Runlandsaga - Sturm der Serephin
Erbe, dabei besitzt ihr nicht einmal mehr die Hälfte des Wissens, das ihr hattet, als ihr noch Serephin wart!«
»Lasst ihn bitte los!«, rief Thaja eindringlich. »Ihr bringt ihn noch um!«
Margon hatte ihre Worte kaum gehört. Er war wie vom Donner gerührt über die letzten Worte ihres Entführers. Was hatte er gesagt? Die Elfen waren einst Serephin gewesen, die feurigen Schlangen aus der Dämmerung der Schöpfung?
»Er hat es nicht anders verdient!«, erwiderte Ranár grimmig, der dem Endar immer noch den Hals zudrückte. Sein Kopf neigte sich, bis ihre beiden Gesichter sich beinahe berührten. Arcad ließ Ranárs Arm los. Seine Hände fuchtelten wild durch die Luft. Ein Röcheln drang aus seinem Mund.
»Das sollst du noch erfahren, bevor du stirbst: Das Quelor unter der Meeresburg ist kein gewöhnliches Portal. Es öffnet sich nicht nur zu einem einzigen Ort, nicht nur zum Reich der Dunkelelfen. Es ist auch ein Tor zu anderen Welten. Ich werde ein Portal nach Vovinadhár aufstoßen und einen Durchgang für die Serephin schaffen, die schon lange darauf warten, einen Weg nach Runland zu finden! Du hast mir gezeigt, wie man ein Quelor öffnet, den Rest schaffe ich auch alleine.«
Sein Lächeln erstarb.
»Dein eigener Wunsch, die Antara um Hilfe zu rufen, hat mich an mein Ziel gebracht. Dies soll deine Strafe sein: mit dem Wissen zu sterben, dass du selbst es mir ermöglicht hast, hierher zu gelangen und meine Brüder und Schwestern zu rufen!«
Thaja trat einen Schritt vor, doch Margon ergriff ihren Arm. Ihre Blicke trafen sich. Der Magier erschrak vor der Wut in ihren Augen – Wut auch auf ihn, weil er sie zurückhielt. Er ließ sie los, doch sie blieb neben ihm stehen, ohne sich zu rühren und ihn anzusehen.
Ranár stand über den Elfen gebeugt und drückte seinem Opfer unvermindert die Kehle zu. Mirka und Themet starrten ihn an, ihre beiden Gesichter Masken der Furcht, die sie einmal mehr wie Geschwister wirken ließen. Enris wandte den Blick ab.
Arcads Arme fuhren immer noch durch die Luft, doch ihre hektischen Bewegungen wurden langsamer. Einige Male trafen sie Ranár, doch er schien es nicht zu spüren. Dicke Adern traten an den Schläfen des Elfen hervor, sein Mund stand offen, aber das laute Keuchen, das er eben noch von sich gegeben hatte, war verstummt. Arcads Augen verdrehten sich nach oben, und sein Körper erschlaffte.
»Narr!«, entfuhr es Ranár. Gleichzeitig ließ er den Elfen los, dessen leblose Gestalt zu Boden glitt. Er drehte sich um, ohne auf die anderen zu achten, und trat zu dem Podest am Ende des durchscheinenden Weges, der zwischen den Sternen hing.
Thaja kniete sich sofort neben den Elfen und legte eine Hand an dessen Hals.
»Dieses verdammte Ungeheuer!«, stieß sie leise hervor. »Er hat ihn umgebracht.«
Margon schloss die Augen und senkte den Kopf.
Nach all diesen Jahren! Er hatte jemanden aus dem Volk der Erstgeborenen wieder gefunden, den Erbauer der kostbaren Harfe, deren Magie einst ihm – und wahrscheinlich ganz Runland – das Leben gerettet hatte. Arcad hatte ihn noch gekannt, als er selbst ein junger Mann und Harfenspieler gewesen war, der nichts von den Verborgenen Dingen gewusst hatte. Nun lag der Endar tot zu seinen Füßen. Sie hatten ihn nicht retten können. Wären sie dazwischen gegangen, hätte sie dasselbe Schicksal wie den Elfen ereilt. Diese Hilflosigkeit schmeckte bitter in Margons Kehle. Ein weiterer Zeuge seines Lebens war für immer fort, und die Straße zurück in die Vergangenheit, in die Tage, als er noch nicht im Körper eines alten Magiers gesteckt hatte, verlor sich in der Dunkelheit.
»Ich kann nicht mehr!«, keuchte Enris. »Ich muss hier weg!«
Er drehte sich zu der leuchtenden Wolke um und wies in ihre Richtung.
»Wir sind doch von dort gekommen, nicht wahr? Also warum verschwinden wir nicht einfach? Der hat doch, was er wollte!«
Er warf einen Blick zu Ranár, der das Portal erreicht hatte und die Stufen zu dem Rahmen erklomm. Dann drehte er sich um und lief auf das andere Ende der Brücke zu. Thaja richtete sich auf und eilte hinter ihm her, gefolgt von Margon.
»Warte!«, zischte sie. »Wir wissen nicht, welchen Zauber dieses Portal aufrecht erhält und ob wir so einfach zurückgehen können, wie wir hindurchgetreten sind! Ich ...«
Weiter kam sie nicht. Enris hatte bereits eine Hand ausgestreckt und die sich träge drehende Wolke vor seinem Gesicht berührt. Im nächsten Augenblick prallte er zurück gegen die Heilerin. Ein
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