Runlandsaga - Sturm der Serephin
Bodenklappe, die in den Keller hinabführte. Thaja trat zu ihm, um ihm zu helfen, aber die Körperkraft des Endars ließ ihn die Klappe ohne große Anstrengung hochziehen.
Themet hatte sich zu Enris gestellt. Das geschwollene Auge des jungen Mannes tränte noch immer. Er hob den Kopf.
»Hallo«, sagte Themet. Er versuchte zu lächeln, was ihm gründlich misslang.
»Bleibt beide in unserer Nähe«, murmelte Enris. Er hoffte, dass Ranár, der gerade auf das offene Loch im Boden hinabblickte, ihn nicht gehört hatte. Er wusste nicht, ob es ihm gelingen würde, dem Jungen etwas von seiner Angst zu nehmen. Sein zugeschwollenes Auge trug sicher nicht dazu bei, Themet Hoffnung zu machen, dass sie den heutigen Tag überleben könnten, doch er wollte es wenigstens versuchen. Der Gedanke, dass der Junge, den er gestern noch gerettet hatte, nun erneut in tödlicher Gefahr schwebte, war ihm unerträglich. Außerdem hoffte er wider besseren Wissens darauf, dass Margon und Thaja sich etwas einfallen lassen würden. Ob der Endar über einen Plan nachdachte, wie sie Ranár und seinen Männern entkommen konnten, wusste Enris nicht zu sagen, aber er erinnerte sich noch gut an das, was ihm über das Leben des alten Magiers und der Heilerin bekannt war. Sie hatten einem Wesen aus der Äußeren Leere getrotzt. Bestimmt würden sie nicht so einfach aufgeben.
Mirka drängte sich neben Themet. Er hatte die Schultern hochgezogen, als versuchte er, sich dazwischen zu verstecken.
»Das hier ist der Mann, der mir gestern geholfen hat«, flüsterte Themet.
Mirka schien ihm gar nicht zuzuhören. Er betrachtete Ranár, der am Rand zu dem Loch im Boden stand und hinunterblickte. Hinter ihm hatte Thaja zwei neue Fackeln aus einem Regal genommen und war dabei, sie anzuzünden.
»Du gehst voraus, Endar!«, verfügte Ranár. »Dann der Magier und die Frau.«
Enris durchzuckte der Gedanke, dass der Fremde sich gerade das Wissen darum, wer Margon war, hatte anmerken lassen. Er fragte sich, ob es ein Zeichen für eine Unaufmerksamkeit ihres Entführers war, oder ob es ihn lediglich nicht kümmerte, was seinen Geiseln an seinen Bemerkungen auffiel. Doch bevor er den Gedanken weiter verfolgen konnte, sprach Ranár ihn an.
»Du folgst ihnen mit den beiden Kindern. Ich gehe als Letzter.«
Enris erhob sich. Arcad war zwar gerade erst mit einer der beiden Fackeln im Durchgang zum Keller verschwunden, dennoch wollte er gegenüber Ranár nicht den Eindruck erwecken, er fordere ihn durch sein Sitzenbleiben auf der Treppe heraus. Wenn er am Leben bleiben wollte, musste er eine sichere Partie spielen.
Thaja hatte die zweite Fackel entzündet. Nun wandte sie sich an den Fremden.
»Wie soll er da hinabklettern?«, fragte sie und deutete auf Margon, der bei ihren Worten den Kopf hob. Er kannte sie lange genug, um am Ton ihrer Stimme zu erkennen, wie mühsam sie ihren Zorn im Zaum hielt, und war hin – und hergerissen zwischen wütendem Stolz auf ihren Mut und tiefer Angst davor, dass sie dieses Ungeheuer, dem sie gegenüberstand, zu sehr reizen könnte.
»Ihr habt ihm den Arm gebrochen!«
Ranár schien ihren Zorn nicht zu bemerken.
»Und wenn schon«, gab er zurück. »Er hat doch noch einen gesunden Arm, oder?«
Enris beobachtete, wie Margon seine Frau, noch bevor sie etwas erwidern konnte, fest an der Schulter fasste.
»Es wird schon gehen«, sagte er ruhig. »Halte du nur die Fackel über mir, damit ich sehe, wo ich hintrete.«
Sie sah ihn für einen Moment an, ohne zu antworten. Dann kniete sich an den Rand des Lochs. Margon ließ sich neben ihr nieder und tastete mit den Füßen nach den Sprossen, die in den Keller hinabführten. Mit einer Hand hielt er sich am oberen Ende der Leiter fest. Als er begann, Arcad zu folgen, hielt Thaja die Fackel über ihm. Kaum, dass er unten angekommen war, nahm Ranár sie der Heilerin ab und schickte sie ebenfalls hinunter. Schließlich waren nur noch Enris und die beiden Kinder übrig. Der junge Mann ließ Themet und Mirka vorangehen, obwohl es ihm nicht leicht fiel, mit dem Fremden allein im Raum zu bleiben. Der Schein der Fackel tanzte über Ranárs bösartig fröhliches Gesicht wie ein Irrlicht in einem Sumpf.
»Jetzt du«, sagte er.
Enris ergriff die hölzernen Sprossen und ließ sich in den Keller hinunter. In einem Halbkreis um ihn herum standen die anderen.
Kurz fragte er sich, ob es nicht die Dummheit von Schafen war, dass sie alle sich einfach so in ihr Schicksal ergeben hatten und nicht davonliefen
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