Runlandsaga - Sturm der Serephin
Leben ereilt.
Das Gefecht zwischen Melar und Carnaron tobte so heftig, dass die Wucht ihres Ringens nicht nur Orummu erschütterte, sondern auch viele andere Welten, die durch den Traum der Hohen Cyrandith entstanden waren. Doch Melar hielt der Kraft seines Gegners stand. Der gnadenlose Blick aus den zahllosen Augen des Schmetterers brachte ihn nicht ins Wanken. Er ergriff seinen Bogen, legte einen Pfeil an und spannte das eisenharte Pirvenanholz, bis es gefährlich zu knacken begann und der Bogen zu zerbrechen drohte. Mit einem markerschütternden Schrei raste Carnaron auf ihn zu, all seine Keulen zum vernichtenden Schlag erhoben, doch im selben Moment ließ Melar seinen Pfeil fliegen. Das brennende Geschoss schnellte wie das Licht der aufgehenden Sonne auf seinen Gegner zu und durchstieß Carnarons Hals mit einer Wucht, wie sie nur der Bogen des Jägers hervorzubringen vermochte. Da floss das Lebensblut des Schmetterers in Strömen aus der Wunde. Melar fing es mit einem Zauber auf, denn er sah dessen Kraft als seine rechtmäßige Beute an. Carnaron sank auf die Knie und ließ seine Waffen fallen. Der sterbende Blick seiner unzähligen Augen war auf seinen Bezwinger gerichtet. Mit seinen letzten Worten verfluchte er ihn und die anderen Herren der Ordnung.
»Du, der du glaubst, mich vernichtet und meine Schöpfer besiegt zu haben, hast dir nur Zeit erkauft. Denn niemals werdet ihr uns auslöschen, uns, die wir die Flammen sind, die in jedem Herzen brennen. Unsere Rache wird die Welt, die ihr zerstört habt, als ihr uns besiegtet, hinwegfegen wie Schmutz aus einem verrotteten Haus!«
Da wurde Melar von rasendem Zorn ergriffen. Er packte eine der Keulen Carnarons und schlug damit auf den Besiegten ein, um ihn zum Schweigen zu bringen, bis diesen der letzte Lebensatem verlassen hatte.
Dann wandte er sich den Trümmern des Onyxschlosses zu. Er ergriff die Götter des Chaos und band sie. Die Sechs der Ordnung aber sprachen zu ihm: »Töte sie nicht! Sie wurden zusammen mit uns von der Hohen Cyrandith geträumt, und wir können nicht ermessen, was mit uns selbst und unserer Schöpfung geschehen mag, wenn sie sterben. Lasst sie uns stattdessen hinausstoßen aus den Welten der Träumenden, in den Abgrund, der das Reich der miteinander ringenden Urkräfte von diesen Welten trennt! Verbannen wir sie, damit sie uns nie wieder bedrohen können, und errichten wir die Welten, die wir in unserem Kampf gegen sie zerstörten, mit der Kraft der uns innewohnenden Ordnung von neuem!«
So öffneten die Sechs mit ihrer gemeinsamen Macht ein Portal, einen Riss in den Welten zur Leere des Abgrunds. Melar stieß die Götter des Chaos hindurch und verbannte sie und ihre Kräfte aus Cyrandiths Traum.
Arcad hielt in seiner Erzählung inne. Er schloss die Augen, die während der ganzen, langen Schilderung abwechselnd auf jedem seiner Zuhörer geruht hatten, und fuhr sich mit einer Hand über die Stirn, um sich die Schläfen zu reiben. Enris fiel auf, dass die hellhäutigen Finger des Elfen leicht zitterten. Wenn sie nicht faltenlos glatt gewesen wären, hätten sie die eines Greises sein können. Der Gedanke schoss ihm durch den Kopf, dass er überhaupt keine Ahnung davon hatte, wie alt der Elf wohl war, der ihnen gegenüber saß. Sein Gesicht hätte dem eines Mannes zwischen vierzig und fünfzig Jahren gehören können, aber bei einem der Endarin hätte es ebenso gut vierhundert Jahre alt sein können.
Enris fragte sich, was dieses Zittern von Arcads Fingern bedeuten mochte – ob der Elf nur mühsam seine Ungeduld unterdrückte, seinen Wunsch, so schnell wie möglich wieder in die Höhlen unter der Festung vorzudringen, oder ob seine eigene Erzählung über den furchtbaren ersten Krieg zwischen den Göttern des Chaos und der Ordnung ihn so sehr mitgenommen hatte. Sein Blick wanderte zu Margon, der kurz den Kopf drehte und ihn wachsam ansah, ohne mit einer Miene anzudeuten, was er von der Unterbrechung in Arcads Erzählung halten mochte. Enris blinzelte verwirrt und sah wieder weg. Im selben Moment öffnete der Elf die Augen, ließ die Hand in den Schoß sinken und fuhr fort.
»So geschah es, dass aus Arianna die mit einem Makel behaftete Welt Marianna wurde. Denn so sehr die Götter der Ordnung sich auch bemühten, den Schaden zu beheben, den ihr Krieg gegen das Chaos angerichtet hatte, die Welten, deren Wunden sie heilten und die sie neu errichteten, wurden unweigerlich von der allbeherrschenden Kraft der Ordnung erfüllt. Die
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