Runlandsaga - Feuer im Norden
und Schreie im Saal.
Der Wachmann, den Corrya befragt hatte, wirbelte gehetzt herum. »Wir müssen weg! Die Halle brennt wie Zunder, und die Kerle haben Feuer.«
»Nein!«, herrschte der Anführer der Wache ihn an. »Du trägst immer noch die Rüstung der Stadt und stehst unter meinem Befehl. Wir müssen dafür sorgen, dass so viele wie möglich entkommen können. Wenn wir die Leute nicht beruhigen, werden sie sich noch alle gegenseitig tottrampeln.«
Der Mann sah Corrya an, als hätte dieser seinen Verstand verloren. »Ich scheiß auf die Rüstung! Ich bin kein Krieger, ich bin ein verdammter Küfner. Ich will bloß noch weg!« Er riss sich los und lief auf die Menge zu, die sich vor dem Eingang drängte und gegenseitig wegschob, um der offenen Tür näherzukommen. Einige lagen bereits besinnungslos am Boden. Corrya fluchte und rannte ihm hinterher.
»Ihr ... ihr hattet wirklich Recht ...«, stammelte Tolvane leise. Obwohl er seine Worte an Arcad gerichtet hatte, war es, als würde er mit sich selbst reden.
Der Elf beachtete ihn nicht. Er hielt immer noch die Schwarze Harfe in seinen Händen und beobachtete die Menschenansammlung. Dann wandte er sich einem der verriegelten Fenster an der Seitenwand zu. »Schnell, hier hindurch und auf die Veranda!«, stieß er hervor und schob einen der beiden Riegel an den Fensterläden zurück. Enris trat zu ihm und entsperrte den anderen.
»Wir müssen zurück zum Hafen!«, rief Suvare. »Hoffentlich haben meine Männer das Schiff auslaufbereit.«
Larcaan sprang von dem Podest, während andere Ratsmitglieder die Stufen heruntereilten. »Das haben wir Euch zu verdanken, Elf!«, zischte er. »Hatten diese Mörder nicht nach Euch gefragt, als sie gestern das Kind entführten? Ihr habt die Kerle angezogen wie Aas die Fliegen.« Er drehte sich zu Tolvane und dem Rest der Ratsleute um. »Warum geben wir ihnen nicht den Elfen? Dann lassen sie uns vielleicht in Ruhe.«
Mit ein paar schnellen Schritten war Suvare bei ihm. Bevor er ausweichen konnte, schlug sie ihm mit ihrem Handrücken hart ins Gesicht. Er prallte zurück und starrte sie an, als hätte sie ihren Verstand verloren.
»Wenn du das noch ein einziges Mal wiederholst, bringe ich dich um«, knurrte sie ihn an. »Ich meine es ernst.«
Larcaans Hand glitt zu seinem Mundwinkel, und er betastete die blutende Unterlippe. »Das wird dir noch leid tun«, murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. Seine Stimme bebte vor mühsam in Zaum gehaltener Wut.
Suvare hatte sich bereits wieder abgewandt. »Ich würde nicht darauf wetten.« Sie trat vor die Ratsmitglieder und deutete zum Fenster, das Arcad und Enris inzwischen geöffnet hatten. »Lauft so schnell wie möglich zum Hafen. Meine Tjalk liegt am südlichsten Pier vor Anker, und da sind auch noch andere Schiffe.«
»Ich muss zuerst nach Hause und meine Familie holen!«, rief der Ratsherr mit dem bartlosen Kindergesicht.
»Ich will auch erst zu meiner Frau«, keuchte der ältere Mann, der als Letzter zu der Versammlung gestoßen war. Er warf einen Blick über die Schulter zurück und sah, wie sich am Eingang die Menschen drängten. Ein Teil hatte sich schon aus dem Saal geschoben. Corrya zog mithilfe eines weiteren Wachmanns jeden zur Seite, der zu brutal vorwärtskommen wollte. Der schnellere Weg nach draußen führte aber immer noch durch die Fenster an der Längswand. Auch andere Leute hatten das erkannt und waren wieder nach hinten gelaufen.
»Dann sucht eure Verwandten und kommt so schnell wie möglich zu den Pieren«, riet der Elf den beiden Ratsherren. »Ich sorge mit Suvare dafür, dass wir Andostaan sofort verlassen. Enris, hilf du den Alten aus dem Fenster!« Mit einer raschen Bewegung hängte er sich die Harfe an ihrem Lederriemen auf den Rücken und schwang sich als Erster über den Fensterrahmen ins Freie. Laute Rufe der fliehenden Menschen drangen an Enris‘ Ohren.
»Flieht zur Stadt hinunter und haltet nicht an!«, ertönte Arcads Stimme von draußen. Dann hatte die Nacht ihn verschluckt. Suvare folgte dem Endar. Sie war kaum auf die Veranda gestiegen, als sich die Ratsmitglieder vor dem Fenster aufstellten.
Tolvane hielt sich an der Fensterbank fest, um sich hochzuziehen. Enris streckte eben die Arme aus, weil er ihm helfen wollte, als jemand neben ihn trat und den Ratsherrn ansprach.
»Lasst mich Euch zur Hand gehen, Herr!«
Es war Tolvanes Hausverwalter. Enris wusste nicht, wo der Mann während der Versammlung gesessen hatte. Der Alte war ihm
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