Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
es wird geschehen. Vielleicht fällt er in einem Jahr von einem Pferd. Vielleicht wird er in zwei Jahren wieder krank. All die Mühe war umsonst.
Wir könnten es noch einmal versuchen , gab Pándaros zu bedenken.
Deneb schüttelte den Kopf. Sie werden sich vor uns verstecken, und die Wirkung der Reisepilze lässt bereits nach. Bald sind wir wieder in unseren Körpern. Wir müssten noch einmal solche Pilze essen, um wieder mit ihnen sprechen zu können, aber meine Vorräte sind verbraucht. Bis wir hier in der Steppe wieder neue gesammelt haben, könnten Tage vergehen, vielleicht sogar Wochen.
Du hast recht. Soviel Zeit haben wir nicht. Wenn wir nicht rechtzeitig in Felgar ankommen und Ranár zur Vernunft bringen, wird es keine Welt mehr geben, in der ein geretteter Eigin aufwachsen kann.
Der Junge blickte bei der Erwähnung seines Namens verwirrt auf. Wovon redet ihr eigentlich? Wo sind meine Eltern?
Mach dir keine Sorgen , beruhigte ihn Deneb. Du bist am Leben. Gleich wirst du aufwachen und deine Eltern um dich haben.
Die leuchtenden Stimmen haben mir Angst gemacht , gestand Eigin zögernd. Sie klangen so lustig, aber eigentlich sind sie gar nicht lustig, sondern richtig gemein.
Am besten vergisst du sie gleich wieder , sagte der Archivar. Die Höhle am Eingang zum Kalten Reich ist nichts, woran man sich gerne erinnern möchte, oder?
Der Junge nickte heftig.
Dann gib acht: Du schließt jetzt deine Augen. Ich zähle langsam von zehn bis eins. Wenn ich bei eins angekommen bin, wirst du deine Augen öffnen und dich wieder in deinem Körper befinden, der im Callab deines Vaters liegt. Du wirst dich an nichts erinnern, was hier am Weltenbaum geschehen ist, hast du mich verstanden?
Wieder nickte Eigin und kniff die Augen zusammen.
Stattdessen wirst du dich völlig gesund und erholt fühlen , fuhr Deneb fort. Als könntest du sofort auf dein Lieblingspferd steigen und über die Weiden deines Stammes reiten. Ich fange jetzt damit an.
Zehn...
Neun...
Acht...
Langsam zählte er rückwärts. Wie er es vorher angekündigt hatte, erwähnte er am Ende, dass Eigin alles vergessen haben würde, was er in der Geistwelt erlebt hatte. In dem Moment, als der Junge seine Augen öffnete, wurde seine Gestalt durchscheinend und verblasste. Die Hand des Kindes, die Deneb bis zuletzt festgehalten hatte, verschwand, und mit ihm der Rest seines Körpers. Pándaros nahm den Rucksack von seinen Schultern und warf einen Blick hinein. Er sah gerade noch, wie die letzten Schemen der Murmeltiere durchsichtig wurden und sich auflösten, so wie der Junge, von dem sie ein Teil gewesen waren.
Es ist besser so , sagte der kleine Archivar. Sein Freund nickte stumm.
Wenn seine Eltern denken, dass wir ihren Sohn ohne Schwierigkeiten zurückgebracht haben, lassen sie uns gehen, und wir können unsere Reise in den Norden fortsetzen. Er griff nach den Händen von Pándaros’ Geistkörper, so wie er zuvor Eigin berührt hatte und blickte ihn ernst an. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass dir das nicht schmeckt. Und du kennst mich gut genug, um zu wissen, dass es mir genauso geht. Aber wir können ihnen nicht die Wahrheit sagen. Sie würden von uns verlangen, dass wir bei ihnen bleiben und ihnen noch einmal helfen. Bis der Junge erneut in die Welt der Geister gezogen wird, kann noch einige Zeit vergehen. Ihr Stamm wird inzwischen sicher einen neuen Schamanen gefunden haben. Er wird das fortsetzen, was wir nicht beenden konnten. Mit ein wenig Glück wird Eigin dann gänzlich gerettet sein.
Erneut nickte Pándaros, aber Deneb konnte fühlen, dass er nicht völlig überzeugt war, denn er blieb stumm.
Lass uns jetzt ebenfalls zurückgehen. Ich werde für uns zählen wie für Eigin.
Mit jeder Zahl, die Pándaros vernahm, fühlte er sein Bewusstsein stärker in seinen stofflichen Körper zurückkehren. Ihm fiel wieder der Duft von Fell und Filz um ihn herum auf, ebenso wie der strenge Fettgeruch der heißen Speisen auf dem Herd und der Rauch, der durch das Loch in der Mitte des Callabs entwich. Er spürte ein Ziehen in seinem Rücken, der vom langen Stillsitzen etwas verspannt war, und den Druck seiner Knie auf dem Boden. Bei der letzten Zahl, die Deneb aussprach, begann er sich allmählich zu rühren und durchzustrecken. Nun fühlte er nur noch seinen stofflichen Körper, der während ihrer Reise reglos vor Eigins Bett gesessen hatte. Er nahm einen leisen Ausruf und eine undeutliche Bewegung neben sich wahr und öffnete die Augen.
Das
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