Runlandsaga - Sturm der Serephin
sich hertrieb wie Blätter in einem Sturm. So ungeheuer war die Wucht seines Angriffs und das entsetzliche Brennen aus seinen zahllosen Augen, dass die Macht der Götter der Ordnung ins Wanken geriet. Um nicht erschlagen zu werden, mussten sie aus Carn Calatyr fliehen, und die Sechs des Chaos wurden die alleinigen Herren über den heiligen Berg Niriamar.
Die Götter der Ordnung aber zogen sich auf einen der Kontinente um Galamar zurück und berieten sich. Es war ihnen allen unerträglich, die Macht über Orummu völlig verloren zu haben und aus ihrem äonenlangen Wohnsitz vertrieben worden zu sein.
»Unsere Brüder und Schwestern haben uns nach dem Leben getrachtet und uns unserer Heimat beraubt!«, sagte Irimar. »Wollen wir dies hinnehmen und uns verstecken, bis sie uns schließlich finden und ihr Schmetterer sein Werk der Zerstörung vollendet?«
»Ich sage: Bekämpfen wir sie weiter, bevor sie uns endgültig vernichten!«, schlug Nella vor. »Solange sie die Herrschaft über Orummu und damit über die anderen Welten haben, ist unser Leben in Gefahr.«
»Aber was können wir gegen ihr Geschöpf ausrichten?«, fragte Lani. »Wir konnten nicht verhindern, dass er uns aus Carn Calatyr vertrieb.«
»Er ist stark, weil die Kraft ihrer Geschöpfe in ihm haust«, sagte Escyn, die lange geschwiegen hatte. »Wenn wir ein Wesen erschaffen, dem jeder von uns seine Kräfte einpflanzt, besitzen auch wir einen Streiter für unsere Sache, der dem Schmetterer entgegentreten kann.«
So geschah es, dass die Götter der Ordnung ebenfalls ein Wesen erschufen, das für sie kämpfen sollte. Und da sie im Gegensatz zu den Göttern des Chaos Zeit hatten, weil niemand sie in ihrer Verbannung bedrohte, wurde ihr Streiter mit gewaltiger Macht ausgestattet, wie sie nie zuvor ein einzelnes Wesen besessen hatte. Sie nannten ihn Melar , den Jäger, und sie gaben ihm einen Bogen aus dem starken Holz des riesigsten Pirvenanbaumes, der auf Orummu wuchs. Melar alleine war in der Lage, ihn zu spannen. Die Pfeile, die er mit ihm verschoss, flogen mit solcher Wucht, dass sie im Flug Feuer fingen und ihr Ziel durchbohrten wie Lanzen aus dem feurigen Herz einer Sonne. Melar selbst stürmte wie eine Sonne über den Himmel. Sein goldenes Haar flammte um sein Antlitz und sein Blick war stechend wie die Augen eines Adlers, der seine Beute erspähte. In dem Augenblick, als sein Leben begann, waren die Götter der Ordnung so eingenommen von seiner Stärke und seiner Schönheit, dass sie ihn als ihren Anführer und Verteidiger zu einem Gott erklärten, dem Siebten in ihrer Reihe.
Melar zog nach Galamar. Mit gewaltigen Schritten erklomm er Niriamar und näherte sich dem Onyxschloss. Die Götter des Chaos, die von ferne sein gleißendes Licht sahen, überkam Sorge. Doch auch sie waren nicht untätig gewesen in der Zeit, seitdem sie die Götter der Ordnung aus dem Herz aller Welten vertrieben hatten. Aus der Macht ihrer schöpferischen Hände waren Dämonen entstanden, die grausamen und vernichtenden Kräfte der Elemente von Luft, Feuer, Wasser und Erde. Wie eine gewaltige Armee entfesselter Zerstörungswut strömte Melar aus dem geöffneten Tor von Carn Calatyr alles entgegen, was die Sechs des Chaos zu ihrer Verteidigung geschaffen hatten, Wirbelwinde, Lavamassen, Flutwellen und Steinlawinen. Heulend und brüllend stürmten sie auf den Jäger des Chaos zu.
Doch Melar stand wie ein Fels inmitten der Wucht der Brandung, wie ein Turm aus gleißendem Licht inmitten tobendem Schlachtengetümmels. Jeden Schlag der Dämonen wehrte er ab, ohne zu wanken. Schritt für Schritt näherte er sich dem Tor zu Carn Calatyr. Plötzlich verdunkelte sich die Öffnung, denn Carnaron hatte den Eingang betreten. So standen sie sich schließlich gegenüber, die Streiter des Chaos und der Ordnung.
Niemals zuvor hatte die Alte Welt Arianna einen solchen Zusammenprall entfesselter Kräfte gesehen. Der Schmetterer und der Jäger warfen sich aufeinander, als wären sie die beiden Drachen des Chaos und der Ordnung selbst. Ihr Zusammenstoß zerriss Orummu, den Nabel. Der Berg Niriamar stürzte ein und begrub das Onyxschloss unter sich. Gewaltige Flutwellen, hervorgerufen durch das Beben auf Galamar, rollten über die umliegenden Kontinente. Viele der Serephin, Reshari und Maugrim, die dort ihre Heimat hatten, verloren so ihre Körper. Jene, die nicht darin geübt waren, die Erinnerung an ihre vorherigen Leben in neue Hüllen zu übertragen, starben den scheinbaren Tod, der alles
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