondlicht silbern funkelte. Freyas Dämmerung, eine fast taghelle Nacht.
    Das silberne Licht warf lange Schatten auf die zerklüfteten Felsen, leuchtete die Ecken aus und stahl sich in die Ritzen, dann zog es über uns hinweg, verwandelte uns in bläuliche Gespenster und ließ das Flussbett glitzern. Lautlos erhob sich der Rabe von Sighvats Schulter und flog davon, um mit dem Mond Verstecken zu spielen.
    Natürlich war es eine Falle, aber das hatten wir gewusst. Wichtig war nur, dass man sich eine Hintertür offen hielt und entkam, wie Hedin der Häuter erklärte. Da er unser Fachmann für Fallen war – er war früher Wolfsjäger gewesen –, hörten wir ihm höflich zu, aber er konnte auch nichts weiter Hilfreiches dazu sagen, außer dass es eine ganz miserable Falle war.
    » Viel zu groß«, sagte er. » Wie wenn man einen Wolf mit einer Bärenfalle fängt, weil es egal ist, was aus dem Pelz wird.«
    Wir nickten, denn wir wussten, was er meinte. Einen Wolf jagte man mit Fleisch und einem Span aus Grünholz, nicht länger als ein Finger und an beiden Enden angespitzt. Zum Kreis gebogen und mit einer Sehne umwickelt wurde er in das Stück Fleisch gesteckt, und wenn die Sehne sich schließlich auflöste, sprang der Span auseinander und zerriss dem Wolf die Eingeweide. Man konnte seine Spur an der blutigen Kotze verfolgen, er starb eher früher als später, und der wertvolle Pelz blieb unbeschädigt.
    Dieses Vorgehen war klug, aber das der Zauberinnen war es nicht.
    » Wenn sie den Weg zu Attilas Schatz suchen«, brummte Finn, » warum suchen sie ihn nicht im Jenseitigen? Könnten sie sich nicht einfach in einen Zauberschlaf versetzen und danach suchen?«
    » Falls sie es so gemacht haben, hat es nicht funktioniert, und daran sieht man, dass sie nicht sehr gut sind«, erklärte Sighvat.
    Ich erinnerte mich, dass Svala mir sagte, sie habe Hild gesehen. Ich war mir sicher, sie musste Hild auf die eine oder andere Weise gefunden haben – Hild, die den Weg bewachte und im Tod genauso furchterregend war wie im Leben. Ich erzählte den anderen davon, und die, die sich an sie erinnerten, nickten.
    Svala und Skarpheddins Mutter waren schlimm genug und Seidr war ein raffinierter Zauber, doch eine scharfe, entschlossen geführte Klinge wurde schließlich auch damit fertig. Doch es gab auch noch Skarpheddin und seine Drenge, die Männer, die durch Schwüre und Ringe an ihn gebunden waren. Seine Männer waren in der Schlacht umgekommen, und die Frauen waren noch damit beschäftigt, die Leichname zu waschen und zu begraben; aber Skarpheddin hatte noch diese letzten dreißig Mann mit ihren grausigen Schwertern. Außerdem trieb ihn die Verzweiflung eines Menschen an, der sein Glück schwinden sah.
    Also war ich zu Jarl Brand gegangen und hatte ihm alles anvertraut. Ich hatte ihm sogar gesagt, was Skarpheddin sich von mir erhoffte. Jarl Brand, der im flackernden Licht der Fackel einem alten Knochen ähnelte, hatte seinen langen, weißen Schnurrbart gestrichen und mich prüfend angesehen, wobei an seinen Armen das Silber aufblitzte.
    » Und kannst du ihm über diesen sagenhaften

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