Runlandsaga - Wolfzeit
angefangen, mit seinen Fingern auf die Tischplatte zu trommeln. Es hörte sich an, als prasselte heftiger Regen gegen eine Fensterscheibe. »Wir waren gerade dabei zu beratschlagen, wie wir weiter vorgehen sollten. Die Einbrecher hatten keine Spur hinterlassen. Deneb war der Ansicht, dass es eher schaden könnte, uns Hilfe zu holen.«
»Die Wache ist nützlich, um für den Frieden auf den Straßen zu sorgen«, ließ sich der Archivar vernehmen, »aber ich bezweifle, dass sie einen solchen Diebstahl aufklären kann. Wenn es keinen Namen gibt, in dessen Richtung wir die Wachleute schieben können, dann werden sie kaum in der Lage sein, uns die gestohlene Schriftrolle zurückzubringen.«
»Das ist wahr«, warf Bendíras ungeduldig ein. »Aber nun haben wir möglicherweise eine Spur – und sogar einen Namen.«
»Zwei Namen!«, rief Pándaros. Seine Augen leuchteten. »Mir ist wieder eingefallen, wie der andere hieß! Gersan nannte ihn Halkat. Offenbar sind sie Mitglieder irgendeines verrückten Kultes, der sich ›Flammenzungen‹ nennt.«
Bendíras legte seine Stirn in wulstige Falten. »Davon habe ich doch schon einmal gehört«, brummte er. Mit einem Mal hämmerte seine Faust auf die Tischplatte, dass Pándaros und Deneb erschrocken zusammenzuckten. »Natürlich!«, entfuhr es ihm. »Verjanis aus dem Rat hat mir davon erzählt. Seit ungefähr einem halben Jahr machen in der Stadt Gerüchte von einer neuen Geheimgesellschaft die Runde. Sie nennen sich die Flammenzungen. Angeblich kommen ihre Mitglieder aus allen Gesellschaftsschichten. Sie behaupten, dass die Wesen, die sie verehren, diese Welt mit Feuer reinigen werden. Nur sie, die Erwählten, würden verschont bleiben. Das übliche Weltuntergangsgefasel eben. Verjanis wollte wissen, ob ich den Verdacht hätte, dass sich auch T´lar-Priester unter diesen Flammenzungen befinden könnten. Damals habe ich nur den Kopf geschüttelt und gelacht.« Er blickte Pándaros durchdringend an und griff sich ein großes Stück gelben Käse von einem der Teller mit Essen auf dem Tisch. »Aber da hatte ich auch noch nicht davon gehört, dass unser verschwundener Bruder Ranár offenbar mit diesen Leuten bekannt war.«
Pándaros trat unruhig von einem Bein auf das andere, während sich Bendíras den Käse in den Mund schob, ohne den Blick von ihm zu wenden. Nasca zog eine Augenbraue hoch. »Du solltest es vielleicht langsam angehen lassen«, ließ er sich vernehmen. »Du bist immer noch schwach auf den Beinen, und Fett ist in deinem Zustand nicht leicht zu verdauen.«
»Ach was!«, polterte Bendíras kauend. Grimmig blickte er den Heiler an. »Seit vorgestern Abend hab ich kaum etwas gegessen, was ich nicht vorn oder hinten wieder losgeworden wäre. Wenn ich nicht bald etwas in den Magen bekomme, dann rutsche ich noch aus meinem Sessel!«
Nascas Mundwinkel zuckten, als sich der Ordensmeister ein weiteres Stück Käse nahm, aber er schwieg. Wenn Bendíras seine Meinung geäußert hatte, konnten keine vier Ochsen ihn von ihr abbringen, das wusste er gut genug.
Für den Hohepriester war die Essensfrage erledigt. »Mir scheint«, fuhr er kauend fort, indem er nun das Wort an Pándaros richtete, »dass an Ranárs Verschwinden mehr dran ist, als wir bisher wussten. Diese Kerle sagten, sie würden ihn kennen. Bestimmt war das nicht einmal gelogen. Immerhin wollten sie dein Vertrauen gewinnen. Die besten Lügen enthalten wie eine gute Mahlzeit ein wenig Wahrheit als Salz.«
»Wenn ich nur wüsste, worauf sich Ranár da eingelassen hat!«, warf Pándaros verzweifelt ein. Seine rechte Hand wanderte unwillkürlich zu seinem Herzen, denn mit Bendíras´ letzten Worten hatte der schmerzhafte Druck auf seine Brust wieder zugenommen. »Ich zermartere mir das Hirn, um mich an unsere letzten Gespräche zu erinnern, aber ich kann nicht die leiseste Andeutung erkennen.«
Er ließ dich im Dunkeln , höhnte eine nur schwer zu unterdrückende Stimme in ihm. Soviel warst du ihm wert.
»Was immer er mit diesen Männer zu schaffen hat«, meinte Deneb, »es sind noch andere daran beteiligt, und das beunruhigt mich sehr. Dein Bericht von der Stimme, die aus dem Spiegel erklang, hört sich nach machtvoller Magie an, wie sie nicht viele benutzen können.«
Er machte eine Pause, während der sich ihm alle Köpfe zuwandten. Bendíras hörte auf zu kauen. »Da zieht jemand, der nicht zu unterschätzen ist, im Hintergrund seine Fäden.«
»Ich habe genug gehört«, sagte der Ordensmeister, der den
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