Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
Mitte.«
»Soll dieses Ungeheuer nur kommen«, grollte Corrya finster. »Wir werden ihr einen heißen Empfang bereiten!«
Der Dunkelelf sah ihn missbilligend an. »Oh, das werden wir bestimmt – kurz bevor wir alle sterben.« Er hob seine Stimme. »Macht euch nichts vor. Gegen die vereinte Kraft der Serephin, die Manari nach Runland gebracht hat, können selbst wir Antara nichts ausrichten. Wir haben nur eine einzige Möglichkeit, dies hier zu überstehen: Hagonerin. Die Festung ist der Schlüssel. Wenn wir sie rechtzeitig einnehmen, bevor Manari mit ihrer Hauptmacht hierher zurückkehrt, dann können wir in der Sicherheit ihrer Mauern vielleicht solange ausharren, bis Hilfe kommt.«
»Ihr meint, bis die Voronfrau die Schicksalsfestung gefunden hat«, fügte Aros düster hinzu. »Das hört sich für mich nicht nach sehr viel Hoffnung an.«
»Es ist die einzige Hoffnung, die wir noch haben«, sagte Enris hart. »Seht euch doch um! Runland stirbt. Drei ihrer Wächter sind schon tot, und diese Welt ist aus den Fugen geraten. Selbst wenn es uns gelingen sollte, die Serephin zu besiegen und den Wächter der Erde zu retten – wie soll es weitergehen? Wie werden wir in dieser Winterwüste überleben?«
»Und wieder hat der junge Temari recht«, pflichtete Indral ihm bei. »Ohne Hilfe von außen ist diese Welt dem Untergang geweiht, egal, was wir hier tun oder lassen. Alles was uns bleibt, ist, Zeit zu gewinnen.«
In diesem Augenblick wehte ein Schwall kalter Luft ins Innere des Zeltes, als die Plane am Eingang zurückgeschlagen wurde und zwei Antara eintraten. In ihrer Mitte führten sie einen hageren, hochgewachsenen Mann in zerlumpten Kleidern. Verwirrt und eingeschüchtert stand der Gefangene vor ihnen. Seine blutunterlaufenen Augen irrten von einem von ihnen zum nächsten, ohne für einen Moment stillzustehen.
»Wen bringt ihr denn da?«, wollte Indral wissen.
»Wir haben den Temari am Rand unseres Lagers aufgegriffen«, berichtete einer der Antara. »Er scheint einer der überlebenden Bewohner der zerstörten Stadt zu sein. Zuerst hatten wir den Verdacht, die Serephin hätten ihn gefangen und ihn als Kundschafter ausgeschickt. Daher haben wir ihn befragt, aber nicht viel aus ihm herausbekommen. Er ist nicht völlig bei Sinnen. Es ist wahrscheinlicher, dass er lange Zeit auf sich allein gestellt im Schatten der Festung überlebt hat.«
Enris war aufgestanden. Etwas an dem verwahrlosten Mann kam ihm seltsam vertraut vor. Langsam ging er um den Gefangenen herum, der ihn ängstlich musterte und dabei leise die aufgesprungenen Lippen bewegte, als führe er ein unhörbares Selbstgespräch. Abrupt hielt er inne, als ihn die Erkenntnis traf wie ein Schlag auf den Kopf. Natürlich – dieses langgezogene Pferdegesicht kannte er doch! Aber damals hatte der Mistkerl keinen struppigen Bart getragen.
»Sareth!«
Der Angesprochene glotzte ihn verständnislos an, ohne ihn wiederzuerkennen. Für einen Moment war Enris überzeugt, dass der Mann, den er als skrupellosen Anführer einer Mörderbande kennen- und fürchtengelernt hatte, tatsächlich den Verstand verloren hatte. Doch dann bewegten sich seine Lippen erneut, und diesmal sprach der Gefangene laut.
»Sareth«, wiederholte er mit rauer, weinerlicher Stimme. »Sareth, ay, das ... das ist mein Name, das bin ich, ay.«
Überrascht trat Enris einen Schritt von ihm zurück. Er merkte, wie heißer Ärger in ihm emporstieg. »Erinnerst du dich an mich?« Er deutete auf seine Brust. »Ich heiße Enris. Sagt dir das etwas?«
Sareth starrte ihn nachdenklich an. Seine Stirn runzelte sich so stark, als bereitete es ihm enorme Mühe, seine Gedanken zu sammeln. Dann glättete sie sich wieder, und er zog hilflos die Schultern hoch. »Ich kenne keinen ... Enris. Es ... es tut mir leid.«
Der junge Mann wirbelte erregt zu den anderen herum. »Dieses Schwein hat Valgat von der Wache auf dem Gewissen! Er ist einer der Handlanger von Ranár – ich meine Manari.«
»Und offensichtlich ist er halb verhungert«, ergänzte Indral ruhig. Er wandte sich an die beiden Wachen. »Lasst ihn hinsetzen, damit er etwas essen kann, bevor er uns zusammenbricht.«
»Hast du mir nicht zugehört?«, fuhr Enris ihn an. »Er ist ein Verbrecher! Von mir aus kann er gerne da draußen im Schnee verrecken!«
»Es mag sein, dass er es verdient hat zu sterben«, erwiderte Indral. »Aber bevor du ihn hinaus in die Nacht wirfst, bedenke, dass er seit der Zerstörung von Andostaan am Leben geblieben ist,
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