Runlandsaga - Feuer im Norden
endlich verzogen?« Suvare war an Deck gekommen. In ihrer Begleitung befanden sich Arcad und Enris. Themet vermied es, die beiden anzusehen. Mit gesenktem Kopf stieß er sich von der Reling ab und lief über das leere Deck zum Bug.
»Torbin, halte Kurs auf die Bucht bei den Weißen Felsen!« befahl Suvare. »Wir gehen dort an Land.«
»Ay, Khor.«
Der Steuermann packte das Rad vor sich und drehte es mit kräftigen Handbewegungen. Nun, da sie erneut mehr am Wind segelten, näherte sich die Tjalk schnell der Küste.
»Ich halte es für keine gute Idee, die Leichen zu verbrennen«, sagte Arcad an Suvare gewandt. »Andostaan ist nur ein paar Stunden entfernt, und wir wissen nicht, was die Serephinkrieger vorhaben, jetzt, da die Stadt zerstört ist. Wenn sie sich nach Westen gewandt haben, dann führt sie der Rauch eines Scheiterhaufens womöglich direkt zu uns.«
Suvare trat ein paar Schritte von Teras und Torbin fort. Enris und der Elf folgten ihr.
»Ich glaube nicht, dass wir sie so schnell wieder zu sehen bekommen«, erwiderte sie leise. »Andostaan war die einzige Stadt auf dieser Halbinsel. Ansonsten ist Felgar nur von Bauernhöfen und Fischerdörfern besiedelt. Die nächste Stadt von der Größe Andostaans liegt im Osten, im Wildland. Ist es nicht wahrscheinlicher, dass sich diese Krieger dorthin wenden werden?«
Arcad seufzte. »Ich wünschte, ich könnte sagen, was der Plan der Serephin ist. Aber ich weiß es nicht. Mein Volk war einst wie sie, aber unsere Schicksale haben sich schon so lange auseinander bewegt, dass sie für mich so rätselhaft und unberechenbar sind wie dieses Meer, auf dem wir uns fortbewegen. Ich weiß nur, dass sie die Rasse der Temari hassen und dass sie schon früher versucht hätten, die Menschen auszurotten, wenn sie jemals einen Weg nach Runland gefunden hätten.«
Suvares Augen verengten sich. »Na großartig. Seit dem gestrigen Abend ist ja nun klar, dass der Weg hierher so offen ist wie ein verdammtes Scheunentor. Es muss doch eine Möglichkeit geben, diese Serephin aufzuhalten.«
»Hattet Ihr nicht gemeint, die Dunkelelfen ...«, begann Enris, aber ein warnender Blick des Endars ließ ihn wieder verstummen.
»Was war das?«, wollte Suvare wissen.
»Nicht jetzt!«, erwiderte Arcad. »Lasst uns erst die Toten bestatten, bevor wir darüber sprechen. Die anderen sollten das ebenfalls hören.«
Enris rechnete damit, dass sich Suvare nicht mit dieser Antwort zufriedengeben würde. Aber sie drang nicht weiter darauf, mehr von dem Elfen zu erfahren.
Während die Steilklippen vor dem Bug des Schiffes im Näherkommen mehr und mehr zu wachsen schienen, füllte sich das Deck allmählich mit den Flüchtlingen aus Andostaan, die aus dem Laderaum ans Licht des neuen Tages traten. Enris sah Corryas Kopf in der Öffnung auftauchen, die mittschiffs in den Bauch der Tjalk hinabführte. Der Wachmann sah sich um und blickte kurz zu ihnen hinüber. Schließlich trat er an Deck, drehte sich um und half mit ausgestreckter Hand einem weiteren Mann über die steilen Stufen empor. Es war Tolvane. Der alte Ratsherr sah sogar von weitem ziemlich mitgenommen aus. Sein Gesicht war aschgrau, und er bewegte sich noch langsamer als sonst, als hätte er während der letzten Stunden kaum Schlaf gefunden. Enris konnte es ihm nicht verdenken. Er war selbst völlig müde und erschöpft. An Ausruhen war in der Zeit im Laderaum kaum zu denken gewesen. Dazu war viel zu viel passiert. Bis zu Suvares Auftauchen hatte er nur dagelegen und sich von einer Seite auf die andere gewälzt, ohne wirklich Schlaf zu finden.
Hinter Tolvane stiegen noch weitere Leute an Deck. Enris sah den Hausverwalter des alten Ratsherrn, und den Mann hinter ihm erkannte er ebenfalls wieder: Es war Larcaan. Seine dunklen Haare standen wirr in alle Richtungen ab. Er sprach leise mit jemandem, der ihm folgte.
»Unsere beiden Herzchen sind also auch aufgewacht«, brummte Suvare neben ihm.
»Wer ist der, mit dem Larcaan gekommen ist?«, wollte Arcad wissen.
»Er heißt Thurnas«, erwiderte Suvare. »Die beiden sind schier unzertrennlich. Ihr habt Larcaan ja gestern Abend selbst erlebt, und seine Rechte Hand ist nicht viel besser. Zusammen können sie unerträglich sein.«
Als ob Larcaan sie vernommen hätte, marschierte er schnurstracks auf die Gruppe am Heck zu. Thurnas hielt sich dicht neben ihm. Die anderen Flüchtlinge folgten in einigem Abstand.
»Ich sehe, wir haben bereits die Weißen Klippen erreicht«, sagte Larcaan laut, ohne
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