Runlandsaga - Sturm der Serephin
herum, die Faust, mit der er Enris geschlagen hatte, noch immer geballt und erhoben.
Im selben Moment stellte sich Ranár zwischen die beiden.
»Ich glaube dir gern, dass du mit ihm deinen Spaß haben möchtest«, sagte er zu Sareth, »aber das muss warten.«
Sareth blickte ihn verständnislos an. Aus seinem Gesicht leuchtete noch immer boshafte Freude, als fiele es ihm schwer, so plötzlich wieder zu einem Ausdruck zurückzufinden, der für ein Gespräch mit seinem gefährlichen Auftraggeber angemessener war.
»Das ist doch der kleine Mistkerl, der uns gestern so viel Ärger gemacht hat!«
»Ich weiß«, erwiderte Ranár trocken. »Aber ich habe jetzt keine Zeit für deine Rache an ihm. Ich will so schnell wie möglich hinunter in die Höhlen, und ich will, dass diese Leute hier ...«, er deutete mit einer ausladenden Handbewegung auf Margon, Thaja und Arcad, »... mich begleiten. Während du hier dumm herumstehst und dich mit dem Jungen prügelst, ist der Eingang zur Festung unbewacht, nicht wahr?«
Sareth setzte eine bestürzte Miene auf. Enris, der vornübergebeugt auf einer der Treppenstufen saß und mit dem unversehrten Auge zu den beiden hinüberblinzelte, durchzuckte der Gedanke, dass Sareths ohnehin schon lang gezogenes Pferdegesicht nun noch fratzenhafter aussah. Tränen sickerten zwischen Enris’ Fingern hindurch und liefen ihm die Wange hinab. Laut hörbar zog er durch die Nase hoch, damit ihm nicht plötzlich auch noch Rotz am Kinn hinablaufen würde.
»Also sichere mit deinen beiden Männern das Tor, anstatt hier Spielchen zu treiben!«, fuhr Ranár fort. »Was ist mit den beiden Kindern da?«
Sareth sah seinem Auftraggeber kurz in die Augen, dann knapp an ihm vorbei – gerade so wenig, wie er hoffte, dass es nicht respektlos wirken mochte.
»Die sind uns gefolgt. Wir haben sie am Eingang erwischt.«
Ranár schüttelte seufzend den Kopf.
»Sie sind euch gefolgt – und bemerkt habt ihr es erst hier? Langsam frage ich mich, ob ihr wirklich etwas aus dem gelernt habt, was mit Toron passiert ist.«
Sareths Blick schnellte erschrocken wieder zu Ranárs Augen, nur um von ihrer Härte abzuprallen wie ein Ball von einer Steinmauer.
»Aber letztlich ist das gar nicht so schlecht. Ihr habt uns ein paar zusätzliche Geiseln verschafft. Bring sie hierher! Sie begleiten uns hinunter. Ich will nicht, dass sie euch ablenken. Kümmert euch stattdessen darum, dass niemand aus dem Dorf in die Festung gelangt.«
Sareth nickte und drehte sich um. Margon sah, wie er zurück in den Innenhof lief, ein paar Worte mit seinem Kameraden wechselte und die beiden Kinder vor sich her in die Schwarze Nadel scheuchte. Mit erschrockenen Blicken musterten die Jungen die Ansammlung von Leuten vor der steinernen Wendeltreppe.
»Willkommen in unserer Mitte!«, strahlte Ranár sie an. »Wie heißt ihr?«
Der Rothaarige zuckte zusammen. Sareth stieß ihn zwischen die Schulterblätter.
»Mirka«, sagte er mit dünner Stimme.
»Themet«, schloss sich der andere Junge an.
»Also – Mirka, Themet –« fuhr Ranár freundlich fort, »betrachtet euch als meine Gäste, so wie diese anderen guten Leute hier auch. Das heißt: Wenn ihr meine Gastfreundschaft missbraucht, sterbt ihr. Wenn ihr still seid und tut, was ich euch sage, überlebt ihr den heutigen Tag vielleicht.«
Er wandte sich wieder Sareth zu.
»Macht euch an die Arbeit! Lasst das eiserne Tor herab! Zieht die Zugbrücke hoch! Wenn sie Leitern über die Klippe legen oder versuchen, über die Mauer zu klettern, sagt ihnen, dass wir Geiseln genommen haben und sie töten werden, wenn sie nicht bleiben, wo sie sind. Letztendlich stecken in ihren Rüstungen nur Bauern und Fischer, keine wirklichen Krieger. Sie werden sich mit eingezogenen Schwänzen zurückziehen.«
Sareth nickte knapp.
»Abgesehen davon glaube ich nicht, dass sie so schnell etwas unternehmen werden«, sprach Ranár weiter. »Erst einmal werden sie nur sehen, dass die Festung abgeriegelt worden ist, und bis sie sich beratschlagt haben, vergeht Zeit, die für mich wertvoll ist.«
Sareth nickte erneut. Jetzt, da sein Khor ihm einen neuen Auftrag erteilt hatte, schien er eifrig bemüht, diese Gelegenheit wahrzunehmen, sich aus dessen Reichweite zu bringen. Ohne einen weiteren Blick auf Enris oder Ranárs andere Geiseln lief er zurück in den Innenhof.
»Geh voran!«, befahl Ranár dem Elf.
Arcad setzte sich mit immer noch ausdrucksloser Miene in Bewegung. Er bückte sich und ergriff den Ring der
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