Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
für die warmen Unterkleider aus Filz dankbar, die ihnen die Nomaden zum Abschied mitgegeben hatten.
Falls den Zwergen die Kälte etwas ausmachte, so ließen sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Sie stapften so unbeirrt vorwärts, als liefen sie im frühlingswarmen Sonnenschein über eine Wiese anstatt durch das Innere eines gewaltigen Berges, um sich herum klirrend eisiges Gestein und Atemwölkchen vor den Gesichtern, die ihren Mündern entfuhren wie dichter Pfeifenrauch. Gramil bildete mit seiner Fackel die Vorhut. Ihm folgten Rotgar und Pándaros, der sich neben dem Sohn des Zwergenkönigs hielt. Hinter ihnen tappte Deneb einher, während der düster vor sich hinbrütende Alfaard das Schlusslicht bildete.
Pándaros fragte sich, woher die drei Zwerge wie aus dem Nichts gekommen waren, als der Berg zu beben begonnen hatte und der herabstürzende Schnee Deneb um ein Haar unter sich begraben hätte. Außerdem wollte er wissen, wo denn nun eigentlich die Zwergenfestung steckte, deren Eingang sie betreten hatten. Nachdem sie eine Weile den Gang entlangmarschiert waren, versuchte der Priester daher ein Gespräch mit Rotgar anzufangen. Es fiel ihm zu Beginn nicht leicht, etwas aus dem Zwerg herauszubekommen. Dass Deneb die Inkirin erwähnt hatte, war wohl etwas Unerhörtes gewesen. Doch einige Stunden nach ihrem Aufbruch beklagte sich der Archivar, dass seine Füße vom Laufen schmerzten und sein Magen knurrte, woraufhin Rotgar ein Einsehen hatte und sie rasten ließ. Eingehüllt in warme Decken und Dörrfleisch der Nomaden kauend, das Pándaros den Zwergen aus ihrem Vorrat anbot, wurde der Anführer der Drei wieder etwas freundlicher.
»Wir kamen aus dem schmalen Seitenweg, gleich beim Alten Eingang«, erzählte Rotgar, »gerade als das Beben anfing.«
»Der ist mir überhaupt nicht aufgefallen«, murmelte Deneb nachdenklich mit vollem Mund.
Gramil lachte kehlig. Es klang, als kaue er Kieselsteine. »Das wundert mich nicht. Ihr Menschen seht im Dunkeln nicht halb so gut wie wir. Er war aber da, glaub mir.«
»Wir waren hoch über dem Hundsrosental«, fuhr Rotgar fort, »Unsere Vorfahren haben diesen Gang vor vielen Jahren durch den Stein gegraben, immer weiter aufwärts, bis er sich ins Freie zu einem verborgenen Tal öffnet, das knapp unter dem Gipfel liegt. Vom Fuß des Berges aus kann man es nicht sehen.«
»Was habt ihr denn in dem Tal gesucht?«, wollte Deneb wissen.
»Nichts, was euch Menschen angehen würde«, ließ sich Alfaard missmutig aus seiner Ecke vernehmen. Er saß etwas abseits von den anderen, sein Gesicht in den Schatten verborgen. Diesmal wies Rotgar ihn nicht zurecht.
»Es war eine Aufgabe, die ich für meinen Vater, den König, zu erledigen hatte. Wir waren auf dem Rückweg nach Goradia, als wir auf euch trafen.«
»Ich dachte, die Zwergenfestung würde gleich hinter dem Eingang beginnen«, sagte Pándaros.
Rotgar nickte. »Zu den Zeiten der Gründer eures Ordens hättet ihr damit richtig gelegen. Damals erstreckte sich unser tiefes Reich Meilen um Meilen unter den Eisenbergen, und der Alte Eingang war einfach das Südende. Händler aus den Städten am Meer genauso wie die Clans der Nordprovinzen suchten uns auf, um die Schätze unserer Handwerkskunst zu erwerben.«
Sein Blick wanderte an den angespannten Gesichtern der beiden Priester vorbei in die Dunkelheit. »Aber das ist lange her«, setzte er mit verhaltener Stimme hinzu.
»Was ist geschehen?«, fragte Pándaros. Rotgar schwieg. Alfaard antwortete an seiner Stelle. »Ihr Menschen seid geschehen. Ihr habt euch immer weiter ausgebreitet. Ständig brauchtet ihr neue Waffen und neue Rüstungen für eure zahllosen Kriege. Mit der Zeit reichte euch das, was wir euch anbieten konnten, nicht mehr. Unsere Kunst braucht seine Zeit, und sie ist nicht billig, denn unser Herzblut steckt in ihr. Aber das habt ihr nie wirklich verstanden. Eure Könige wollten so viele Krieger wie möglich mit Schwertern bestücken. Also gingen sie immer mehr dazu über, ihre Heere von ihren eigenen Schmieden ausrüsten zu lassen, auch wenn deren Fertigkeiten die unseren niemals auch nur annähernd erreichten. Nach und nach kamen immer weniger Händler zu uns. Auch die Nomaden aus den Steppen blieben fern. Da wir kaum noch Aufträge erhielten, gaben wir viele der weiter entfernten Stollen und die damit verbundenen Wohnebenen auf. Goradia ist nicht mehr so groß und weitreichend wie es einmal war.«
»Aber seine Mauern wurden niemals eingenommen«, meldete sich
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