Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
mein Name. Condu Daan dagegen ist ein Titel.«
»Was bedeutet er?«, fragte Aros, der mit seinen beiden Kriegern und Corrya nähergetreten war und dem Antara hinterherblickte, der mit seinen Aufträgen zu seinen Kameraden lief.
»Geehrter Heerführer.«
Aros blieb der Mund offen stehen. Enris sah nicht weniger überrascht drein.
» Ihr ... ihr seid der Anführer dieses Heeres?«, stammelte er. »Die Ainsarii haben Euch den Auftrag gegeben, die Serephin zu bekämpfen? Aber sagtet Ihr nicht, Ihr wärt so etwas wie ein Gärtner?«
»Das bin ich auch«, gab Indral zurück. »Aber ich sagte auch, dass ich mich ein wenig aufs Kämpfen verstünde.«
» Ein wenig «, stieß Corrya hervor. »Wenn Ihr der Anführer dieses Heeres seid, dann ist das bestimmt die schamloseste Untertreibung, die ich je gehört habe.«
»Ihr erweist mir zu viel Ehre«, sagte Indral freundlich. »Ihr hättet Fenwyrns Krieger aus den Alten Tagen erleben sollen. Die Männer des Grauen Widders waren die wildesten Kämpfer, die auf Runlands Erde Blut vergossen. Gegen sie bin selbst ich mit all meiner Erfahrung ein Kind mit einem Holzschwert. Aber es wird reichen müssen. Die Tage von Fenwyrn und der Anusiya, seiner Leibwache, sind lange vorbei. Solche Krieger gibt es heute nur noch in den Erinnerungen derer, die sie mit eigenen Augen sahen.«
Als sei damit alles gesagt, ließ er die erstaunten Männer stehen und ging über den verschneiten Strand zu den anderen Antara, denen er dabei half, die Gepäckstücke aus den Orcas zu den Dünen zu schaffen.
»Ich verstehe dieses Volk einfach nicht«, brummte Aros kopfschüttelnd. »Wäre er ein Temari, dann müsste er als Heerführer bestimmt keine Kisten schleppen. Stattdessen läuft er hier in der Gegend herum, als wäre er ein einfacher Kämpfer wie alle anderen auch.«
»Warum nicht?«, erwiderte Enris trocken. »Auf die Art friert er sich wenigstens nicht den Hintern ab. – Kommt, lasst uns ihnen helfen, um so schneller haben wir ein warmes Zeltdach über unseren Köpfen!«
Sie schafften ihr eigenes Gepäck in den Schutz der Dünen und gingen danach den Antara dabei zur Hand, deren Gerätschaften über den Strand zu tragen und Zelte aufzuschlagen. Trotz der winterlich frostigen Luft blieb der Tag lange hell, wie es um diese Zeit kurz vor der Sommersonnwende immer der Fall war. Als sich das abendliche Licht zur Nacht verfinsterte, war das Heerlager der Antara fertig aufgebaut. Es hatte keinen weiteren frischen Schnee mehr geschneit, und der Himmel über dem Meer und den Klippen leuchtete sternenklar.
Der Mann, der sich hinter dem Kamm der höchsten Sanddüne versteckte, zitterte vor Kälte. Auf dem Bauch liegend verharrte er im Schnee und versuchte, sich so flach wie möglich zu machen, um nicht entdeckt zu werden. Vorsichtig lugte er zwischen einigem blattlosen Gestrüpp hindurch und beobachtete das Treiben um die Zelte der Fremden am Strand.
Er war hochgewachsen und hager. Sein eingefallenes Gesicht zeugte davon, dass er Hunger litt und schon seit längerem nicht mehr regelmäßig und reichlich gegessen hatte. Sein Kinn war bärtig und sein offenes langes Haar strähnig und ungepflegt. Die ledernen Seemannskleider, die er am Leib trug, hatten ebenfalls schon bessere Tage gesehen, sie waren eingerissen und starrten vor Dreck.
Der Mann war Zeuge gewesen, wie die Schar der weißen Boote wie durch Magie aus dem Wasser aufgetaucht waren und deren Bäuche jene schwarzhaarigen Fremden ausgespuckt hatten, die nun den Strand bevölkerten. Panik ergriff ihn bei ihrem Anblick, unbarmherzig und kalt wie das Meer, das ihn vor Wochen aus seinen Tiefen ausgespuckt und ihn mit einer klaffenden Wunde an seiner Schläfe ans Ufer gespült hatte, die Arme und Beine zerschrammt und blutig geschlagen von den Klippen in der Brandung. Den Nachmittag über bis zum Einbruch der Dunkelheit hatte er sich hinter den Dünen versteckt. Erst jetzt, im Schutz der einbrechenden Nacht, hatte er sich weiter vorgewagt.
Er wusste nicht, warum die unbekannten Wesen ihm solche Angst bereiteten. Er wusste so vieles nicht mehr, und auch das versetzte ihn in Furcht und ließ ihn verzweifeln. Vielleicht lag es daran, dass die Fremden, deren magische Boote ebenso unter wie auf dem Wasser schwimmen konnten, trotz ihres menschlichen Aussehens auf eine verstörende Weise etwas nicht Menschliches ausströmten wie einen beißenden Geruch. Irgendwie erinnerten sie ihn an die anderen Wesen, jene unheimlichen Echsenungeheuer auf zwei Beinen,
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