Runlandsaga - Sturm der Serephin
vorhatten.
Indem er die Kisten, die sich vor ihm auftürmten, als Deckung benutzte, schlich er vorwärts. Über sich hörte er den Regen dumpf auf das Dach trommeln. Ein paar Mal musste er auf Zehenspitzen Umwege gehen, um nicht gesehen zu werden.
Schließlich erreichte er den hinteren Bereich der Halle. Er lugte hinter einem breiten Holzregal hervor, das von der linken Längswand fast bis in die Mitte des Raumes reichte und dessen Fächer dicht mit den unterschiedlichsten Fellen angefüllt waren. Ein starker Geruch von Tierhaar und Leder erfüllte diesen Teil des Gebäudes. Bestimmt würde bald ein Schiff eine Ladung Jagdbeute aus dieser Halle aufnehmen. Eine so große Menge an Waren lagerte man nicht zu lange am selben Ort. Wenn Enris sich nicht in solcher Nähe einiger offensichtlich gefährlicher Leute befunden hätte, wäre er versucht gewesen, die Hände über die Felle gleiten zu lassen, um ihre Beschaffenheit zu prüfen. Er biss die Zähne aufeinander. So überzeugt er davon sein mochte, nicht für das Leben eines Händlers geschaffen zu sein, waren manche Angewohnheiten dennoch schwer aus den Knochen zu bekommen.
Die Kerle standen wie zuvor im Kreis um den Kleinen, den sie auf einen Stuhl gesetzt hatten. Jetzt erst eröffnete sich Enris die Gelegenheit, sie näher zu betrachten. Einer von ihnen lehnte links von dem Jungen an einem breiten, niedrigen Schreibtisch mit dicken Beinen, auf dem eine Öllampe ihr trübes Licht in den Raum warf, unterstützt von ein paar weiteren Lampen an den Wänden. Er beugte sich über die stark rußende Flamme, um sich eine Pfeife anzuzünden. Der Schein der Lampe fiel auf sein dunkelhäutiges Gesicht und hob die vielen Narben von Pusteln, die er sich wohl in seiner Jugend zugezogen hatte, noch deutlicher hervor.
Ein anderer mit einem runden, harmlosen Kindergesicht stand neben ihm und musterte den Anführer der vier. Der Mann hatte sich dem Jungen gegenüber aufgebaut. Die Wangen des Kleinen glänzten vor Nässe, ob wegen des Regens oder weil er geweint hatte, war nicht zu sagen. Er hielt den Kopf gesenkt.
»Wo sollen wir ihn später treffen?«, fragte derjenige mit der qualmenden Pfeife in die Runde.
»Er hat was von den Stegen an der Hafenmauer geplappert«, erwiderte der Anführer.
»Ich glaub nicht, dass wir ein Problem damit haben werden, ihn zu finden«, ließ der vierte der Männer sich vernehmen.
»Was meinst du denn damit?«, wollte der mit dem runden Gesicht wissen.
Der Angesprochene verzog den Mund, als hätte er sich selbst bei einem Gedanken an etwas Unangenehmes überrascht. Seine Augen schwenkten von seinem Khor zu dem, der ihn gefragt hatte.
»Na was wohl, Doran? Dass der uns bestimmt finden würde, selbst wenn wir ihn nicht fänden!«
Der Mann neben ihm sog heftig an seiner Pfeife und nahm sie wieder aus dem Mund.
»Der Kerl macht mich nervös«, sagte er, während er den Rauch ausblies. Er vermied es, seinen Anführer anzusehen.
»Mit dem stimmt etwas nicht. Ich frag mich, ob das überhaupt ein normaler Mensch ist. Vielleicht ist es irgendein verdammter Mischling.«
Der Khor der Vier wandte sich ihm blitzschnell zu und packte ihn am Kragen. Der Junge auf dem Stuhl zuckte zusammen und starrte ihn erschrocken an. Der Narbengesichtige ließ die Pfeife auf den Tisch fallen.
»Mirad, ehrlich gesagt ist es mir schnurzegal, ob die Mutter von diesem Bastard ein Elflein oder eine Zwergenfrau war!«, sagte er laut, während er den Mann immer noch am Kragen festhielt. Der Kerl rechts von ihm ließ ein belustigtes Grunzen ertönen.
»Er hat uns gut bezahlt, und das ist alles, was wir von ihm wissen müssen.«
»Schon gut!«, beschwichtigte Mirad. »Ich sag doch nur, dass ich den Kerl nicht gern in meiner Nähe hab. Wenn der einen anschaut, krieg ich das Gefühl, dass gerade einer über mein Grab gelaufen ist.«
Doran nickte.
»Ich bin auch froh, wenn die Sache gelaufen ist. Unser Gold haben wir ja bereits in den Taschen. Dieser Irre hat uns alles im Voraus bezahlt. Verdammt, Sareth, warum verschwinden wir nicht einfach mit dem nächsten Schiff?«
Der Anführer der Männer verdrehte angewidert die Augen, ließ das Narbengesicht los und blickte sich in der Halle um, als suche er nach jemandem, der ein wenig mehr Verstand besaß. Als er für einen Moment in Enris‘ Richtung sah, zog dieser schnell den Kopf hinter das Regal zurück.
»Hast du vielleicht schon mal darüber nachgedacht«, sagte Sareth laut, »dass da, wo das Gold hergekommen ist, das du
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