Runlandsaga - Sturm der Serephin
seinem Geistkörper untersuchen. Wenn wir es schaffen, Arcad wieder ins Bewusstsein zu holen, findet er vielleicht eine Fluchtmöglichkeit für uns, bevor Ranár wieder in seinen Körper eintritt.«
Die beiden Kinder starrten ihn verständnislos an, aber Thaja nickte, und auch Enris schien begriffen zu haben, denn er bückte sich sofort wortlos, um Arcads Oberkörper anzuheben. Thaja ergriff die Beine des Elfen. Zu zweit trugen sie den immer noch reglosen Körper zum anderen Ende der Brücke.
In unmittelbarer Nähe der schwebenden Wolke ließen sie ihn behutsam zu Boden. Thaja kniete sich hinter Arcads Kopf und bettete ihn in ihren Schoß. Dann presste sie die Hände fest auf seine Schläfen. Sie schloss die Augen. Ihre Lippen bewegten sich lautlos.
»Was macht sie da?«, flüsterte Enris.
»Sie hilft Arcad, schneller das Bewusstsein wieder zu erlangen«, raunte Margon. »Sie hat das in der Vergangenheit schon öfter getan, wenn diejenigen, die sie behandelt, im Fieber die Besinnung verloren hatten, aber es strengt sie sehr an. Es ist nicht einfach.«
Enris fielen im selben Moment die dicken Schweißperlen auf, die sich auf Thajas Stirn gebildet hatten. Der Oberkörper der Heilerin wiegte leicht vor und zurück, eine Ader in der Mitte ihrer Stirn trat dick hervor. Arcads Lider flatterten schwach. Mit einem plötzlichen Ruck begann sein rechtes Bein zu zucken. Themet schnappte überrascht nach Luft. Der Elf riss die Augen auf, als würde er aus einem grässlichen Albtraum emporschrecken.
»Ganz ruhig«, flüsterte Thaja. »Schreit nicht, sonst erregt Ihr Ranárs Aufmerksamkeit!«
»Mein Ha ...« murmelte Arcad heiser. Er schnappte nach Luft, ohne weiter zu sprechen, und begann zu husten. Die Anstrengung schüttelte seinen ganzen Körper. Enris beobachtete den Serephin am anderen Ende der Brücke, doch dieser hatte sich nicht gerührt. Er saß noch immer mit dem Rücken zu ihnen auf dem Podest.
»Mein Hals ... er brennt«, stieß der Elf hervor.
»Wir dachten schon, Ranár hätte Euch erwürgt«, sagte Thaja.
»Das hat er auch beinahe ...« brachte Arcad hervor. Ein neuer Hustenanfall schüttelte ihn, und er krümmte sich. Seine Hände betasteten seine Kehle. Schnell ergriff Thaja eine von ihnen.
»Nicht! Euer Hals ist geschwollen. Ich kann mir vorstellen, dass er Euch sehr schmerzt, aber fasst ihn besser nicht an.«
Arcad hielt mit der anderen Hand in der Bewegung inne und benutzte sie stattdessen, um sich aufzurichten.
»Es fühlt sich an, als hätte ich glühende Kohlen geschluckt«, murmelte er und hustete abermals. »Bei der Träumenden! Beinahe hätte ich meine letzte Reise über die Große See angetreten.«
Er hatte eine der Umschreibungen der Endarin für den Tod benutzt, wie Margon auffiel. Eine andere war Tamas Taron , der Dunkle Arm. Den Magier durchzuckte der Gedanke, dass die Erstgeborenen vielleicht deswegen so viele Worte für den Tod hatten, weil sie ihn insgeheim noch mehr fürchteten als die Temari. Für einen Menschen war es alltäglich zu wissen, dass man eines Tages sterben würde. Wie mochte dieses Wissen für Wesen sein, denen immer wieder von allen Seiten Unsterblichkeit nachgesagt wurde – Wesen, für die der Tod in weite Ferne gerückt war, aber dennoch als Möglichkeit vorhanden, dennoch lauernd am Ende einer schier unfassbar langen Straße?
Letztendlich sind sie genauso sterblich wie wir , dachte Margon. Deshalb umgibt so viele von ihnen diese Traurigkeit, die man ihnen immer wieder nachsagt. Sie leben nicht mit dem Tod wie wir Menschen. Sie sind ihn nicht gewöhnt.
»Arcad, ich weiß, es ist in Eurem Zustand viel, was ich von Euch verlange«, sagte er laut, »aber die Zeit drängt!«
Der Elf unterdrückte einen erneuten Hustenanfall und blickte ihn gespannt an. Margon glaubte, in seinen Augen regelrecht sehen zu können, wie er sich von Moment zu Moment mehr sammelte, und konnte nicht umhin, Arcads Willensstärke zu bewundern.
»Ranár untersucht das Podest am anderen Ende der Brücke«, fuhr er fort. »Dazu ist er in die Geistwelten gegangen. Es ist, wie er gesagt hat. Das eigentliche Quelor ist dort. Das Portal in den Höhlen war nur der Durchgang in den inneren Bereich. Wenn wir fliehen wollen, dann ist jetzt unsere einzige Gelegenheit – solange Ranár nicht zurück in seinem Körper ist. Könnt Ihr uns wieder nach Runland bringen?«
Arcad, der sich aufgesetzt hatte, richtete den Blick auf die entfernte Gestalt ihres Entführers.
»Ay«, murmelte er, »ich kann das
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