Runlandsaga - Feuer im Norden
vielleicht ebenfalls dazu überreden. Wer nicht zu Wasser fort kann oder will, sollte die Strasse nach Menelon nehmen.«
»Was soll der Unfug?«, meldete sich der Ratsherr zu Wort, von dem sich Enris erinnerte, dass Suvare ihn kannte. Er erhob sich von seinem Stuhl und trat bis an den Rand des Podiums, von wo aus er mit seinem Finger auf Arcad wies. Einmal mehr fühlte sich Enris wie in einem Theaterstück, nur dass dieses keine Zuschauer kannte. Es hatte jedem Einzelnen von ihnen eine Rolle gegeben und hielt sie nun als Geiseln, denen nichts anderes übrig blieb, als ihre Figur zu spielen.
»Wollen wir uns das Gefasel dieses Verrückten noch länger anhören?«, schimpfte der Ratsherr weiter. Enris bemerkte, wie sich neben ihm Suvare, die fast die ganze Zeit über reglos dagestanden hatte, mit grimmigem Gesicht zu rühren begann, als wolle sie sich in Richtung Podest stürzen.
»Larcaan, bitte!«, warf Tolvane ein. »Er hat es sicher gut gemeint, ich glaube ihm das. Aber bestimmt hat der Anführer der Verbrecher seinen Gefangenen Dinge vorgegaukelt, die es nicht wirklich gab. Wenn er Margon töten konnte, dann ist er bestimmt selbst ein Magier.«
»Es ist mir egal, ob dieser Elf das Wohl der Stadt im Sinn hat oder nicht«, erwiderte Larcaan aufgebracht. »Es ist völlig unverantwortlich, die Menschen aufgrund von Hirngespinsten dazu aufzufordern, aus Andostaan zu flüchten und all ihr Hab und Gut zurückzulassen. Ich frage mich sogar, ob man ihn nicht sogar wegen Aufwiegelung und Störung der öffentlichen Ordnung anklagen sollte! Und natürlich finden sich im Kielwasser solcher zweifelhafter Gestalten jene, die ihm gleichen.«
Er wandte sich Suvare zu. Ein hässliches Lächeln zog um seine Mundwinkel. »Diese Frau, die sich als Khor eines Schiffes gebärdet, zum Beispiel. Geht diesem verrückten Elfen auf den Leim und bietet uns Rettung in der Not an. Wie selbstlos!«
»Wieso die schlechte Laune?«, schnappte Suvare so laut zurück, dass Mirka neben ihr zusammenzuckte. »Seid Ihr vielleicht Euren Kater vom verlorenen Wetttrinken immer noch nicht los?«
Larcaans Häme verschwand, als hätte sie ihm ins Gesicht geschlagen. Dafür lachten einige der Anwesenden schallend auf.
Enris konnte ebenfalls nicht mehr an sich halten. »Arcad ist nicht verrückt!«, rief er wütend. Jetzt war er es, der zum Podest stürzte und neben den Elfen trat. Ein Teil in ihm war verwundert, wie er diesen Endar verteidigte, den er anfangs wegen seiner überheblichen und verschlossenen Art oft verwünscht hatte.
»Nichts von dem, was wir erlebt haben, war ein Trugbild. Das Portal unterhalb der Festung ist eine Tatsache!«
»Bei den Hörnern des Sommerkönigs, da haben wir ja noch so einen Dummkopf, der das Lied des Elfen nachkräht«, spottete Larcaan. »Dein Gesicht kommt mir bekannt vor, Junge. Unter welchen Stein bist du hervorgekrochen?« Er wandte sich zu den anderen Ratsmitgliedern um. »Ist das nicht dein Schützling, Larian? Ich hätte angenommen, dein Einfluss auf ihn wäre besser gewesen.«
Das Gesicht des Kaufmanns verzog sich zu einer Grimasse, als hätte er in eine saure Frucht gebissen und wüsste nicht, wohin er ausspucken sollte. »Das hatte ich auch gehofft«, sagte er. »Aber dieser Tagträumer rannte ja lieber dem alten Narren und seiner Frau in der Festung hinterher. Ich habe nie verstanden, warum der Rat es diesem Mann gewährte, in der Meeresburg zu wohnen. Gut, seine Frau war eine ausgezeichnete Heilerin und hat einiges für die Stadt getan. Aber er? Der hat doch nie etwas geleistet, außer in seinem Turm zu sitzen oder auf den Klippen herumzuspazieren.«
Vor Enris’ Augen senkte sich ein roter Schleier aus Wut herab – ein heißer Vorhang, der sich dicht um ihn legte und jeden klaren Gedanken verhinderte. »Margon war kein alter Narr!« Er schrie so aufgebracht, dass alle Mitglieder des Rates ihn erschrocken anstarrten. Es fiel ihm auf, wie der alte Mann neben Tolvane jemandem im Saal ein Zeichen gab, war aber viel zu sehr in Fahrt, um sich umzudrehen und herauszufinden, wem es galt.
»Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was Margon in seinem Leben alles für Runland getan hat, was er geleistet hat! Er ist gestorben, weil er an sich als Letztes dachte und an das Überleben der anderen zuerst. Aber du hast ja nie etwas wirklich verstanden, du ... du ... selbstgerechter Krämer!«
Noch wütender als auf Larian war Enris auf sich selbst, weil er das Gefühl hatte, dass ihm ein dicker Knoten aus Zorn im
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