Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
vom Hals ihres Destaani unter den silbernen Rand seiner Rüstung. »Alcarasán würde mir niemals in den Rücken fallen!«
»Ich spreche die Wahrheit«, erwiderte der Serephin ruhig. Nur sein Blick verriet seine Angst und den Schmerz über die Verletzung, die er seiner Liebsten mit der Nachricht über den Verrat ihres Bruders zufügte. »Teile meinen Geist und sieh durch meine Augen, was ich gesehen habe.«
Gespannte Stille hing über der Insel, als Manari seiner Aufforderung nachkam.
Nach einer Weile löste sich ihr Blick von seinem. Sie senkte ihre Klinge und wandte sich ab.
»Ich habe keinen Bruder mehr«, sagte sie rau. Ranárs Schultern strafften sich. Cesparian streckte seine Hand aus, um sie zu berühren, zog sie aber wieder zurück. Es gab nichts, womit er Manari hätte trösten können. Er kannte sie lange genug, um zu wissen, dass sie mit ihren Gefühlen alleine fertig werden wollte.
Schließlich wandte sie sich wieder zu ihm und den anderen um, die sie mit einer Mischung aus Angst und Erwartung betrachteten.
Ranárs Gesicht war wie versteinert. »Wenigstens bin ich mir ziemlich sicher, wohin er flüchtet«, sagte Manari gefährlich ruhig.
»Was meinst du?«, fragte Cesparian vorsichtig.
»Hagonerin. Carn Taar, die Festung, von der aus wir unseren Krieg begonnen haben – dahin ist er unterwegs!«
»Woher weißt du das?«
»Weil es das Versteck des letzten Drachen ist! Der Temari hat es mir verraten. Versteht ihr nicht? Der Wächter der Erde hatte sich von Anfang an direkt unter unseren Augen versteckt, und wir haben ihn nicht bemerkt! Wir waren so besessen davon, ihn irgendwo in den Weiten dieser Welt zu suchen, dass wir nie auf den Boden zu unseren Füßen geblickt haben!«
»Bei den Herren der Ordnung!«, rief Cesparian aus. Die Krieger um Manari hoben ebenfalls erregt miteinander zu sprechen an. Ranár hob seine Hände. »Meine Brüder und Schwestern! Der Kreis der Stürme war heute siegreich, auch wenn wir wieder Tote zu beklagen hatten! Denkt daran, dass sie nicht umsonst gestorben sind, wenn ihr zurück in Vovinadhár seid und ihre Namen ehrt!«
Ein Lächeln spielte um die Lippen des von Serephinkriegern umringten Temari, als deren Anführerin mit Ranárs Stimme weitersprach: »Ja, zurück in unserer eigenen Welt, denn unser Auftrag für die Herren der Ordnung wird bald erfüllt sein. Nur noch ein Wächter steht zwischen uns und der Vernichtung der Temari, und ihn werden wir jetzt ebenfalls aufsuchen. Nach Carn Taar! Beenden wir, wofür wir gekommen sind!«
»Nach Carn Taar!«, schrien die Serephin im Chor. Ein Schwarm Krähen antwortete ihnen heiser krächzend aus einiger Entfernung.
»Was machen wir mit unseren Toten?«, wollte einer der Krieger wissen. »Sollten wir sie nicht erst beerdigen?«
»Wozu?«, gab Manari hart zurück. »Sie sind nur noch leere Hüllen. Wenn ihr ein Totenritual für sie abhalten wollt, dann kommt jetzt mit mir und bezwingt den letzten Wächter! Verwandeln wir diese Welt in einen Scheiterhaufen für die Körper unserer Kameraden!«
Cesparian nahm sie zur Seite. »Wir können noch nicht aufbrechen«, flüsterte er. »Deine Krieger sind völlig erschöpft. Mit der Magie, die sie aufrechterhalten mussten, um den Wächter abzuwehren, haben sie viel Kraft verbraucht. Wenn du sie jetzt in Drachen verwandeln und fliegen lässt, werden sie nicht lange durchhalten. Wir sind weit von Carn Taar entfernt.«
»Nicht weit genug für meine Rache«, entgegnete Manari leise. »Stell nicht noch einmal meine Entscheidungen in Frage. Das werde ich nicht dulden, nicht einmal von dir. Ich weiß genau, was ich diesen Kriegern zumuten kann.« Sie deutete auf die Serephin, die sich für den Aufbruch sammelten. »Sieh sie dir an. Sie brennen ebenso wie ich darauf, ihren Auftrag zu erfüllen und endlich wieder nach Hause zurückzukehren.«
»Nur wegen dir tun sie sich das an«, sagte Cesparian. »Nicht wegen des Plans. Wenn es nur um den Plan ginge, könnten sie auch noch eine Nacht ruhen. Aber sie verehren dich. Für dich würden sie durch Feuer und Tod gehen.«
»Und genau deswegen werden sie siegreich sein«, erwiderte Manari bestimmt. »Wir sind eine Einheit. Halte auch du zu mir, wie sie es tun, dann vernichten wir die Temari und stehen für immer in der Gunst des Jägers.«
Cesparian zögerte lange, bevor er aufseufzend nickte und ein weiteres Mal nachgab, wie er es letztendlich immer getan hatte, seitdem er sich in Manari verliebt hatte.
»Also gut. Lass es uns angehen.
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